Sind Vegetarier trauriger?
Es gibt da tatsächlich einen Zusammenhang, sagt Jette Borwaski.
Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine vegetarische Ernährung – aus ethischen, gesundheitlichen oder ökologischen Gründen. Doch könnte der Verzicht auf Fleisch auch unsere Psyche beeinflussen? Eine aktuelle Studie wirft spannende Fragen auf.
Vegetarisch leben und sich dabei glücklich fühlen – das ist für viele die Idealvorstellung. Doch eine neue Meta-Analyse, veröffentlicht im Journal of Affective Disorders, zeigt: Menschen, die auf Fleisch verzichten, haben im Durchschnitt höhere Depressionswerte als Fleischesserinnen. Was bedeutet das? Müssen Vegetarierinnen sich Sorgen machen?
Was die Forschung zeigt
Die Studie von Prof. Dr. Sebastian Ocklenburg und der jungen Wissenschaftlerin Jette Borawski nahm sich einer großen Frage an: Gibt es einen Zusammenhang zwischen vegetarischer Ernährung und psychischer Gesundheit? Um das herauszufinden, werteten sie die Daten von fast 50.000 Menschen aus – darunter rund 8.000 Vegetarierinnen. Das Ergebnis: Diejenigen, die sich pflanzlich ernährten, schnitten in Depressionsfragebögen schlechter ab als Fleischesserinnen.
Doch bevor jetzt jemand panisch sein Soja-Schnitzel gegen ein Steak eintauscht: Die Forschenden betonen, dass hier nur eine Korrelation festgestellt wurde – also ein Zusammenhang, aber keine direkte Ursache. Das bedeutet, dass Vegetarismus nicht zwangsläufig Depressionen verursacht.
/
Henne oder Ei – was war zuerst da?
Eine spannende Frage bleibt: Hören Menschen auf, Fleisch zu essen, und werden dann depressiv? Oder sind sie vielleicht schon vorher anfälliger für depressive Stimmungen und ändern daraufhin ihre Ernährung?
Dafür gibt es zwei Erklärungsansätze. Einerseits könnte es sein, dass Menschen, die sich psychisch belastet fühlen, versuchen, mit einer gesunden Ernährung etwas für ihr Wohlbefinden zu tun. Andererseits gibt es die Theorie, dass eine depressive Stimmung das Mitgefühl für Tiere verstärkt – wer sich also ohnehin schlecht fühlt, könnte sich noch intensiver mit dem Leid der Tiere in der Massentierhaltung auseinandersetzen und sich deshalb für eine pflanzenbasierte Ernährung entscheiden.
Muss ich mir Sorgen machen?
Nicht unbedingt. Die Wissenschaftler*innen betonen, dass die Ernährungsweise nur ein kleiner Faktor unter vielen ist, die unsere psychische Gesundheit beeinflussen. Stress, soziale Unterstützung, Bewegung und genetische Veranlagung spielen eine mindestens genauso große Rolle.
Wer sich vegetarisch ernährt und sich gut dabei fühlt, hat also keinen Grund, etwas zu ändern. Wer jedoch anhaltend unter schlechter Stimmung leidet, könnte einmal überprüfen, ob die Ernährung alle wichtigen Nährstoffe abdeckt – insbesondere Vitamin B12, Eisen und Omega-3-Fettsäuren, die eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden spielen.
Letztendlich bleibt die wichtigste Regel: Egal ob mit oder ohne Fleisch – eine ausgewogene Ernährung, die Körper und Seele guttut, ist das Beste, was wir für uns tun können.