Dankbarkeit
Mein Leben mit MS:
Hallo und herzlich willkommen bei MS-Voices! Ich bin Irene, und hier dreht sich alles um das Leben mit Multipler Sklerose (MS). Als ich vor einigen Jahren die Diagnose erhielt, hat sich mein Alltag auf den Kopf gestellt – und ich war plötzlich mit unzähligen Fragen, Ängsten und Herausforderungen konfrontiert. In diesem Blog möchte ich meine persönlichen Erfahrungen mit euch teilen und Menschen eine Stimme geben, die unter MS leiden. Wie ist das wirklich, mit MS zu leben? Wie verändert es den Alltag, die Beziehungen und die Zukunftsplanung? Hier gibt es ehrliche Einblicke, praktische Tipps und die ein oder andere Anekdote aus meinem Leben – direkt aus dem Herzen einer Betroffenen.
Eine junge Frau mit frischer Diagnose im Haifischbecken MS
Eigentlich wollte ich heute über eine junge Frau schreiben, die sich hilfesuchend an eine Online-Gruppe wandte. Einen Tag, nachdem ihr Mann die Diagnose MS erhalten hatte. Sie sei hochschwanger, wisse nicht, was all das bedeute und habe furchtbare Angst, lese ich dort. Sie wolle ihren Mann unterstützen und hoffe auf Informationen und Hilfe aus dieser Gruppe.
Ich dachte nur: Na bravo. Warum begibst du dich ausgerechnet in diese „Löwengrube“? Dorthin, wo oft nur zwei Extreme herrschen: „Es ist alles nicht so wild“ oder „Mach dich auf das Schlimmste gefasst und dann noch schlimmer.“ Und genauso kam es. Die junge Frau wurde regelrecht mit Nachrichten überflutet, sowohl von der einen als auch der anderen Seite. Ich hoffe, sie hat die Stärke, sich zunächst zurückzuziehen, ihrem Mann beizustehen und sich an seriöse Quellen wie die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) oder die Seite www.ms-krankheit.de zu wenden. Marco Rickhoff hat da wirklich etwas Tolles aufgebaut und erweitert diese Seite stetig.
So etwas beschäftigt mich. Aber auch ich habe ein eigenes Leben und muss mich manchmal auf mich selbst konzentrieren; mich mit mir beschäftigen, um nicht unterzugehen. Zumal mir die Diagnose seit einiger Zeit Schwierigkeiten bereitet. Wenn ich jetzt nicht aufpasse, dann laufe ich sehenden Auges in einen Schub.
Dankbar aus persönlichem Anlass
Genau deswegen beschäftige ich mich jetzt mit dem Thema Dankbarkeit. Es gibt auch einen besonderen Anlass: Gestern erhielt ich eine Nachricht von meinem über alles geliebten Jens. Eine Nachricht – nein, DIE Nachricht – auf die ich seit über einem Jahr gewartet habe. Bitte seid mir nicht böse, wenn ich nicht verrate, worum es geht. Sie ist so schön, und ich möchte sie noch eine Weile ganz für mich und Jens alleine haben. Zusammen mit meinem Jens. Ich zitiere an dieser Stelle nur Leonardo da Vinci, der gesagt hat: „Liebe ist die wohl stärkste Kraft.“. Und ja, das ist sie. Wenn ich sage, dass ich mich über diese Nachricht freue, dann ist das wohl weit untertrieben. Es ist ein Gefühl, das stärker ist – es gibt mir Ruhe und tiefe Dankbarkeit, denn ich weiß: Jetzt wird endlich alles gut.
Ich bin dankbar für die kleinen Momente im Leben
Ich empfinde Dankbarkeit auch für die kleinen, scheinbar unwichtigen Momente des Lebens: der Gesang der Nachtigall oder das Zirpen der Grillen im Hochsommer. Die flüchtigen Momente, wenn Schmetterlinge neben meinem Stuhl am Fenster landen oder Libellen ihre glitzernden Flügel auf dem Balkongeländer ruhen lassen. Oder eine Hummel, die so tief in die Blüte meiner Dipladenia krabbelt, dass nur noch der dicke, runde Hinterteil herausschaut. Auch die Eichhörnchen, die im Baum gegenüber meines Balkons spielen, und der traumhafte Wintersonnenuntergang, der dem Himmel die schönsten Farben gibt. Als ich Kind war, hat mein Papa immer gesagt, dass dann das Christkindchen backt.
Den Blick auf diese Momente, die ich früher kaum wahrgenommen habe, hat mir meine Diagnose gegeben. Ich musste lernen, die Prioritäten in meinem Leben neu zu ordnen – und das war alles andere als schlecht. Ich bin dankbar, dass sie mich gelehrt und gezwungen hat, mein Leben zu überdenken.
