Dein schlimmster Feind bist du selbst: Wie negative Selbstgespräche deine Ängste nähren
Von Julia Klimt
“Du Schlappschwanz!” “Du Feigling!” “Du Armleuchter!” – Würdest du so mit deiner besten Freundin sprechen? Niemals! Aber mit dir selbst? Da bist du oft gnadenlos. Jeden Tag führst du Selbstgespräche, die deine Ängste nähren und dich klein halten. Zeit, dass wir uns diese destruktive Gewohnheit mal genauer anschauen.
Die Stimme in deinem Kopf, die niemals schweigt
Wir alle führen Selbstgespräche – ständig. Das ist völlig normal. Problematisch wird es, wenn diese innere Stimme hauptsächlich kritisiert, tadelt und abwertet. Dann wird sie zu deinem schlimmsten Feind, auch wenn sie aus dir selbst kommt.
Bist du ängstlich und gehemmt, dann beschimpfst du dich mit Worten wie “Schlappschwanz”, “Feigling” oder “Angsthase”, anstatt dich quasi in den Arm zu nehmen und dir Mut zu machen. Statt dir selbst zu sagen, dass es nicht tragisch ist, wenn du Angst hast, schüchterst du dich noch mehr ein.
Woher diese grausame innere Stimme kommt
Diese destruktiven Selbstgespräche haben eine Geschichte. Nachdem deine Eltern dich bewusst und unbewusst immer wieder gerügt, getadelt und kritisiert hatten, hast du das Urteil deiner Eltern über deine Person übernommen. Du hast dir selbst die verletzenden, missbilligenden und abwertenden Worte an den Kopf geworfen.
Du hast das Kind in dir durch negative Selbstgespräche klein gehalten. Anstatt zu wachsen und selbstbewusst zu werden, hast du gelernt, dein eigener Kritiker zu sein – und zwar der härteste, den du je haben wirst.
Wie du dich selbst zur Angst erziehst
Durch die ständige Frage “Was wird er oder sie von mir denken?” verunsicherst du dich selbst und erzeugst deine eigenen Hemmungen und deine Schüchternheit. Du fütterst deine Ängste mit jedem negativen Selbstgespräch.
Ein negatives Selbstbild ist die wahre Ursache für die Angst vor Ablehnung. So wie du von dir selbst denkst, so glaubst du, dass auch andere von dir denken. Wenn du dich selbst für unattraktiv, langweilig, nicht liebenswert oder minderwertig hältst, dann überträgst du diese Meinung automatisch auch auf die Menschen in deinem Umfeld.
Der Teufelskreis der Selbstsabotage
Es entsteht ein Teufelskreis: Aus Angst vor Ablehnung verleugnest du dich und deine Bedürfnisse, was zur Folge hat, dass du dich noch weniger leiden kannst und dich selbst noch mehr verachtest und ablehnst. Die negativen Selbstgespräche werden lauter, die Selbstkritik härter.
Du wirst zu deinem eigenen Mobber. Und das Perfide daran ist: Du kannst ihm nicht entkommen, denn er ist in deinem Kopf. Er kennt alle deine Schwachstellen und nutzt sie gnadenlos gegen dich.
Warum du aufhören musst, dich selbst fertig zu machen
Solange du selbst schlecht von dir denkst und dich für jede Schwäche kritisierst, so lange hast du Angst vor Ablehnung und davor, dass andere nichts für dich übrig haben. Du trainierst dich regelrecht darin, dich schlecht zu fühlen.
Merkst du etwas? Das Problem bist du selbst. Aber – und das ist die gute Nachricht – die Lösung bist auch du selbst. Du hast die Macht, diese destruktiven Selbstgespräche zu stoppen.
So durchbrichst du den Kreislauf der Selbstsabotage
Wenn du deine Angst vor Ablehnung überwinden willst, musst du im ersten Schritt aufhören, dein schlimmster Gegner zu sein, und lernen, dich zu akzeptieren. Du musst deine Meinung ändern, die du von dir hast. Und zwar sofort und immer wieder aufs Neue.
Das musst du trainieren, weil dein altes Verhaltensmuster in der Regel tief in dir verankert ist und dir eine vermeintliche Sicherheit vorspielt. Du bist es gewohnt, schlecht von dir zu denken. Das kennst du, damit kannst du umgehen – auch wenn es dich unglücklich macht.
Werde deine beste Freundin, nicht deine Feindin
Nur wenn du selbst davon überzeugt bist, dass deine Fehler und Mängel nichts an deinem Wert als Mensch ändern, und erst wenn du dich für liebenswert hältst, berührt es dich nicht mehr so sehr, was andere über dich denken. Denn dann bist du nicht mehr von ihnen abhängig.
Stell dir vor, du würdest mit dir selbst sprechen wie mit deiner allerbesten Freundin. Liebevoll, ermutigend, verständnisvoll. Du würdest sagen: “Du schaffst das!” statt “Du Versager!” Du würdest sagen: “Jeder macht mal Fehler” statt “Typisch, schon wieder alles falsch gemacht!”
Deine neue innere Stimme entwickeln
Du hast keinen Ruf zu verlieren, den du nicht selbst aufgebaut hast, und niemand kann dir etwas wegnehmen, das du nicht selbst erschaffen hast. Du bist der Mensch, der die Maßstäbe für sich setzt und darüber entscheidet, wer und was du bist.
Deine innere Stimme kann dein größter Unterstützer werden – wenn du ihr beibringst, liebevoll mit dir zu sprechen. Das braucht Übung, aber es lohnt sich. Denn diese Stimme begleitet dich dein ganzes Leben. Sorg dafür, dass sie eine Freundin wird, keine Feindin.




