
Prinz oder Privatmann? Und was bitte soll das mit den Enten?
Neulich stolperte ich über ein Foto von Prinz Harry, wie er mit Schutzweste und unsicherem Blick ein Minenfeld in Angola durchquert. Der gleiche Pfad, den seine Mutter, Lady Di, einst berühmt gemacht hat. Ich schaute mir das Bild an, schluckte einmal und fragte mich: Was machst du da eigentlich, Harry?
Nicht falsch verstehen. Ich mag ihn. Irgendwie. Er ist der nette, verlorene Bruder, der auf Partys zu lange bleibt, dann aber doch noch Blumen bringt. Der einst mit nacktem Hintern Billard in Vegas spielte, dann aber ein Buch über seine Kindheitstraumata schrieb. Und ja, der Mann hat mehr Widersprüche als ich Diäten begonnen habe. Aber jetzt also Angola. Wieder einmal. Öffentlichkeitswirksam. Kamera drauf, Träne im Auge, Diana im Herzen. Und kaum hatte ich mich gefragt, ob das jetzt königliche Pflichterfüllung oder PR-Taktik ist, kam der nächste Streich: Oprah erzählt im Podcast, dass Harry sie panisch anrief, weil in ihrem Garten Entenküken geschlüpft waren. Er wollte sie umsiedeln. In aller Ernsthaftigkeit. Meghan war auch dabei. Und ich dachte: Was jetzt? Der zarte Tierretter mit Achtsamkeitsspleen? Der Naturfreund mit Instagram-Fingerspitzengefühl?
Ich sehe Harry da sitzen, mit Babyente auf dem Arm, ein Auge auf die Kamera, das andere auf die Moral. Er will ja das Richtige tun. Immer. Aber das ist das Problem: Will er ein Prinz sein oder ein Privatmann mit Mikrofon? Ein Retter, der aus dem Rampenlicht trat, nur um ständig neue Scheinwerfer aufzustellen?
Königlich verwirrt und doch ganz bei sich?
Vielleicht ist genau das seine neue Rolle: der Ehemalige, der nicht loslassen kann. Der Mann, der sagt, er wolle Privatsphäre und dann sein Innenleben bei Netflix sezieren lässt. Der keine Titel mehr will, aber trotzdem wie einer behandelt werden möchte. Der sich von der royalen Bühne verabschiedet hat, um direkt auf der Podcast-Couch weiterzumonologisieren.
Und ja, wir lächeln müde. Wir rollen die Augen. Und trotzdem lesen wir. Und klicken. Und reden über ihn. Weil er so herrlich unperfekt ist. Weil er genau das lebt, was wir alle insgeheim fühlen: diesen ständigen Balanceakt zwischen „Ich will gesehen werden“ und „Lasst mich doch einfach in Ruhe“.
Am Ende doch ein Mensch wie du und ich
Vielleicht ist Harry einfach einer von uns: Suchend. Irritierbar. Zwischen den Rollen. Zwischen Angst und Verantwortung. Zwischen Enten und Angola. Vielleicht ist er ein Prinz ohne Palast. Ein Mann mit Herz, aber ohne Richtung. Und vielleicht – nur vielleicht – ist das gar nicht das Schlechteste. Denn seien wir ehrlich: Wer von uns weiß schon genau, wer er ist? Zwischen Zoom-Calls, Wäschebergen und dem Versuch, morgens um sechs Achtsamkeit zu üben. Und wenn es bei Harry manchmal auch nur für eine Ente reicht, dann ist das immerhin mehr, als viele von uns geschafft haben.
Der Kommentar von Nina, unserem Mental-Health-Coach:
Harry ist ein Mann, der zutiefst nach Zugehörigkeit sucht. Das ist keine Schwäche, sondern eine existenzielle Konstante in jedem von uns. Er hat das Königshaus verlassen, weil es für ihn kein Platz war, an dem er sich als ganzer Mensch erleben konnte. Doch mit der Freiheit kam nicht automatisch Klarheit. Es reicht nicht, sich von alten Rollen zu lösen. Wir müssen neue Beziehungen eingehen, zu anderen, aber vor allem zu uns selbst. Das verlangt Mut, und manchmal ist dieser Mut leiser als ein Minenfeld-Besuch. Vielleicht zeigt er sich eher in der Sorge um kleine Enten.
Die Öffentlichkeit reagiert oft spöttisch auf Harrys mediales Doppelleben und fordert entweder völlige Diskretion oder völlige Repräsentation. Doch das ist eine Falle. Authentizität bedeutet nicht, sich zu entblößen. Sie bedeutet, sich selbst treu zu bleiben, mit dem, was man weiß, und auch mit dem, was man (noch) nicht weiß.
Der entscheidende Maßstab ist nicht die perfekte Inszenierung, sondern die Frage: Handle ich im Einklang mit mir selbst? Nicht mit Erwartungen, nicht mit Bildern, sondern mit meinen Werten, meinem Schmerz, meiner Liebe? Harry macht vielleicht nicht alles richtig. Wer macht das schon? Aber er versucht es. Und das macht ihn menschlich. Und er macht sichtbar, wie schwer es ist, erwachsen zu werden, wirklich erwachsen. Er ist ein Mensch auf der Suche nach einem Platz, an dem er ganz sein darf. Und sind wir das nicht irgendwie alle? Und schauen wir ihm vielleicht deshalb so gerne dabei zu? Weil er uns möglicherweise zeigen kann, wie es geht?