Selbst die MS hatte etwas Gutes: ich habe meinen Ex verlassen!
Ich bin dankbar dafür, dass ich meinen Ex-Mann verlassen konnte und so lebe, wie ich es mir immer gewünscht habe. Nein, nicht im Überfluss, aber zufrieden. Ich bin dankbar für die schöne, behindertengerechte Wohnung, die meine Cousine für mich gefunden hat. Ich bin dankbar, dass ich damals die finanziellen Mittel für den Neuanfang zur Verfügung hatte, was mir auch ermöglicht hat, mein Zuhause so einzurichten, dass ich mich hier richtig wohlfühle.
Ich bin dankbar für einen beruflichen Neuanfang
Ich bin dankbar für meinen kleinen Job beim Minerva Verlag und für die Menschen, die dort arbeiten. Sie vertrauen mir, was mir ein Gefühl des Gebrauchtwerdens gibt, Ich bin dankbar, dass ich dort richtig eingebunden werde und ich bin dankbar für die Chancen, die man mir dort bietet. Und dass man mich dort auch fordert! Ich wäre im Leben nicht auf den Gedanken gekommen, ein Buch zu schreiben, obwohl das in der Vergangenheit schon öfter an mich herangetragen wurde, weil ich eben so viel Wissen im Umgang mit der Diagnose habe bzw. besser gesagt auch das Wissen um das Drumherum wie Reha, Arbeit, Partnerschaft, Zeitmanagement und mehr. Aber ich habe damals nie einen Gedanken daran verschwendet, ein Buch zu schreiben. Nur durch dieses Vertrauen meiner Verlegerin, die mir sagte „Sie schaffen das!“, habe ich es wirklich getan. Und ich kann das Ergebnis in der Hand halten: „Spring, damit du fliegen kannst.“ Erschienen am 10. April 2024, 180 Seiten, im Format 17 x 24 x 1 cm. Das habe ICH geschafft! Und dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Und für die Podcasts, die ich betreuen darf: „Tierisch gut!“ (www.good4pets.de) und „MS-Voices“ (www.minerva-vision.de), die man natürlich auch auf allen andern gängigen Streaming Portalen anhören kann.
Ich finde mich selbst. Jeden Tag etwas mehr und etwas besser.
Es gibt sicher noch viel, viel mehr, für das ich dankbar bin; da müsste ich mal in mich gehen und ein bisschen wühlen. Zum Beispiel bin ich auch sehr dankbar, dass ich nun endlich ICH bin. Dass ich zu MIR gekommen bin. Hätte ich damals die Diagnose nicht vor den Kopf geknallt bekommen: Ich bin sicher, dass ich niemals den Mut gehabt hätte, etwas zu ändern in meinem Leben.
Die größte Dankbarkeit, die ich in meinem Leben empfinde? Ich bin dankbar, dass ich meinen Jens vor über fünf Jahren kennenlernen durfte und dass er nun in meinem Leben ist. Ich bin dankbar, dass wir nie aufgegeben haben, wenn es schwer war; ich bin dankbar, dass wir an einander glauben. Und dankbar für unser unsichtbares Band, das so stark ist, dass auch die schlimmsten Stürme ihm nichts anhaben können. Ich glaube, man nennt das Liebe…
Für was bist du dankbar? Magst du es dir aufschreiben, damit du dich immer daran erinnern kannst, wenn es dir mal nicht so gut geht? Vielleicht in ein besonders hübsches Notizbuch, das du immer bei dir trägst, um es um weitere Einträge zu ergänzen?
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, diesen Beitrag zu lesen! Ich hoffe, dass meine Erfahrungen dir ein Stück Klarheit oder Ermutigung schenken konnten. Als ich die Diagnose MS bekam, fühlte ich mich oft allein und überfordert. Genau deshalb habe ich ein Buch geschrieben, das ich selbst damals so dringend gebraucht hätte. „Spring, damit du fliegen kannst.: Ein Selbsthilfe-Ratgeber für MS-Erkrankte und ihre Angehörigen.“ Es ist bei Minerva-Vision erschienen. Wenn du Interesse hast, schau es dir gerne an – vielleicht ist es genau das, was auch dir weiterhelfen kann. Oder hör dir meinen Podcast „MS-Voices“ an. Bis zum nächsten Mal!
Du hast auch MS und möchtest mit mir in meinem Podcast darüber sprechen? Dann schreib mir eine Mail an: redaktion@minerva-vision.de.