Wenn Dunkelheit die Familie berührt
Wie Depression das Leben aller verändert
Depression ist nicht nur eine Krankheit, die die Betroffenen selbst betrifft – sie zieht Kreise, die Familien, Partnerschaften und Freundschaften gleichermaßen beeinflussen. Laut dem aktuellen Deutschland-Barometer Depression sind 45 Prozent der Bevölkerung direkt oder indirekt von der Krankheit betroffen. Doch hinter diesen Zahlen stehen Geschichten von Belastung, Hoffnung und einer tiefen menschlichen Verbindung.
Das unsichtbare Gewicht der Sorge
Für viele Angehörige ist die Depression eines geliebten Menschen eine unsichtbare Last. Die Sorge um den Erkrankten, sein Rückzug und die oft missverstandene Antriebslosigkeit wiegen schwer. Über 70 Prozent der befragten Angehörigen berichten, dass die Krankheit die Dynamik innerhalb der Familie belastet – häufig bis hin zu Konflikten oder Kontaktabbrüchen.
„Depression kann Menschen in eine innere Dunkelheit führen, in der selbst kleinste Alltagsaufgaben unüberwindbar erscheinen“, erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. „Für Angehörige ist es wichtig, zu verstehen, dass dieses Verhalten nicht auf mangelnden Willen, sondern auf die Krankheit selbst zurückzuführen ist.“
Zusammenhalt in der Krise
Doch es gibt auch Lichtblicke: Fast die Hälfte der befragten Familien gab an, dass die Erfahrung mit der Depression ihre Beziehung zueinander gestärkt hat. Das gemeinsame Durchstehen der Krise schuf neue Nähe und Offenheit. Für viele Betroffene ist die Familie eine unverzichtbare Stütze – sei es, um den Alltag zu bewältigen oder den entscheidenden Anstoß zu geben, professionelle Hilfe zu suchen.
„Familien können helfen, die Hürden des Lebens ein wenig kleiner zu machen“, so Hegerl. „Ob durch das Vereinbaren eines Arzttermins oder einfach das Gefühl, nicht allein zu sein – diese Gesten sind für Menschen mit Depression von unschätzbarem Wert.“
Eine Krankheit, die Familien prägt
Depression ist oft eine familiäre Herausforderung. In 42 Prozent der Fälle berichten Betroffene, dass ihre Angehörigen selbst mit psychischen Erkrankungen kämpfen, was die Unterstützung erschwert. Tatsächlich erhöht eine familiäre Vorbelastung das Risiko, selbst zu erkranken, um das Zwei- bis Dreifache.
„Die familiäre Häufung zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur den Einzelnen, sondern die gesamte Familie in den Blick zu nehmen“, betont Hegerl.
Warum Angehörige Unterstützung brauchen
Trotz ihrer zentralen Rolle in der Genesung fühlen sich viele Angehörige von den behandelnden Ärzten alleingelassen. Nur 16 Prozent werden aktiv in die Behandlung eingebunden, und viele beklagen mangelnde Information. Dabei könnte das Wissen über die Krankheit nicht nur Missverständnisse vermeiden, sondern auch die familiäre Belastung reduzieren.
Gemeinsam gegen die Dunkelheit
Depression betrifft die ganze Familie – und doch birgt sie die Möglichkeit, Menschen enger zusammenzubringen. Indem wir die Krankheit besser verstehen und auch die Angehörigen unterstützen, schaffen wir ein Netzwerk aus Mitgefühl und Stärke, das selbst in den dunkelsten Momenten Halt geben kann.
Denn so schwierig der Weg durch die Depression auch sein mag, eines bleibt klar: Niemand sollte ihn allein gehen müssen.
Hilfe bietet die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, Goerdelerring 9, 04109 Leipzig, www.deutsche-depressionshilfe.de.