
Was willst du? Und was willst du wirklich?
Olympiasiegerin Heike Henkel: Wie du es schaffst, deine eigenen Ziele zu finden

Hier schreibt: Heike Henkel. Als Leistungssportlerin wurde sie trainiert zu funktionieren, zu übertreffen, zu gewinnen. Weltweit ist sie bis heute die einzige Hochspringerin, die in drei aufeinanderfolgenden Jahren Europameisterin, Weltmeisterin und Olympiasiegerin wurde. Das schaffte sie nicht, indem sie gegen sich arbeitete. Erfolg darf sich gut anfühlen. Erfolg darf echt sein. Erfolg darf leicht gehen.
Die Versuchungen der modernen Welt sind verlockend.
Wir leben in einer Zeit, in der alles möglich scheint. Die Angebote und Möglichkeiten waren noch nie so groß. Gerade in Zeiten von Social Media werden wir mit so vielen spannenden Lebensläufen konfrontiert, dass die Verlockung so groß ist, auch so sein zu wollen. Oder all das erleben zu wollen, was uns dort präsentiert wird. Aber hat das tatsächlich etwas mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen vom eigenen Leben zu tun? Natürlich ist es beeindruckend, wie viel Geld man als Influencer verdienen kann, es ist spannend, ein Start-up zu gründen oder Model zu sein. Aber ist das, was uns dort gezeigt wird, wirklich die Realität? Oder ist es eine Traumwelt, die mit unseren Wünschen spielt? Und ist es das, was zu deiner Persönlichkeit passt? Ist es erstrebenswert, so sein zu wollen wie andere? Bedenke: Dich gibt es nur ein einziges Mal. Und wenn du dich auf den Weg zu deinem Glück, deinem Erfolg und deiner Erfüllung machst, dann brauchst du dazu auch deinen eigenen Weg. Das Gute ist, dass dieser Weg in dir schon angelegt ist. Du musst dazu nur in dich hineinhorchen oder hineinspüren. Das gelingt aber schwer in einer Zeit, in der ein Lifestyle-Guru den anderen übertönt, weil er sein Geschäftsmodell vermarkten will. Die Wahrheit ist: Ganze Geschäftszweige leben davon, dass du verunsichert bist und dir selbst nicht mehr traust. Dann kann man dir nämlich jede Menge verkaufen. Also hör auf, auf andere zu hören.
Bleiben wir doch mal auf dem Teppich.
Es sind doch meistens selbsternannte Gurus, die in den schillerndsten Farben schildern, was der Mensch alles so erreichen kann. Sie versprechen das Blaue vom Himmel, und natürlich möchte das jeder gerne glauben. Und kauft dann das Coaching, das Buch oder die Vitamine oder was auch immer angeblich dazu nötig sein soll. Ich bin ehrlich: Auch wenn alle es dir sagen, kann man nicht alles erreichen. Ich erlebe es immer wieder, wie schmerzhaft es für Menschen ist, wenn sie erkennen, dass sie ihr Leben an einen Traum verschwendet haben, der nicht zu schaffen ist. Und noch bitterer ist es, wenn man ein Ziel erreicht und es sich furchtbar anfühlt. Wenn man als erfolgreicher Anwalt einsam und verloren in seinem schicken Büro sitzt, weil man sich im Grunde seines Herzens wünscht, die Motorradwerkstatt aufgemacht zu haben, von der man schon in jungen Jahren träumte. Oder wenn man als Model vor der Kamera landet und merkt, dass man nur eine Marionette ist, die der Fotograf lenken kann, wie er möchte. Letztens erzählte mir eine Freundin von einem besonders tragischen Fall: Eine junge Frau aus ihrer Verwandtschaft hatte eine Ausbildung zur Opernsängerin gemacht. Teuer, langwierig und schwierig. Nun war sie fertig. Aber ihr Lampenfieber vor öffentlichen Auftritten war so groß, dass sie ihren Beruf nicht ausüben kann. Sie arbeitet jetzt in einer Telefonzentrale. Es lohnt sich wirklich, sich im Vorfeld einige Gedanken über seine Ziele zu machen. Deshalb werde ich dir jetzt erklären, wie du realistische Ziele findest und erreichst.
