Kolumne

Nostalgie-Erinnerungen: Zeitreise in die Vergangenheit

Der heimliche Naschmoment

Meine Mutter war sehr streng, besonders wenn es ums Essen ging. Sie hatte als Kind in der Nachkriegszeit selbst Hunger erlebt, und Süßigkeiten waren für sie eine Seltenheit. Ihre strengen Regeln übertrug sie auf mich – es gab klare Essenszeiten, und wer das Mittagessen ausließ, musste bis zum Abend warten. Doch ich wusste, wohin ich mich wenden konnte, wenn der Magen knurrte: Zu Oma.

Sie brachte es nicht übers Herz, mich hungrig zu sehen. Sie strich mir Butterbrote mit Käse und gab mir dann auch etwas Süßes. „Nur einen Keks – aber erzähl’s nicht Mama“, sagte sie immer mit einem verschmitzten Lächeln. Natürlich habe ich geschwiegen und abends dann extra gut gegessen, um keinen Verdacht zu erregen. Ich wusste, dass ich mich immer auf meine Oma verlassen konnte – und sie sich auf mich.

Die besondere Verbindung zu meiner Oma

Heute verstehe ich, warum meine Mutter manchmal eifersüchtig auf die Beziehung war, die ich zu meiner Oma hatte. Als Kind war mir das gar nicht bewusst, aber meine Oma gab mir das Gefühl von bedingungsloser Liebe und Geborgenheit, das in vielerlei Hinsicht entspannter war als das meiner Mutter. Oma hatte keine alltäglichen Verpflichtungen mehr und konnte die gemeinsame Zeit einfach genießen – eine Leichtigkeit, die meiner Mutter, die oft von Pflichten überlastet war, fehlte.


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Aus der Sicht meiner Mutter muss es oft gewirkt haben, als hätte ich eine tiefere Bindung zu meiner Oma als zu ihr selbst. Meine Großmutter machte vieles anders – sie gab mir Süßigkeiten, ließ mich länger aufbleiben und verwöhnte mich, wo sie nur konnte. Heute verstehe ich, wie schwierig das für meine Mutter war. Denn sie wollte alles richtig machen, perfekt sein – und dabei standen ihr ihre eigenen Erwartungen und der Druck, alles im Griff zu haben, oft im Weg.

Viele junge Mütter kenne ich heute genau so: voller Sorge, jedes Detail perfekt machen zu müssen – von den Bio-Dinkelstangen bis zur Trinkflasche im sündhaft teuren Kinderwagen. Wenn ich könnte, würde ich ihnen gerne zurufen: „Ihr seid bereits großartig! Entspannt euch, erlaubt euch Fehler! Kinder brauchen keine Perfektion. Sie brauchen Eltern, die echt sind, die Fehler machen dürfen, die sich nicht ständig selbst beurteilen.“

Denn genau das ist es, was ich von meiner Oma gelernt habe: Die entspannte Leichtigkeit, mit der sie mich liebte und umsorgte, war wertvoller als jede Perfektion. Ihre Gelassenheit, mit Fehlern liebevoll umzugehen, gab mir Geborgenheit und Zuversicht. Vielleicht ist das genau die Lektion, die junge Mütter brauchen:
Perfekt zu sein ist nicht nötig. Echt sein ist viel wertvoller.

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