Freizeit

Die Tablette

Moin Miau, hier ist wieder Kater Socke. Gestern habe ich meiner Menschin eine Maus als Geschenk mitgebracht. Anstatt sich darüber zu freuen, hat sie nur geseufzt und den toten Nager im Biomüll entsorgt. Aber damit nicht genug, etwas später habe ich gehört, wie sie zu ihrem Mann sagte: „Socke hat eine Maus gebracht. Wir sollten ihn zur Sicherheit mal wieder entwurmen.“

Bei mir schrillten sämtliche Alarmglocken.

Entwurmen bedeutet nämlich nichts anderes, als dass sie mir versucht, eine übel schmeckende Tablette unterzujubeln. Die soll dann angeblich die Würmer in meinem Magen vertreiben. Kein Wunder, das Zeug schmeckt widerlich, das hält der stärkste Wurm nicht aus.

Allein der Gedanke an diese bittere Pille ließ mich die Nackenhaare aufstellen. Wie gut, dass ich diesmal gewarnt war.

Ab sofort war äußerste Vorsicht geboten. Jede Mahlzeit, was sage ich, jeder Bissen musste gründlich inspiziert werden, bevor er verzehrt wurde. Besonderer Argwohn sollte Leckerlis entgegengebracht werden.

„Pass bloß auf, wenn sie dir plötzlich einen besonders großen Batzen Leberwurst geben.“, warnte mich Clooney, die auf diesen Trick schon ein paar Mal reingefallen ist. „Oder Käse.“ Sie schluckte. „Menschen sind echt hinterhältig.“

„Wurmtabletten dienen der inneren Reinigung. Und wenn ihr das nicht verstehen könnt, müssen sie halt Maßnahmen ergreifen.“ Nahm Suleika natürlich wieder mal die Methoden unserer Dosenöffner in Schutz.

Reinigung?

Also ich schlabbere genug Wasser, das muss reichen, um innerlich sauber zu bleiben. Ab sofort war ich also auf der Hut.

Den plumpen Versuch, die Pille zwischen dem Trockenfutter zu verstauen durchschaute ich selbstverständlich sofort und futterte fein säuberlich drumherum. Dann kam die Sache mit dem Käse und der Leberwurst. Den Käse verschmähte ich ganz. Die Leberwurst um die Tablette leckte ich vorsichtig ab. Das Ganze wiederholte sich in Variationen. Wenn die Tablette klein gemörsert verarbeitet war, ließ ich die Speise stehen. Blieb sie am Stück, konnte ich einen Großteil davon genießen.

„Schinken, Rinderhack und Sahnequark?“ Clooney schien ein bisschen neidisch zu sein, als ich berichtete, womit meine Menschin mir das Wurmmittel schmackhaft machen wollte.

„Wie lange willst du dieses Spiel denn noch treiben?“, schimpfte Suleika.

Ich muss gestehen, darüber hatte ich mir bisher keine Gedanken gemacht. Irgendwie hatte ich mich nämlich an unser abendliches Ritual gewöhnt, das mir jeden Tag exquisite, zusätzliche Köstlichkeiten bescherte.

An diesem Abend erwartete mich ein ganz besonderer Leckerbissen: feinstes Thunfischtartar. Ich verzehrte es mit Genuss und der gebotenen Vorsicht und stellte zu meiner Verwunderung fest: Es befand sich keine Tablette in und um den Fisch. Erstaunt sah ich meine Menschin an? Hatte sie aufgegeben? Oder waren ihr die Pillen ausgegangen. Gedankenverloren verspeiste ich noch ein paar Körnchen Trockenfutter.

Zu spät bemerkte ich den bitteren Geschmack im Abgang. Das würde ein Nachspiel haben.


Dieser Artikel stammt aus Our Cats – dem etwas anderen Katzenmagazin. Mit allen Themen, die Katzenliebhaber beschäftigen – und mehr.

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