Gesundheit

Was Söhne erben – und Töchter nicht!

Männer, die von übergewichtigen Müttern geboren werden, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, bei der Geburt übergewichtig zu sein und im späteren Leben Lebererkrankungen zu entwickeln. Eine teilweise Ursache dafür ist die Art und Weise, wie männliche Geschlechtshormone spezielle Datenautobahnen in der sich entwickelnden Leber aktivieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie unter der Leitung von Forschern der Universität Südaustralien (UniSA). Wir reisen heute in die Welt des Fettgewebes und zeigen, welche positiven und negativen Auswirkungen es auf die Gesundheit hat.

Unterschiedliches Wachstumsverhalten bei männlichen und weiblichen Föten

Männliche Föten von übergewichtigen Müttern zeigen bereits vor der Geburt ein anderes Wachstumsverhalten als die weiblichen Föten. Die männlichen Geschlechtshormone, die in der Leber aktiviert werden, bewirken, dass diese männlichen Föten bereits vor der Geburt stärker wachsen, obwohl dies auf Kosten ihrer Gesundheit geht. Die entscheidende Rolle bei diesem Prozess spielen Androgene, also Sexualhormone, die Jungen ihre männlichen Merkmale verleihen. Sie steuern unter anderem die Muskelentwicklung und die Reifung der Geschlechtsorgane und sind für eine gesunde männliche Entwicklung entscheidend. Das wichtigste Androgen ist das allseits bekannte Testosteron.

Die Rolle von Fettzellen bei der Hormonproduktion

Nun wäre es naheliegend, Jungen mit männlichen Geschlechtshormonen zu überfluten, damit nur ja kein Mangel entsteht. Der Grundsatz „Viel hilft viel“ wirkt hier aber nicht, wie sich am Beispiel von übergewichtigen Müttern zeigte. Um das zu erklären, müssen wir etwas weiter ausholen und die Rolle von Fettzellen erklären. Wie sich herausstellte, sind Fettzellen nicht nur einfach irgendwelche Energiedepots, die der Körper mit sich herumschleppt, um in Notfällen seine Erhaltung zu sichern. Fettzellen haben ein Eigenleben und produzieren eine ganze Reihe von Hormonen. Und diese stehen in ständiger Verbindung mit dem Gehirn, der Hirnanhangdrüse und den Keimdrüsen. Deshalb ist das Körperfett also ein aktiver Teil eines gut ausgetüftelten Kommunikationssystems, das den gesamten Körper überzieht.

Die Kommunikation zwischen Fettgewebe und Fortpflanzung

Vereinfacht ausgedrückt? Stellt euch vor, ihr wollt ein mehrgängiges Menü kochen. Dann schaut ihr erst mal nach, ob die Vorräte im Kühlschrank dafür ausreichen. So ähnlich ist es mit dem Fettgewebe. Bevor der Körper eine Aktion plant, überprüft er erst einmal, ob er dafür genug Energie hat. Davon besonders betroffen ist die Fortpflanzung. Weil eben dieser Prozess mit extrem hohem Energiebedarf über einen länger dauernden Zeitraum verbunden ist. Und deshalb überprüft der Eierstock permanent, ob ausreichend Fett vorhanden ist. Fettmangel bedeutet das Ende der Hormonproduktion und das Ausbleiben der Fruchtbarkeit. Zu dünne Frauen kennen das Phänomen. Die Begründung leitet sich aus dem beschriebenen Mechanismus ab: Der Eierstock merkt den dramatischen Fettabbau und beendet, in Ermangelung weiterer Energie, seine Aktivität.

Die Rolle von Leptin bei der Fortpflanzung

Für die Kommunikation zwischen Fettgewebe und Geschlechtsfunktionen sorgt ein eigenes Hormon – das Leptin. Dieses wird in den Fettzellen gebildet. Es zirkuliert im Blut und durchwandert auf diesem Weg die unterschiedlichsten Organe. Darunter auch das Gehirn, wo die Informationen über die vorhandenen Fettmengen ausgewertet werden. Ist ausreichend Fett vorhanden, steigt auch die Leptinmenge im Blut an – und das Gehirn erteilt dem Eierstock den Arbeitsbefehl. Sinkt aber das Leptin aufgrund schwindender Fettzellen ab, signalisiert das der Hirnanhangdrüse einen Energiemangel. Und der Eierstock drosselt sofort seine Leistung – er arbeitet langsamer oder hört überhaupt auf.