Sei du selbst
Viele wissen eigentlich gar nicht, was sie vom Leben erwarten sollen oder was sie mal erreichen möchten. Sie sind permanent damit beschäftigt, darauf zu achten, was andere machen oder was die Umwelt von ihnen erwartet. Aber eines ist klar: Dieses Leben gehört nur dir. Was du in dem Zeitraum zwischen deiner Geburt und deinem Tod damit machst, solltest du bewusst entscheiden. Wer auf andere hört, dem fehlt die Vorstellung, was er eigentlich selbst wirklich will. Niemand leitet uns dabei an, uns selbst zu entdecken. Und dann? Stochern wir halbherzig im Heuhaufen herum und versuchen uns irgendwie durchzubringen. Entdecke dich selbst und sei nicht die Kopie eines anderen.
Wenn das Feuer in dir brennt, führt es dich zum Ziel.
Meistens findet man Hinweise schon in der Kindheit. Meine Geschichte ging so: Als Kind oder Jugendliche hat man noch so viele Ideen oder Träume. Ich habe eine starke introvertierte Seite. Als Kind war sie noch viel stärker ausgeprägt als heute. Mein Wunsch, auf einer Bühne zu stehen, war aber immer schon sehr groß. Ich bewunderte die Akrobaten im Zirkus, staunte über die Schauspieler im Theater und war beeindruckt von so manchen Mitschülern, wie locker sie vor versammelter Mannschaft Gedichte vortrugen oder etwas vorführten. Ich wäre gerne dabei gewesen, doch ich hatte mich nicht getraut, mich zu melden, wenn Freiwillige für diese Art Auftritte gesucht wurden.
Was Sport für mich bedeutete.
Dann kam ich zum Sport, und dort hatte ich meine Bühne gefunden. Zunächst versuchte ich es mit dem Turnen, doch mir wurde ganz schnell klar, dass mir das nötige Talent und die Beweglichkeit fehlten, um hier eine ganz Große zu werden. Mit dem Schulchor hatte ich es tatsächlich auf die Bühne geschafft, aber ich war eben nur eine unter vielen. Später habe ich mich dann doch getraut, bei einem Klassenfest eine kleine Rolle in einem Theaterstück zu übernehmen, aber entdeckt hatte mich keiner. Nicht alle Träume lassen sich eben verwirklichen. Da war ich im Sport doch besser aufgehoben. Bewegung lag mir im Blut. Ich war als Kleinkind schon immer gerne sportlich unterwegs. Meine Mutter erzählt, dass ich unter meinen Geschwistern immer diejenige war, die aus dem Kinderwagen raus wollte. Meine Schwester ergriff dann sehr gerne die Gelegenheit, um meinen Platz im Wagen zu übernehmen. Wenn wir mit dem Boot zum Strand fuhren, habe ich es genossen, im Rhythmus der Wellen auf und abzuspringen. In der Grundschule hat es mir ausgesprochen Freude bereitet, den Jungs davonzulaufen. Schon immer wollte ich zu den Besten gehören. Dass ich irgendwann im Hochleistungssport lande, war also schon angelegt. Der Antrieb, mein Abitur zu machen, war ganz klar mein Wunsch, weiterhin Sport betreiben zu können, was in Verbindung mit einem Studium am realistischsten war. Trotzdem war es bis zum professionellen Einstieg in den Hochleistungssport noch ein langer Weg.
Die Entscheidung für den Hochleistungssport war ein Wagnis.
