Psychologie

Wie ich lernte, mich nicht mehr für meine Meinung zu entschuldigen

Lenas Welt

Hier schreibt Lena Martens – 38 Jahre alt, Mutter, ganz gut im Job und Liebhaberin von extra starkem Kaffee, guter Musik und tiefgehenden, aber unterhaltsamen Gesprächen über das Leben.

Neulich saß ich mit ein paar Kollegen in einer hitzigen Diskussion. Es ging um politisches Thema, und ich wusste genau, was ich sagen wollte. Also sagte ich es. Klare Worte, kein Herumgeeiere, keine unnötige Relativierung. Und kaum waren die Worte ausgesprochen, passierte das Unvermeidliche: Mein Puls beschleunigte sich, ich wurde nervös, und der innere Drang setzte ein, meine eigene Aussage abzuschwächen. „Ich meine… also, vielleicht klingt das jetzt zu direkt… ich will natürlich niemanden angreifen…“

Halt! Stopp! Warum mache ich das? Ich habe nichts Beleidigendes gesagt. Ich habe keine Gemeinheiten verteilt. Ich habe schlicht meine Meinung geäußert. Und trotzdem – die soziale Prägung schlägt zu. Jahrelang gelerntes Verhalten, das einem suggeriert: Frauen sollen nett sein. Diplomatisch. Freundlich. Ja nicht zu direkt.

Warum entschuldigen wir uns für das, was wir denken?

Das Muster beginnt früh. Mädchen sollen höflich sein, nicht zu laut, nicht zu bestimmend. Frauen in Meetings sagen oft: „Ich wollte nur kurz etwas anmerken“ oder „Vielleicht liege ich falsch, aber…“. Diese Sätze sind wie Schutzschilder, die verhindern sollen, dass wir als forsch, unfreundlich oder – Gott bewahre – als schwierig wahrgenommen werden.

Dabei ist die eigentliche Frage: Warum genau sollten wir uns kleiner machen, als wir sind? Warum sollen wir unsere Meinung so vorsichtig formulieren, dass sie kaum noch Gewicht hat? Die Antwort: Wir sollen gefällig sein. Und das war ich lange genug.


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Die Kunst, klar und selbstbewusst zu sprechen

Ich habe mir vorgenommen, meine Meinung klar zu vertreten – ohne mich zu entschuldigen. Das heißt nicht, rücksichtslos oder unsensibel zu sein. Es bedeutet nur, dass ich aufhöre, meine eigenen Gedanken ständig zu relativieren. Ein paar Dinge, die mir geholfen haben:

  1. Kein „Vielleicht“ mehr – Wenn ich etwas glaube, dann stehe ich dazu, statt meine eigene Aussage zu schwächen.
  2. „Ich denke…“ statt „Ich weiß nicht, aber…“ – Selbstbewusste Formulierungen machen einen großen Unterschied.
  3. Stille aushalten – Es ist okay, nach einer Aussage nicht sofort zu erklären oder abzuschwächen. Manchmal muss das Gesagte einfach wirken.
  4. Nicht auf Bestätigung warten – Meine Meinung ist genauso wertvoll wie jede andere, auch wenn nicht jeder sie mag.
  5. Andere Frauen ermutigen – Wenn ich sehe, dass eine andere Frau ihre Meinung vorsichtig formuliert, unterstütze ich sie darin, klar und direkt zu sein.

Das Gefühl, endlich authentisch zu sein

Seitdem ich aufgehört habe, mich für meine Meinung zu entschuldigen, fühle ich mich freier. Ich bin nicht unhöflich, aber ich bin ehrlich – und das bringt mir mehr Respekt ein, als ich gedacht hätte. Wer gelernt hat, seine Meinung selbstbewusst zu äußern, wird nicht nur ernster genommen, sondern fühlt sich auch selbst stärker.

Also, falls du dich dabei ertappst, dass du gerade wieder „Sorry, aber…“ sagst – halt kurz inne und frage dich: Gibt es wirklich etwas zu entschuldigen? Oder ist das einfach nur eine alte Angewohnheit, die du loslassen kannst?

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