Experten warnen: Diabetes und Demenz fahren Tandem
Allein 8.000 der 400.000 neuen Demenz-Fälle pro Jahr gehen auf das Konto von Diabetes
Zucker macht dumm? Nun, langfristig scheint er das Gehirn zu schädigen. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Hirnstiftung möchten über den Zusammenhang zwischen einem hohen Blutzucker und einer späteren Demenz aufklären. Den gibt es nämlich.
400.000 Deutsche erkranken jährlich an Demenz
Jedes Jahr entwickeln ca. 400.000 Menschen in Deutschland eine Demenz – und das Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) warnt: Die Zahlen steigen ständig. Experten schätzen, dass sie kontinuierlich von heute 1,8 Millionen auf bis zu 2,7 Millionen im Jahr 2050 ansteigen werden. Auch die Diabetes-Rate (Typ 2) erhöht sich rasant, bis 2050 könnte sich die Zahl der Betroffenen womöglich verdoppeln.
Diabetetiker haben ein höheres Demenz-Risiko
Was viele nicht wissen: es besteht ein Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen: Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Demenz-Risiko. Im Jahr 2021 kam eine große Studie aus Großbritannien sogar zu dem Schluss: Je früher man an einem Typ-2-Diabetes erkrankt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, später eine Demenz zu entwickeln.
Die Demenz-Risikofaktoren:
Bislang sind 14 Risikofaktoren für Demenz bekannt, die durch medizinische Vorsorge und gesunde Lebensgewohnheiten zum Teil persönlich beeinflusst werden können. Dazu gehören unter anderem:
- Bluthochdruck,
- Übergewicht,
- Sehstörungen,
- Schwerhörigkeit,
- Fettstoffwechselstörungen,
- soziale Isolation –
- und eben auch Diabetes mellitus.
Fast die Hälfte an Demenz-Erkrankten wäre vermeidbar
Bei Beseitigung aller 14 Risiken wären rund 45 % aller Demenz-Erkrankungen, also fast die Hälfte, vermeidbar – oder könnten zumindest deutlich hinausgezögert werden. Das ist schon eine ganze Menge. Der alleinige Anteil des Diabetes am Demenz-Risiko wird in dieser großen Erhebung auf 2 % geschätzt. Das bedeutet: Allein 8.000 der 400.000 neuen Demenz-Fälle pro Jahr in Deutschland gehen auf das Konto von Diabetes.
Ein gesundes Gehirn mag keinen Zucker
„Die Prävention von Diabetes mellitus ist somit ein Investment in die eigene Hirngesundheit“, erklärt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. „Wer mit Ernährungsumstellung und viel Bewegung seinen Lebensstil gesundheitsbewusst gestaltet, um Diabetes zu vermeiden, beugt gleichzeitig anderen Erkrankungen und Faktoren vor, die eine Demenz begünstigen, wie z. B. Übergewicht, hohe Blutfettwerte oder Bluthochdruck. Der additive Effekt auf das Demenz-Risiko ist dann viel größer als nur die besagten 2 %.“
Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Wie schädigt Diabetes das Gehirn und führt zu einer Demenz?
Diabetes kann auf ganz unterschiedliche Weise das Gehirn schädigen:
- durch Veränderungen an den Gehirngefäßen, denn Diabetes führt zu Gefäßverkalkungen,
- durch Beeinträchtigung des Zucker- und Insulinstoffwechsels im Gehirn und
- durch Hypoglykämien (Unterzuckerungen) durch die Diabetestherapie z. B. mit Insulin.
- Auch ein instabiler Blutzucker-Langzeitwert HbA1c ist mit einem höheren Demenz-Risiko verbunden.
Ist Alzheimer auch Diabetes Typ 3?
Bei Menschen mit Diabetes Typ 2 gibt es einige Veränderungen im Gehirn, die auch mit Gedächtnisproblemen und Demenz zu tun haben könnten. Wenn das Gehirn nicht gut auf Insulin reagiert, kann es zu Problemen beim Abbau bestimmter Eiweißstoffe kommen. Manchmal sprechen Forschende deshalb sogar von „Diabetes Typ 3“ bei Alzheimer. Forschende haben deshalb Antidiabetika ausprobiert, um zu schauen, ob sie auch das Risiko für Demenz verringern können. Eine Studie aus Korea zeigt, dass diese Medikamente das Risiko, an Demenz zu erkranken, um 21 % senken können.
Und wenn nichts hilft? Dann geht tanzen.
„Diabetes-Prävention ist weitgehend auch Demenz-Prävention…. Was wir allerdings noch zusätzlich zur Demenz-Prävention empfehlen, sind soziale Interaktionen und Aktivitäten, die das Gehirn fördern und fordern, z. B. das Erlernen einer Fremdsprache, eines Musikinstruments oder komplexer Schrittfolgen beim Tanzen“, sagt Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung.
Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung.
Also nichts wie ran an die Tanzschuhe und raus auf die Tanzfläche – egal ob Walzer, Discofox oder Tango. Unser Gehirn liebt die Bewegung und die Musik, und wenn wir uns dazu noch merken müssen, welche Schritte als nächstes kommen, trainieren wir ganz nebenbei unsere grauen Zellen. Also: Tanzen statt grübeln, Hüften schwingen statt sitzen bleiben – und schon habt ihr das beste Rezept gegen das Vergessen.