Psychologie

Eine Nase voll Glück: Warum Singles nach Vanille greifen sollten

Duftmarketing für mich: Wie Gerüche Singles helfen, den richtigen Partner zu finden. 

Wer von euch kennt Marcel Prousts Roman “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“? Der Erzähler, Marcel, sitzt in einem Café und tunkt ein Stückchen Gebäck in seinen Tee. Jahre nach dem Wegzug vom Ort seiner Kindheit, Combray, an den er sich nur noch schemenhaft erinnert, kostet er das in Tee aufgelöste Gebäck: „Und im gleichen Augenblick, in dem dieser Schluck, mit den Krümeln des Kuchens vermischt, meinen Gaumen berührte, fuhr ich zusammen, gebannt durch das Außergewöhnliche, das sich in mir vollzog. Eine freudige Erregung hatte mich durchströmt, völlig zusammenhanglos, ohne jeden Anhaltspunkt für ihre Ursache.“ Er war am Ort seiner Kindheit. Dort hatte ihm seine Tante Léonie immer Madeleines zum Tee gereicht. 

Die Macht der Düfte

Dieses einfache, alltägliche Ereignis, das Prousts Erzähler erlebt, verdeutlicht die einzigartige Fähigkeit von Gerüchen, starke Emotionen und Erinnerungen zu wecken. Der Effekt, dass ein Geruchserlebnis plötzlich ganz bestimmte Erinnerungen hervorrufen kann, wird seither auch Proust-Effekt genannt. Doch wie funktioniert das eigentlich?

Die Wissenschaft hinter dem Proust-Effekt

In unserem Gehirn gibt es eine enge Verbindung zwischen dem Riechzentrum und dem limbischen System, das für Emotionen und Erinnerungen zuständig ist. Sie sind sozusagen Nachbarn, und lassen dabei das rationale Gehirn außen vor. Riechen wir Rauch und Feuer? Dann drückt das limbische System sofort den Alarmknopf. Und bei dem Geruch von Rosen lässt es eine Harmoniewelle durch unseren Körper schweben. Riechen wir Vanille, sind wir bereit, uns schneller zu binden. Denn Vanille vermittelt Geborgenheit und Sicherheit. Und wenn ein Mensch, der uns nicht guttut, mit einem Vanilleteilchen in der Hand an uns vorbeigeht? Dann finden wir ihn auf einmal gut. Gefühl geht über Verstand – man könnte auch sagen, wir sind geruchsgesteuert. Das können wir nutzen, aber wir können dadurch auch benutzt werden. Wenn wir einen bestimmten Geruch wahrnehmen, wird dieser direkt mit den damit verbundenen Emotionen und Erinnerungen verknüpft. Diese Verbindung ist oft so stark, dass der Geruch allein ausreicht, um die entsprechenden Erinnerungen wiederzubeleben. Warum riecht es in Bäckereien so appetitanregend? Vanille, Zimt, Nelken – es sind die Aromen, die unsere Nase umschmeicheln, uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und unseren Appetit anregen. Duftmarketing ist schon lange in der Werbewirtschaft angekommen. Die Wirksamkeit ätherischer Öle ist durch Studien wissenschaftlich belegt.  

Duft-Doping für jede Lebenslage

Gerüche können nicht nur Erinnerungen wecken, sondern auch unser Wohlbefinden steigern. Von beruhigenden Lavendeldüften über belebende Zitrusnoten bis hin zu sinnlichen Vanillearomen – die richtigen Düfte können uns in verschiedenen Lebenssituationen unterstützen und unser Stimmungsniveau positiv beeinflussen. Und sie können auch das Gegenteil. Neurobiologe Noam Sobel konnte zeigen, dass der Geruch von Frauentränen den Testosteronspiegel von Männern in den Keller sinken lässt und ihre sexuelle Erregbarkeit ebenfalls. 

Gibt es einen Seelenduft? 

