Die fesche Lola
Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.
Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.
Liebe ist nicht immer alles…
Ich gestehe, mir ist es auch schon passiert. Es hatte mich kalt erwischt, meine professionellen Schutzschilder waren deaktiviert. Ich sah Lola, eine drei Jahre alte, Große Münsterländerhündin, verzottelt, sehr eigen, alles andere als easy to handle, und mein Gehirnareal, dass bei uns Menschen für die Vernunft zuständig ist, war spontan in den Kurzurlaub gefahren.
Lola war eine dieser Hündinnen, die Herzen im Sturm erobern. Nicht etwa, weil sie so zutraulich und unkompliziert war, sondern eher das Gegenteil. Irgendwie erinnerte sie mich an meine Töchter und ihre pubertierenden Freunde. Sie verstellte sich mit ihrer Art selbst den Weg in eine neue Familie, reagierte über und stand alle drei Sekunden vor einem Totalausraster. Man musste sie einfach gern haben…
Lola kam aus dem ungarischen Tierschutz und war einer der Pflegehunde meiner Freundin Kerstin. Sie bat mich um Hilfe. Ich sagte sofort zu, denn dieser Hund war auch für einen geschulten Hundetrainer eine Herausforderung.
Als Lola und ich zum ersten Mal aufeinandertrafen, war es auf ihrer Seite alles andere, als Liebe auf den ersten Blick. Sie hatte überhaupt kein Vertrauen in uns Menschen. Ich wollte ins Haus … grrrr … nein, mich hinsetzen … grrrr … mach es Dir nicht zu bequem, du gehst gleich wieder, anfassen … grrrr … hast Du Todessehnsucht, Frau Jaklitsch? Es dauerte mehrere Tage, bis Lola und ich uns aufeinander zu gearbeitet hatten. Danach konnten wir unsere „Beziehung“ in Minischritten ausbauen.
Jedes Mal, wenn ich kam, brachte ich Leckerchen vom Feinsten mit. Wir gingen zusammen auf Entdeckungstour in den Wald, ans Wasser und ins Dorf. Ich versuchte herauszufinden, was Lola kannte, was sie mochte, und was ihr Angst machte. Inzwischen glänzte Lolas schwarzweißes Fell, das Bürsten ihres Fells förderte unsere Beziehung. Ich entschied, dass es Zeit wurde, ihr meinen Golden Retriever Finley vorzustellen. Mit Hunden schien Lola kein Problem zu haben, denn sie startete eine Charmeoffensive, die sich gewaschen hatte, und Finley schmolz dahin.
Genau in diesem Moment habe ich mich zum ersten Mal gefragt, ob Lola nicht bei uns einziehen könnte. Doch so unkompliziert sie im Umgang mit Hunden war, so selektiv ging sie mit ihrer Sympathie Menschen gegenüber um. Insbesondere Männer machten ihr schreckliche Angst.
Vom Tierschutz wussten wir, dass Lola jagdlich geführt worden war und der Umgang mit ihr rüde war. Egal, was ich versuchte, sie hasste Männer. Ganz unangekündigt kam meine Vernunft, frisch ausgeruht, aus dem Kurzurlaub zurück.
Auch wenn es schmerzte, ich musste mir eingestehen, dass meine Familie wohl doch nicht die Richtige für diesen Hund war. Unsere Haustür stand für die Freunde meiner Kinder immer offen, das bedeutete manchmal sehr viel Trubel und nicht alle Besucher hatten Hundeerfahrung, und meinen Mann wollte ich auch nicht in Gefahr bringen.
Vor drei Jahren fand Lola dann ihre Menschen. Sie hat es gut getroffen. Sie wohnt an der Ostsee bei einem Ehepaar und wird jagdlich geführt. Frank, der Mann in dieser Dreierbeziehung, wird nicht müde, um Lolas Gunst zu werben. Als sie umzog, habe ich Rotz und Wasser geheult. Vielleicht waren es ja auch Freudentränen…
Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.
