Freizeit

Wo aus Trollen Helden werden





Für alle, die sich für Wikinger, Trolle und spannende Familiengeschichten begeistern oder gerade etwas Mut brauchen.

Das was die Nibelungen für uns, ist die Hrafnistumannasögur für Island: eine Sammlung mittelalterlicher Wikinger-Sagas – und diese haben sich als überraschend modern herausgestellt. Die Helden der Geschichte sind nämlich faul, bequem und hässlich. Jedenfalls am Anfang. Die wichtigste Botschaft der isländischen Literaturgeschichte scheint damit zu sein: „Es ist okay, erstmal nichts auf die Reihe zu kriegen.“ Ist das nicht sympathisch? Die Frau hinter dieser Entdeckung heißt Valerie Broustin. Die Skandinavistin der Universität Bonn hat die Hrafnistumannasögur unter die Lupe genommen. Ihr Buch „Vikings, Half-Trolls and Saga-Authors. The Norwegian Hrafnistumenn and their Icelandic Descendants“ weckt die Lust auf Abenteuer in einer längst vergangenen Zeit.

Große Nasen, kleine Startschwierigkeiten

„Die Helden der Hrafnistumannasögur starten oft als faul und planlos“, erklärt Broustin. Doch genau das macht sie für uns so spannend: Sie müssen ihre Schwächen überwinden und sich ihrer Bestimmung stellen. Oft sind es Halb-Trolle – eine Mischung aus Mensch und Troll, die sich mit großen Nasen und kleinen Startschwierigkeiten durchs Leben schlagen. Also keine makellosen Super-Wikinger, die aussehen wie Brad Pritt. Ganz im Gegenteil, in drei von vier Geschichten heißt es ausdrücklich: „Er war kein schöner Mann.“ Die Helden sind faul, ihre Väter meckern, und niemand will sie daten. Und dann – zack! – entwickeln sie sich, wachsen über sich hinaus und werden zu Helden. Klingt irgendwie nach einem Marvel-Film, nur ohne Cape und mit mehr Schafherden. Und doch sagen diese Geschichten: Auch wenn man aussieht wie der vergessene Cousin von Shrek, kann man Großes leisten. Oder aber: wahre Größe muss nicht von Geburt an gegeben sein. Statt der klassischen Abstammung von Göttern oder Königen sehen wir hier, wie Bauern durch Mut und Entschlossenheit eine mächtige Dynastie aufbauen. Genau diese bodenständige Perspektive macht die Sagas so besonders.

Wo Bauern zu Helden werden

Während andere mittelalterliche Geschichten oft vom Niedergang ganzer Familien handeln, erzählen die Hrafnistumannasögur von einem echten Aufstieg: Von einfachen Bauern zur Elite mit eigenem Königreich. Im Gegensatz zu Thomas Manns „Buddenbrooks“ geht es hier also nicht bergab – sondern steil bergauf auf der Karriereleiter.


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Ein weiterer Clou: Die Sagas verweben Magie mit alltäglichen Herausforderungen. Trolle, Zauberer und Menschen agieren in einer Welt, die so nah und doch so fern erscheint. Diese Mischung aus Mystik und Realität ist es, die diese Geschichten auch heute noch so fesselnd macht. Diese ungewöhnliche Mischung aus Realismus und Magie kennen wir auch von den beliebten Harry Potter – Büchern.

Das ist irgendwie so sympathisch

Was Broustins Forschung so schön macht, ist ihre Menschlichkeit. Die Hrafnistumannasögur zeigen, dass selbst die größten Helden mal klein anfangen – und dass man auch ohne Sixpack, mit einer ordentlichen Portion Troll-DNA, über sich hinauswachsen kann. Also keine Panik, wenn das Leben gerade irgendwie misslungen wirkt.

In diesem Sinne: Einfach weitermachen. Oder wie die Wikinger sagen würden: „Wenn ein Troll das kann, kannst du das auch.“

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