
Von Großmüttern, Geschichten und Zauberkeksen
Wenn man als Kind einen sicheren Ort hat – einen wirklichen, echten sicheren Ort – dann ist das oft kein Palast mit goldenen Wasserhähnen und handgeknüpften Teppichen, sondern ein Wohnzimmer mit abgewetztem Sessel, in dem jemand sitzt, der Geschichten erzählt. Jemand wie eine Großmutter. Nicht irgendeine. Sondern die eigene. Die, die weiß, dass in jeder Schublade ein Abenteuer und unter jedem Keksdeckel ein Zauber wartet.
Roald Dahl hatte so eine Großmutter.
Sofie Magdalene hieß sie. Norwegerin. Ein bisschen wild, ein bisschen streng, sehr klug – und mit einem Herz, das groß genug war, einen kleinen Jungen aufzufangen, der seinen Vater und seine Schwester verlor. Sie zog zu ihm, sie tröstete ihn, sie erzählte. Und wie sie erzählte!
Das sind die echten Frauen – nicht die mit dem Lippenstift und den Diätplänen, sondern die mit dem Mut, ein Kind mit Worten aus einem dunklen Loch zu holen.
Sofie Magdalene hatte die Gabe, aus Alltäglichem Magisches zu machen. Aus dem Löffel in der Teetasse wurde ein silberner Kompass, der in ferne Länder zeigte. Aus einem Spaziergang wurde ein Spukabenteuer mit Nebelhexe und krächzendem Raben. Aus einer Kartoffelschale wurde – mit ein bisschen Fantasie und einer Prise Sternenstaub – eine Geschichte, die man nie wieder vergaß.
Und Roald? Roald hörte zu. Gierig. Mit aufgerissenen Augen, offenem Mund und pochendem Herzen. Er sog alles auf – und irgendwann, Jahre später, spuckte er all das wieder aus: in Form von Büchern, die die Welt veränderten.
„Hexen hexen“ ist eines dieser Bücher. Da ist die Großmutter kein Nebencharakter, keine freundliche Statistin. Nein – sie ist die Heldin. Sie weiß Bescheid über die Welt der Hexen, sie ist furchtlos, schrullig, schlau. Und sie glaubt an ihren Enkel, als der es selbst noch nicht tut. Eine Verbündete, eine Kämpferin, eine Liebende. So sind sie, diese Großmütter – wenn sie es gut mit einem meinen.
Roald Dahl wusste, was viele vergessen: Dass Geschichten nicht aus dem Nichts entstehen. Sie werden weitergegeben – von den Alten an die Jungen, von einer Generation zur nächsten, mit dem Duft von Zimt und nassen Wollsocken. Und dass es nicht die große, glamouröse Welt ist, die uns prägt, sondern die kleinen stillen Momente. Der Tee mit Oma. Der Satz, der hängen bleibt. Der Blick, der sagt: „Ich seh dich. Du bist gut so.“
Großmütter haben Zeit. Großmütter haben Geduld. Und sie haben Kekse. Drei Dinge, die Kinder in dieser Welt dringend brauchen. Und Sofie Magdalene? Die hätte vermutlich geschmunzelt, sich einen Stuhl zurechtgerückt und gefragt:
„Hab ich euch eigentlich schon die Geschichte von der Drachin in der Speisekammer erzählt?“
Hier schreibt Claudia vom Minerva-Vision-Team.
Als echtes Omakind hat sie früh gelernt: Gute Antworten brauchen kein Coaching, manchmal reicht ein Platz am Küchentisch. Heute schreibt sie über das, was uns wirklich guttut: gute Fragen, einfache Antworten, leckeres Essen – und das Glück, wenn jemand einfach da ist.
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