Kolumnen

Wenn der Postmann gar nicht klingelt

Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.


Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.

Es ist ja schon fast ein Volksmärchen, dass Hunde Postboten nicht mögen.

Da hört man von Zaunattacken, Bissen in den Popo und von frenetischem Gebell. 

Finley differenziert. Er mag unseren Stammpostboten. Der kann mit Hunden umgehen, weil er selber Dackel züchtet. Er hält sich an Finleys Regeln: Komm ruhig den Weg entlang, das erlaube ich. Geh‘ die Treppe hoch, das ist kein Ding. Schmeiß alles in den Briefkasten und gehe wieder, das ist dein Job. Aber fasse NIEMALS die Haustür an.

Unser Paketbote Herr Tranig tut gerne mal so, als sei er Marco Polo und müsste neue Welten erobern. Sprich, er betritt ohne Erlaubnis unseren Garten. Böser Fehler, die Gartenpforte ist Finley heilig, seine Abwehrmethode speziell. Er lässt jeden rein aber nicht wieder raus. Er macht das ganz unaufgeregt. Man hört ein tiefes, grollendes Knurren, sieht zwei sehr eindrucksvolle Zahnreihen und einen Retriever, der innerhalb von Sekunden seinen Körperumfang verdoppelt hat. Nur ein Trottel würde versuchen, da vorbeizukommen.

Und da sind wir wieder bei Herrn Tranig. Neulich trank ich Kaffee auf meiner Terrasse. Finley hatte sich, ein schattiges Plätzchen unter dem Sommerflieder gesucht. Da dümpelte unser Postler plötzlich, mit verschlafenem Blick durch unseren Garten und steuerte zielgenau unseren Kellerabgang an. Er würdigte mich keines Blickes, also fragte ich: „Was kann ich für sie tun?“ Finley war inzwischen aufgestanden und hatte sich auf dem Gartenweg aufgebaut.

In Zeitlupe sah Herr Tranig mich an und sagte: „Ne danke, ich mache das schon.“

Ich: „Sie machen was, bitte?“

Tranig: „Ich stell das Päckchen zu.“

Ich: „Warum klingeln sie denn nicht an der Haustür?“

Tranig: „Auf meinem Laufzettel steht, wenn niemand zuhause ist, soll ich durch den Garten gehen und das Paket im Kellerabgang ablegen. Das haben sie so angegeben, Frau Schmittke.“ Finley sah mich fragend an. 

Ich: „Ich bin nicht Frau Schmittke.“ Offensichtlich wollte der Gute eigentlich zu meiner Nachbarin und hatte ihre Pforte verpasst. Er visierte immer noch unseren Kellerabgang an und ging langsam weiter. Ich: „Jetzt bleiben sie doch mal stehen, HERGOTTNOCHMAL! Sie müssen nach nebenan.“

Als ich meine Stimme erhob, stellte sich Finley neben Tranig und gab ein tiefes Knurren von sich: „GRRRrrr … pass mal auf Du Pappnase. Sie ist hier der Chef. ‚STOPP‘ bedeutet stehenbleiben und zwar sofort.“ Tranigs Gehirn hatte ohne Zweifel komplett den Dienst quittiert. Er sagte: „Ja, wathattudenn?“ Ich seufzte und sagte: „Ich bring sie dann mal raus.“

„Ooooch, das schaffe ich schon“, entgegnete er. Ich sah Finleys entblößtes Gebiss und bezweifelte das. Wir eskortierten Herrn Tranig aus dem Garten.

Danach ließ ich ein Schild für meine Gartenpforte anfertigen. Neben dem Spruch, „Wir lassen sie rein aber nie wieder raus“, sah man Finleys Konterfei und unsere Hausnummer. Vielleicht hilft es dem Paketboten.

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.

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