Fettgewebe als Energiequelle in Stresssituationen

Das Fettgewebe spendet Energie, aber nicht nur für die Fortpflanzung. Auch im Stress oder in Gefahrensituationen greift der Organismus auf diese Energiereserven zurück. Er spaltet Fettsäuren und verleiht dem Körper die Fähigkeit, davonzulaufen, Fieber zu ertragen oder die erforderlichen Abwehrstoffe zu bilden. Das Adrenalin öffnet sofort die Fettzellen und ruft die darin enthaltenen Fettdepots zur Energieproduktion auf. Der Organismus kann in diesem Ambiente auch den größten Stress bewältigen – zumindest in den meisten Fällen. Ist zu wenig Fett vorhanden, kann es schon passieren, dass der Mensch unter Stress zusammenbricht. Deshalb zeigen sich ängstliche Menschen oft hager und würden von einer Ernährung mit mehr Fett profitieren.

Die Rolle von Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren

Schlussendlich ist auch das Wachstum fettabhängig. Zwischen Körper und Fettreserven findet, wie bereits erklärt, eine permanente Kommunikation statt – vor allem dann, wenn der Organismus weiter wachsen oder wenn er irgendwelche Reparaturen vornehmen will. Jene Hormone, die zwischen Wachstum und Fettgewebe unentwegt hin und her pendeln, sind die Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren, die in der Leber gebildet werden und in den unterschiedlichen Organen die Regeneration sowie die Aufbauphase garantieren. Auch sie sind sensibel auf die Energiedepots. Sind diese ausgebeutet, leidet der Auf- und Umbau des Körpers.

Die wichtigsten Hormone im Fettgewebe

Folgende Hormone kommunizieren also mit dem Fettgewebe:

  • Das Leptin: Es bildet eine Achse zwischen dem Fettgewebe und der Fortpflanzung.
  • Das Adrenalin: Es holt in Gefahrensituationen Fettzellen zur Hilfe und befähigt den Menschen, Stress auszuhalten.
  • Die Insulin-ähnlichen Wachstumsfaktoren: Sie nehmen Aufbauarbeit in Angriff, wenn sie von den Fettzellen dazu angeregt werden und sorgen so für die gesunde Erhaltung des Körpers.

Fett als Regulator für Körperfunktionen

Fett macht nicht nur dick, es dirigiert auch die verschiedensten Funktionen unseres Körpers. Diese ungemein wichtige Rolle darf uns nicht verwundern: In der Biologie hat nämlich immer der das Sagen, der über Ressourcen verfügt. Und Fett ist Energie. Und damit Treibstoff für das gesamte Leben.

Die Auswirkungen von Fett auf männliche und weibliche Föten

Fett ist also eigentlich ein sehr prominentes Organ, das von vielen anderen Körperteilen um Rat befragt wird. Wie bereits erklärt, entscheidet Fett auch maßgeblich, was in den Eierstöcken zu geschehen hat. Zu wenig Fett geht auf Kosten der Fruchtbarkeit. Zu viel jedoch bewirkt bei Frauen eine Überproduktion von eher männlichen Hormonen, den Androgenen. Und das hat Auswirkungen. Aber nur auf die ungeborenen Söhne. Weil für sie Androgene so wichtig sind, ist ihr Körper darauf programmiert, alles zu nutzen, was ihnen angeboten wird. Ist nun zu viel Testosteron vorhanden, nutzen die männlichen Föten dennoch alles und wachsen zu groß, was nicht nur Probleme bei der Geburt verursacht, sondern auch die Leberfunktion im erwachsenen Alter beeinträchtigt. Weibliche Föten reagieren anders. Sind diese vor der Geburt einem Überschuss an Testosteron ausgesetzt, sind sie offensichtlich darauf programmiert, den Androgenweg in der Leber abzuschalten, was ihr Wachstum einschränkt und das Risiko für Stoffwechselstörungen im späteren Alter verringert.

Langfristige gesundheitliche Auswirkungen auf männliche Nachkommen

“Wir wissen, dass es Geschlechtsunterschiede bei Stoffwechselerkrankungen im späteren Leben als Reaktion auf mütterliches Übergewicht gibt”, sagt Dr. Meakin. Grundsätzlich seien Söhne anfälliger für Lebererkrankungen im Erwachsenenalter, wenn die Mutter während der Schwangerschaft übergewichtig ist. „Sie sind genetisch darauf programmiert, Androgene zu priorisieren, weil es die Entwicklung männlicher Merkmale – einschließlich der Größe – unterstützt, aber zu viel Androgen ist schlecht.“

Fettgewebe als wichtiger Gesundheitsfaktor

Körperfett ist also mehr als nur ein Energiedepot. Es dirigiert entscheidende Stoffwechselvorgänge im Körper und kann die Gesundheit von Männern nachhaltig prägen. Ein Grund, warum man während der Schwangerschaft nicht nur auf das Gewicht, sondern auch auf den Körperfettanteil achten sollte.

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