Psychologie

Elternabend mit Eltern von Jan-Frederick – Wie übersteh ich das ohne Flachmann?

Lenas Welt

Hier schreibt Lena Martens – 38 Jahre alt, Mutter, ganz gut im Job und Liebhaberin von extra starkem Kaffee, guter Musik und tiefgehenden, aber unterhaltsamen Gesprächen über das Leben.

Es ist wieder soweit. Elternabend. Der Moment im Jahr, in dem ich mich frage, warum wir nicht einfach anonym Geld in die Klassenkasse werfen können, anstatt zwei Stunden in einer Turnhallenbestuhlung festzusitzen, während sich eine Handvoll Eltern enthusiastisch in Diskussionen über den optimalen Vitamin-C-Gehalt der Schulverpflegung verstrickt. Besonders gefürchtet: Die Eltern von Jan-Frederick. Man erkennt sie daran, dass sie spätestens nach fünf Minuten eine Liste gezückter Studien haben, die belegen, dass ihr Kind in einer besseren Umgebung aufwachsen könnte – und zwar, wenn wir alle einfach ein bisschen engagierter wären.

Die typische Elternabend-Besetzung

  1. Die Überengagierten – Sie haben einen Drei-Punkte-Plan für eine neue Hausaufgabenstrategie und kennen das aktuelle Curriculum besser als die Lehrkraft selbst. Ihre Sätze beginnen mit „Ich habe da mal recherchiert …“.
  2. Die Allwissenden – „Also bei uns zu Hause klappt das super!“ Klar. Jan-Frederick kann mit fünf Jahren Mandarinen schälen und dabei ein Haiku über Photosynthese rezitieren.
  3. Die Stillen – Nickend, lächelnd, dabei heimlich auf die Uhr schielend, während sie bereuen, nicht einfach eine fadenscheinige Ausrede erfunden zu haben.
  4. Die Rebellen – Sitzen mit verschränkten Armen in der Ecke, rollen mit den Augen und murmeln „Das System ist kaputt“.
  5. Ich – Diejenige, die sich fragt, ob es unhöflich wäre, ihre mentale Einkaufsliste zu schreiben oder sich schon mal still in den Feierabend zu träumen.


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Warum Elternabende eine Geduldsprobe sind

Es beginnt harmlos. Ein freundlicher Einstieg, ein kurzer Überblick – und dann, ganz langsam, nimmt das Drama seinen Lauf. Es geht um Bio-Äpfel in der Schulverpflegung, um die „schlechte“ Kommunikation über die WhatsApp-Gruppe und natürlich um Jan-Fredericks individuelle Bedürfnisse. Denn er braucht eine extralange Frühstückspause, weil sein Biorhythmus erst nach dem zweiten Block richtig wach wird.

Währenddessen male ich unsichtbare Kritzeleien auf mein Notizblatt und frage mich, ob mein Gesichtsausdruck noch neutral genug wirkt oder ob ich längst den berühmten “Müdigkeitsblick” trage.

Die WhatsApp-Elterngruppe – ein Ort zwischen Wahnsinn und Weltuntergang

Aber damit ist es nicht getan. Nicht im Zeitalter von WhatsApp. Ein harmloser Dienstagmorgen. Ich trinke gerade meinen ersten Kaffee, da vibriert mein Handy. 30 Nachrichten in zwei Minuten. Ein Notfall? Ein Schulausfall? Kind in Gefahr? Nein – Jan-Frederick hat seine Mütze verloren. Die ganze Gruppe mobilisiert sich in Echtzeit, um den Fall zu lösen. Es werden Theorien aufgestellt („Ich glaube, ich habe sie gestern in der Garderobe gesehen!“), Fotos sämtlicher Fundstücke in der Schule geteilt, Zwischenberichte gesendet („Ich frag mal im Hort nach!“). Irgendwann eskaliert es: „Vielleicht sollten wir eine generelle Strategie für Fundsachen entwickeln?“ „Die Schule muss da mehr Verantwortung übernehmen!“ – und plötzlich sind wir mitten in einer WhatsApp-Debatte, die mehr Energie verbrennt als ein internationaler Klimagipfel.

Überlebensstrategien für den Elternabend (und die WhatsApp-Gruppe)

  1. Bingo spielen – Punkte gibt es für jede Erwähnung von „Fördermaßnahmen“, „individuelle Förderung“ oder „mehr Engagement von den Eltern“.
  2. Mentales Abschweifen – Schon mal überlegen, was es zum Abendessen gibt oder den nächsten Urlaub gedanklich durchplanen.
  3. Minimaler Redebeitrag – „Ich finde, das ist ein wichtiger Punkt“ ist die perfekte Floskel, um Interesse zu signalisieren, ohne sich in eine endlose Diskussion verwickeln zu lassen.
  4. WhatsApp-Notifications stummschalten – Wenn es wirklich wichtig ist, ruft jemand an. Versprochen.
  5. Die Flucht nach vorn – Sobald das Wort „Sonst noch Fragen?“ fällt, dezent die Jacke greifen, während man eifrig nickt, und beim Rausgehen leise „Vielen Dank, das war sehr aufschlussreich!“ murmeln.

Augen zu und durch

Ehrlich gesagt: Beim nächsten Mal bringe ich vielleicht doch einfach eine Thermoskanne mit Tee (oder etwas Stärkerem) mit. Für die Nerven, versteht sich. Und was die WhatsApp-Gruppe angeht? Ich überlege noch, ob ich höflich austrete oder einfach für immer auf stumm schalte.

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