Hochleistungssport zu betreiben, ist eine Entscheidung, die man nicht leichtfertig trifft, denn die Aussichten, sich später eine Existenz damit aufbauen zu können, sind sehr gering. Es war und ist ja eher eine Freizeitbeschäftigung auf hohem Niveau und zeitlich begrenzt. Außerdem bedeutet es Verzicht, Anstrengung, Disziplin und barg einige Risiken. Es hätte ja richtig schiefgehen können. Trotzdem habe ich mich für diesen Weg entschieden. Denn er hatte noch so viel mehr zu bieten, was mich neugierig machte, und bot mir eine Gelegenheit, zu zeigen, was in mir steckt. Außerdem machte es mir Spaß und es fühlte sich einfach gut an. Du siehst also, auch ich wollte am Anfang Schauspieler werden. Aber ich erkannte, dass ich dort Hemmungen hatte. Oder aber, dass es mir schwerfiel. Sport hingegen fiel mir leicht. Aber auch hier musste ich die Sportart wechseln, um meine Stärke zu finden. Im Idealfall haben wir in der Kindheit die Möglichkeit, dies auszuprobieren. Und wenn nicht? Dann holen wir das jetzt nach. Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit.
Am Anfang eines Weges steht ein Traum.
Vielleicht erkennst du dich in meiner Geschichte wieder, aber vielleicht denkst du gerade auch, dass es dir ganz anders geht. Aber eins ist sicher: Wir alle haben Träume, Ziele und Vorstellungen von unserer Zukunft, die wir unbedingt realisieren wollen. Und die müssen wir als Erstes finden. Ich helfe dir dabei.
Wie du deine Ziele findest:
Oft hilft es, sich in sein Kindheits-Ich hineinzuversetzen und alle Eindrücke, Gefühle, Gedanken, die einem dabei einfallen, im Kopf durchzugehen. Je älter wir werden, desto mehr verfangen wir uns im Stress des Alltags – und vergessen dabei, was uns wirklich bewegt. Der Rückblick auf deine Kindheit soll dich daran erinnern, was du möglicherweise schon vergessen hast. Das, was du wirklich willst. Das, was in dir schlummert und wofür du geboren bist. Das ist in der Regel nicht das, was die anderen von dir erwarten. Also begeben wir uns jetzt gemeinsam auf die Suche.
Welche Eigenschaften treffen auf dich zu?
Bist du eher teamfähig oder selbständig? Redest du gerne und viel, bist also kommunikationsfreudig, oder lieber beobachtend? Introvertiert oder extrovertiert? Bist du eher sportlich oder eher inaktiv? Bist du eher temperamentvoll oder zurückhaltend? Übernimmst du gerne Verantwortung oder gibst du sie gerne ab? Bist du eher friedliebend oder konfliktstark? Und welche Spiele spielst du am liebsten? Eher logische oder lieber phantasievolle? Bist du eher Teamplayer oder Einzelgänger? Liegen dir eher Regelspiele oder Improvisation?
Stelle dir folgende Fragen:
Was hast du als Kind am liebsten gespielt? Womit konntest du dich stundenlang beschäftigen und dabei die Zeit vergessen? Frag deine Eltern oder Freunde, was dich als Kind besonders gemacht hat.
Oft helfen auch „Negativ-Zuschreibungen“ dabei, die eigene Stärke zu finden. Denn wie alles im Leben, kann man eine Sache von zwei Seiten betrachten, und in jeder Negativ-Zuschreibung liegt eine Stärke verborgen.
Bedeutung:
• zu empfindlich = sensibel und einfühlsam, auch Nuancen wahrzunehmen
• zu zappelig und unkonzentriert = energetisch, schnell und reaktionsstark
• zu störrisch und bockig = willensstark und kraftvoll
• zu laut = ausdrucksstark
• Träumer = phantasievoll
Merke dir: Ohne Ziele gibt es kein Fortkommen.
Du entdeckst auf dem Weg zum Ziel deine Potenziale und bekommst die Chance, dich weiterzuentwickeln. Ziele geben uns Sicherheit und Sinnhaftigkeit im Leben. An ihnen kann man sich entlanghangeln, wenn die Welt um uns herum chaotisch wird. Es müssen deine Ziele sein. Je besser deine Ziele zu deiner Persönlichkeit passen, umso befriedigender ist es, wenn man sie erreicht hat. Begib dich in deine Kindheit zurück und überlege, was dich begeistert.

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Warum schwer, wenn`s leichter geht” von Heike Henkel.
Die Leserkommentare: “So sympathisch geschrieben”. “Endlich jemand, der bewiesen hat, dass seine Tipps funktionieren. Und sie funktionieren wirklich!” Heike Henkels Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.