Leben

Blumenkränze und andere Wahrheiten

„Blumen erzählen Geschichten“, sagte meine Oma. Ich fand das früher ein bisschen seltsam – Blumen erzählen doch nichts, die stehen bloß herum. Aber wenn wir zusammen auf der Wiese saßen, Margeriten sammelten, Klee, ein paar Kornblumen, dann verstand ich, was sie meinte.

Es waren lange, leise Nachmittage. Wir banden Kränze, und je länger wir das taten, desto stiller wurde alles andere. Nur die Hände waren beschäftigt. Und plötzlich kamen die Gedanken. Die kleinen und die großen. Dinge, über die ich nie mit jemandem gesprochen hatte, rutschten mir einfach raus – wie aus Versehen. Weil es so friedlich war. So sicher.

Meine Oma sagte: „Wenn die Hände arbeiten, kann der Kopf loslassen.“ Und wie immer hatte sie recht. In dieser Art zu tun, ohne Ziel, ohne Zweck – da passierte das Eigentliche. Da sprach ich über Dinge, die ich gar nicht geplant hatte zu sagen. Und sie hörte zu, ohne etwas draus zu machen. Kein Drama. Kein Ratschlag. Nur Zuhören.


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Heute merke ich, wie sehr mir das fehlt. Diese einfachen, langsamen Tätigkeiten. Diese Gespräche, die aus dem Tun entstehen. Nicht weil man sie will, sondern weil sie sich ergeben. Man spricht anders, wenn man nicht beobachtet wird. Wenn man nicht auf eine Antwort hofft. Wenn man einfach… bindet. Ich glaube, wir haben das verloren – dieses Sich-Beschäftigen mit den Händen, um das Herz zu öffnen. Stattdessen wischen wir auf Bildschirmen herum, hetzen durch Termine, reden viel und sagen wenig.

Dabei wüssten wir es besser. Wir müssten nur mal wieder raus. Ein bisschen sammeln. Etwas binden. Den Kopf leer machen, damit das Herz Platz hat.

Und vielleicht, ganz vielleicht, erzählt uns dann auch eine Blume wieder eine Geschichte. So wie früher. Auf einer Wiese. Mit jemandem, der zuhört, ohne zu urteilen.

Hier schreibt Claudia vom Minerva-Vision-Team.
Als echtes Omakind hat sie früh gelernt: Gute Antworten brauchen kein Coaching, manchmal reicht ein Platz am Küchentisch. Heute schreibt sie über das, was uns wirklich guttut: gute Fragen, einfache Antworten, leckeres Essen – und das Glück, wenn jemand einfach da ist.

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