Ernährung

Der Darm schlägt Alarm

Industriegesellschaften verlieren gesunde Darmmikroben


Ballaststoffe sind gesund – das weiß jeder. Doch eine neue Studie zeigt: Industrielle Ernährung gefährdet unsere Darmflora. Forscher der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Ben-Gurion-Universität in Israel haben entdeckt, dass moderne Essgewohnheiten entscheidende Bakterien aus unserem Mikrobiom verdrängen, die Ballaststoffe in wichtige Nährstoffe umwandeln.

Warum Ballaststoffe so wichtig sind


Ballaststoffe, die aus Zellulose bestehen, bilden eine essentielle Grundlage für eine gesunde Verdauung. Zellulose kommt in pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse und Vollkornprodukten vor. Doch der Schlüssel zur Verwertung dieser Fasern liegt in speziellen Darmbakterien wie Ruminococcus. Diese Bakterien produzieren Enzyme, sogenannte Zellulosomen, die Ballaststoffe in lösliche Zucker zerlegen – die ideale Nahrung für weitere Mikroben in unserem Darm.

„Zellulosomen sind beeindruckende molekulare Maschinen“, erklärt Mitautor Prof. Ed Bayer vom Weizmann-Institut für Wissenschaften. „Sie zersetzen Zellulose, die sonst unverdaulich bleibt, und schaffen so die Basis für eine gesunde Darmflora.“


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Eine gefährdete Nahrungskette


Die Forscher stellten fest, dass Ruminococcus-Bakterien in traditionellen Gesellschaften, wie bei Jägern und Sammlern oder in ländlichen Regionen, noch stark vertreten sind. In westlichen, industriellen Gesellschaften hingegen fehlen sie häufig. „Unsere Vorfahren in Afrika lebten von ballaststoffreichen Lebensmitteln. Heute sind solche Nahrungsmittel oft aus unserer Ernährung verschwunden“, sagt William Martin von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Überraschende evolutionäre Verbindung


Interessanterweise stammen die Ruminococcus-Bakterien des Menschen nicht direkt von unseren Primaten-Vorfahren, sondern ähneln denen von Nutztieren wie Kühen oder Schafen. „Es sieht so aus, als hätten wir diese wichtigen Mikroben von domestizierten Tieren übernommen“, erklärt Prof. Itzhak Mizrahi, einer der leitenden Forscher. Doch die moderne Ernährung entfernt uns wieder von diesen evolutionär erworbenen Vorteilen.

Die Lösung: Mehr Ballaststoffe


Die Ergebnisse sind eine klare Botschaft: Unsere Ernährung muss zurück zu mehr Ballaststoffen. Eine ballaststoffarme Ernährung, wie sie in industriellen Gesellschaften häufig vorkommt, könnte langfristig zu einer Verarmung unserer Darmflora führen. „Ballaststoffe sind nicht nur gut für die Verdauung, sie halten das gesamte Mikrobiom in Balance“, betont Hauptautorin Sarah Moraïs.

Fazit: Zurück zu den Wurzeln


Die Botschaft der Wissenschaftler ist eindeutig: Wer gesunde Darmbakterien fördern und langfristig etwas für seine Gesundheit tun will, sollte regelmäßig ballaststoffreiche Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte essen. Die Lösung liegt in einer Rückkehr zu einer natürlichen und weniger verarbeiteten Ernährung. Denn eine gesunde Darmflora ist kein Luxus – sie ist entscheidend für unser Wohlbefinden.

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