Das scheint so zu sein. Wir alle haben einen natürlichen Eigengeruch. Jeder Säugling erkennt seine Mama am Geruch, und auch die Mütter können ihre Kinder am Geruch erkennen. Und zwar bis sie in etwa 9 Jahre alt sind. Sobald die Söhne die ersten Testosteronschübe bekommen, fällt es ihren Müttern schwerer, sie wiederzuerkennen, bewies Psychologin Laura Schäfer. Es fiel ihnen auch schwerer, diesen neuen Duft zu mögen. Erst im Erwachsenenalter fanden Mütter ihre Söhne wieder „gut“ riechend. Möglicherweise ein Relikt unserer Ahnen. Die Natur hat dies vielleicht so eingerichtet, weil eine zu enge Bindung an die Mutter für die männliche Entwicklung zum Jäger nicht förderlich ist. Auch heute verlassen wir uns stärker auf unseren Geruchssinn, als wir glauben. Unsere Freunde? Riechen so ähnlich wie wir, fand Inbal Ravreby vom Weizmann Institute of Science heraus. Und zwar unabhängig von der Seife und dem Shampoo, das wir benutzen. Genau so suchen wir auch unsere Duftvorlieben aus. Wir mögen das, was uns ähnelt. Wer also auf der Suche nach seinem individuellen Seelenduft ist, sollte sich von seiner Nase leiten lassen. Das, was sie mag, entspricht uns auch. Und das, was uns entspricht, macht uns glücklich. In der Aromatherapie wird zwar viel von der Wirkung der Düfte geschrieben – aber nur, weil Orangendüfte auf 10 andere Menschen stimmungsaufhellend wirken, muss dies bei dir nicht auch so sein. Düfte sind so individuell, wie das eigene Ich. Unsere Nase zeigt uns den Weg zu dem, was zu uns passt. 

Warum jeder Vanille mag

Allerdings gibt es einige natürliche Bestandteile von Düften, die wir als Menschen sehr ähnlich empfinden und mögen. So wird der Geruch von Vanille auch als unser Ur-Duft bezeichnet. Diesen kennen wir schon von der Muttermilch, die zart nach Vanille duftet, und der für Geborgenheit steht.

Aber davon abgesehen ist die Duftvorliebe individuell und entspricht unserem ureigenen Individualgeruch. Im schlimmsten Fall überlagern wir unseren ureigenen Geruch mit etwas, was nicht zu uns gehört, was zu Verunsicherungen und Irritationen beim Gegenüber führen kann. Deshalb ist die Bewertung, wie sie in der Aromatherapie vorgenommen wird, sehr kritisch zu sehen. So gelten in der Aromatherapie Zitrusdüfte beispielsweise als stimmungsaufhellend und Rosendüfte als sinnlich. Das kann man so eigentlich nicht stehen lassen. Es ist an der Zeit, den Duft wertfrei zu betrachten. Mit einem gezielten Riechtest an verschiedenen Düften kann man nichts anderes finden, als sich selbst. Mit diesem Wissen können wir nun gezielt Düfte finden, die zu uns passen und unseren Individualgeruch verstärken. Nur so ziehen wir die Menschen an, die auch wirklich zu uns passen. Und fühlen uns erkannt und glücklich. 

Quick-Guide

Gerüche haben die einzigartige Fähigkeit, starke Emotionen und Erinnerungen zu wecken. Der Proust-Effekt verdeutlicht, wie eng Gerüche mit unseren Emotionen und Erinnerungen verbunden sind. Durch gezieltes Einsetzen von Düften können wir unsere Stimmung positiv beeinflussen und unser Wohlbefinden steigern.

Checkliste: Tipps für den Einsatz von Düften im Alltag

  • Wähle deine Düfte bewusst: Entscheide dich für Düfte, die zu deiner Stimmung und deinen Bedürfnissen passen.
  • Experimentiere: Probiere verschiedene Düfte aus und finde heraus, welche dir am besten gefallen und welche die gewünschten Effekte erzielen.
  • Integriere Düfte in deine Routinen: Nutze Düfte gezielt in deinem täglichen Leben, z.B. beim Aufwachen, bei der Arbeit oder zur Entspannung am Abend.
  • Achte auf Qualität: Verwende hochwertige ätherische Öle oder Duftkerzen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.

Quelle: Human Tears Contain a Chemosignal, Sobel, DOI:10.1126/science.1198333, Body odours as a chemosignal in the mother–child relationship: new insights based on an human leucocyte antigen-genotyped family cohort, Laura Schäfer, Published:20 April 2020, https://doi.org/10.1098/rstb.2019.0266

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