Gesundheit

Die erste Woche ist entscheidend

Damit das Gehirn sich gut entwickelt, brauchen Babys in der ersten Lebenswoche viele Gerüche. Ansonsten drohen Spätschäden. 

Riechen und Berührungen fühlen sind die ersten Eindrücke, die Babys von der Welt wahrnehmen. Sie ermöglichen es Neugeborenen etwa, eine Bindung zu ihrer Mutter aufzubauen und ihr Gehirn gut zu entwickeln. Fehlt es daran, gelingt dies nicht in gleichem Maße. „Unsere Sinne sind entscheidend, damit sich die Hirnschaltkreise richtig bilden und korrekt funktionieren“, sagt Theofanis Karayannis, Professor für Neurowissenschaften und Co-Direktor des Instituts für Hirnforschung der Universität Zürich (UZH).


Das Zeitfenster nach der Geburt ist kritisch.

Frühere Forschungsarbeiten haben gezeigt, wie wichtig Sinneseindrücke für die Entwicklung der Sinne sind – Gerüche für den Geruchssinn, Geräusche für den Hörsinn und so weiter. Bisher ist jedoch nur wenig darüber bekannt, wie die verschiedenen Sinne die Reifung des jeweils anderen beeinflussen können. Das hat Karayannis geändert. Er konnte zeigen, dass Säuglinge in der ersten Woche der Geburt bestimmte sinnliche Erfahrungen machen müssen. Sie müssen riechen und fühlen. Das setzt wichtige Reifeprozesse des Gehirns in Gang. Werden die Erfahrungen später gemacht, wirken sie nicht mehr auf die gleiche Weise.  


Reifung von Geruchs- und Tastsinn sind verbunden.

Kann der Säugling nicht gut riechen, zum Beispiel weil er sich früh erkältet, hat das Folgen. „Ein ungenügender oder fehlender Geruchssinn während der ersten Woche nach der Geburt wirkt sich auch auf die Berührungsverarbeitung im späteren Leben aus“, sagt Karayannis. Denn in den ersten Lebenswochen gibt es zwischen dem Teil des Gehirns, das fürs Riechen zuständig ist und dem, das fürs Tasten zuständig ist ganz viele Nervenverbindungen. Das zeigt, dass diese beiden Sinne am Anfang des Lebens im Tandem fahren. Diese Verbindungen verschwanden dann innerhalb einiger Wochen.


Frühe Geruchsreize sind wichtig.

«Unsere Studie zeigt, dass der frühe Kontakt mit Gerüchen für die Entwicklung und Reifung des Tastsinns wichtig ist», sagt Karayannis. Möglicherweise gilt das auch für andere, später reifende Sinne wie Gehör oder Sehen. „Die Frage, wie sich Geruchsdefizite insbesondere in frühen Lebensjahren auf die Reifung der allgemeinen sensorischen und kognitiven Verarbeitung auswirken, sollte mehr Aufmerksamkeit erhalten.“


Geruchstherapie auf Neugeborenen-Intensivstationen?

Ein Beispiel dafür sind Frühgeborene, die auf der Neugeborenen-Intensivstation untergebracht werden, wo ihnen die normale sensorische Umgebung vorenthalten wird. Möglicherweise hinterlässt dies langfristige Spuren bei den Betroffenen. „Während die Krankenhäuser bestrebt sind, diesen Babys optimale taktile, auditive und visuelle Reize zu bieten, wird der Geruchssinn weniger stark berücksichtigt“, sagt Karayannis. „Gemäß unseren Ergebnissen können geeignete Geruchsreize eine positive Wirkung auf die Entwicklung verschiedener sensorischer und kognitiver Fähigkeiten von Babys haben.“ Für die optimale Entwicklung scheint es demnach wichtig zu sein, die Umwelt anzureichern. Und zwar mit Gerüchen. 

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