Psychologie

Starke Persönlichkeiten sagen Nein

von Sebastian Hollstein, Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Lebenskompetenztraining zur Suchtprävention der Universität Jena startet nächste Phase der bundesweiten Implementierung

    Drogen lösen keine Probleme – so simpel diese Erkenntnis klingt, so schwer fällt es vielen Menschen, sie zu verinnerlichen. Nicht ohne Grund gibt es allein 1,6 Millionen Alkoholabhängige in Deutschland. Deshalb ist es nicht nur wichtig, schon früh über Drogen, ihre Wirkung und die Folgen ihres Missbrauchs zu informieren, sondern auch Kindern und Jugendlichen andere Bewältigungsstrategien für die Herausforderungen, die das Leben mit sich bringt, an die Hand zu geben. Zu diesem Zweck bieten Psychologinnen der Friedrich-Schiller-Universität Jena seit einigen Jahren bundesweit das Programm „Information + psychosoziale Kompetenz = Schutz“ – kurz: IPSY – an. Dank einer erneuten Förderung der Techniker Krankenkasse können sie in den kommenden Jahren kostenfrei Lehrkräfte sowie Pädagoginnen und Pädagogen schulen, die IPSY als Unterricht über das Schuljahr hinweg oder in Form einer Projektwoche an ihren Schulen durchführen.


    Wie treffe ich die richtigen Entscheidungen?

    Das Besondere: IPSY ist deutlich mehr als eine reine Aufklärungsveranstaltung über Drogen. Das Programm setzt auf eine umfassende Entwicklungsförderung, stärkt die Lebenskompetenzen von Kindern und Jugendlichen und versetzt sie somit in die Lage, Nein zu Drogen zu sagen. „Wir helfen den Teilnehmenden beispielsweise dabei, Sicherheit im Treffen von Entscheidungen, Kommunikationsfähigkeiten und Stressresistenzen zu entwickeln“, sagt die Leiterin des Programms Prof. Dr. Karina Weichold von der Universität Jena. „Auf diese Weise bilden sie eine starke Persönlichkeit aus, begegnen Problemen weitaus souveräner und wappnen sich so gegen die Versuchungen, die von Rauschmitteln ausgehen.“

    „Der wissenschaftlich fundierte, ganzheitliche Ansatz von IPSY hat uns von Anfang an überzeugt. Der erste Meilenstein war es, das Programm nach der erfolgreichen Pilotphase in Thüringen seit 2018 bundesweit für Schulen kostenfrei anbieten zu können. Nun freuen wir uns, die Verbreitung von IPSY auch in den kommenden Jahren zu unterstützen“, sagt Maike Schmidt, Expertin für Gesundheitsmanagement der Techniker Krankenkasse. „Der Lebenskompetenzansatz wirkt auf vielen Ebenen gesundheitsförderlich, weit über die Suchtprävention hinaus.“


    Potenzial, eine Schulkultur zu prägen

    Um schon früh Wirkung zu entfalten, ist das Programm gezielt für die Klassenstufen 5 bis 7 konzipiert. Zudem lässt sich im Rahmen von IPSY der Übergang auf die weiterführende Schule gut begleiten. „Wir setzen auf inhaltlich alltagsnah ausgerichteten Austausch untereinander. Schülerinnen und Schüler lernen sich so besser kennen“, erklärt die Jenaer Psychologin Weichold. „Das fördert soziale Kompetenzen, etwa das Empathievermögen, bringt die Klasse zusammen und verbessert das Schulklima. Im Idealfall profitiert das gesamte Schulumfeld.“
    Denn Schülerinnen und Schüler mit mehr Lebenskompetenz falle das Lernen leichter, sie seien motivierter und fänden sich allgemein in der Schule besser zurecht. „Darüber hinaus bestätigen uns Rückmeldungen und Studien, dass die Lehrkräfte durch IPSY einen Zugewinn an sogenannter schulbezogener Selbstwirksamkeit haben und auch im direkten Austausch berichten sie uns, dass sie viel mehr das Gefühl haben, etwas bewegen zu können“, informiert die Programmleiterin. „Das bekräftigt uns darin, dass wir mit einigen Inhalten des Programms die Schule als sozialen Raum ganz konkret thematisieren und so dazu einladen, Lernen und Lehren in der Schule aktiv mitzugestalten.“ Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden werde so positiv beeinflusst.



    Nachhaltige Wirkung auch bei jungen Erwachsenen

    Karina Weichold begann vor 25 Jahren, das Programm zu entwickeln und hat ein umfassendes Forschungsprogramm zu IPSY bis heute aufgebaut. „Es war immer eine Stärke von IPSY, dass es an der Universität angesiedelt war. So konnten wir die Anwendung in Schulen unterstützen, das Programm begleitend wissenschaftlich evaluieren und stetig in Zusammenarbeit mit der Praxis optimieren“, sagt die Jenaer Psychologin. Durch eine Längsschnittstudie über einen außergewöhnlich langen Zeitraum habe sie beispielsweise zeigen können, dass IPSY-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer auch als junge Erwachsene von der Kompetenzförderung profitieren.

    Seit dem Beginn der Praxistransfers 2015 haben Karina Weichold und ihr Team mehr als 1.700 Pädagoginnen und Pädagogen geschult und IPSY an rund 850 Schulen deutschlandweit gebracht. Darüber hinaus haben Kolleginnen und Kollegen die IPSY-Idee auch international weitergetragen. Pünktlich zum Beginn der neuen Projektphase ist eine überarbeitete Fassung des IPSY-Handbuchs erschienen, das die Lehrkräfte noch nutzerfreundlicher und mit zusätzlichen didaktischen Verbesserungen bei der Durchführung von IPSY unterstützt. Eine neue Website informiert ausführlich über das Programm, wie es bei Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften ankommt und kündigt kommende Schulungstermine an. Zukünftig arbeitet das Jenaer Team an einer Erweiterung von IPSY für die Klassenstufe 8, in der es beispielsweise Problemstellungen, die das neue Cannabis-Gesetz mit sich bringt, aufgreift.

    Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse vom Holzland-Gymnasium in Neustadt/Orla, nachdem sie erfolgreich eine IPSY-Stunde absolviert haben.
    Foto: Karina Weichold/Uni Jena

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