Warum man keine Angst vor dem Röntgenbild haben sollte.
Ich erinnere mich an Harvey, als wäre es gestern gewesen. Harvey ist ein graubärtiger, 16-jähriger Dackel. Die Halterin schickte die Röntgenbilder seiner beiden Karpalgelenke an die physiotherapeutische Praxis und vereinbarte einen Termin zur Erstvorstellung. In der Vorbereitung des Termins schauten wir uns alle diese Bilder genau an und sahen kopfschüttelnd Folgendes: An beiden Gelenken gab es deutlich knöcherne Zubildungen, sodass nicht viel Bewegung möglich sein sollte.
Es war leider zu erwarten, dass Harvey starke Schmerzen beim Laufen haben dürfte und dadurch Bewegung vermeidet. Außerdem dürfte er einen langsam Gang bevorzugen und eventuell etwas lethargisch wirken. Schmerzmittel waren ebenfalls zu erwarten. Hinzu kam das fortgeschrittene Alter. In einem solchen Fall stellt man sich immer die bange Frage, welche Therapie man bei so einem schlechten Röntgenbild noch machen kann. Es gibt Termine, vor denen fürchtet man sich. Weil sie vielleicht schlimm enden könnten.
Dann kam der große Tag der Erstvorstellung.
Harvey erschien in Begleitung von seinem Menschen Bruno. Ich ging extra vor die Praxis, um Harvey zu begrüßen und ihn in Empfang zu nehmen. Und ich konnte meinen Augen nicht trauen. Draußen marschierte ein höchst energischer Dackel mit hocherhobener Rute über den Parkplatz und schaute sich ringsherum höchst interessiert um. Als er mich bemerkte, lief er zügig und freudig auf mich zu, um sich streicheln zu lassen. Ich weiß noch, dass ich erleichtert war, und ich habe mich so gerne nach unten gebeugt, um ihn vorsichtig zu berühren. Bruno meinte, dass dies kein seltenes Bild sei. Natürlich gäbe es auch mal schlechtere Tage, an denen Harvey nicht gerne spazieren ginge und mehr Schmerzmittel brauche, aber meisten sei er fröhlich unterwegs und begrüße Passanten. Er hatte sich gut mit der Bewegungseinschränkung der Gelenke arrangiert und der etwas andere Gang fiel auf den ersten Blick kaum auf.
Harvey steckte noch immer voller Lebensfreude und ließ alle um sich herum daran teilhaben.
Ein Dackel ist echt immer eine kleine Kante.
Ich konnte Harvey helfen, indem ich einige muskuläre Verspannungen löste. Bruno schaute sich das gut an und machte es nach einiger Zeit ganz gekonnt selbst. Wir bauten eine entlastende Stützmuskulatur auf und Harvey genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Jeder Hund ist natürlich ein wenig anders. Es gibt schmerzunempfindliche und tapfere Vierbeiner und Hunde, die sich in den Schmerz fallen lassen. Aber auch wenn es schmerzhaft ist, sollten sich arthrosekranke Hunde unbedingt bewegen. Allerdings darf das betroffene Gelenk auch nicht zu stark belastet werden. Hier das richtige Maß zu finden, ist oft nicht so einfach. Besonders geeignet sind Sportarten, bei denen die Bewegungen gleichmäßig ausgeführt und Erschütterungen vermieden werden. Und Gymnastikübungen, die man bei jedem Wetter in den eigenen vier Wänden durchführen kann, können effektiv helfen, indem sie die Muskulatur stärken.
Keine Angst vor dem Röntgenbild:
Dieser Fall zeigt, dass das Röntgenbild nicht immer abbildet, wie gut oder schlecht es einem Arthrose-Patienten geht. Jeder Hund bewältigt diese Erkrankung etwas anders. Aber alle sollten in Bewegung kommen.

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