Psychologie

Burnout: Wege aus der Überforderung

Für alle, die endlich wieder entspannt im Alltag sein wollen.

Inhalt:

  1. Verstehen, was Burnout ist
  2. Ursachen von Burnout
  3. Der Schlüssel ist Selbsterkenntnis
  4. Auch bei Jens war das der Fall. 
  5. Aber als er auszog, konnte Jens sich keine Ruhe gönnen. 
  6. Nehmen wir doch einmal ein Gegenbeispiel. 
  7. Mach ihnen Angst, dann folgen sie dir. 
  8. Deshalb ist es wichtig, die ersten Anzeichen zu erkennen. 
  9. Strategien zur Bewältigung von Burnout

Jens arbeitet bei einer Werbeagentur. Immer wieder neue Kunden, wechselnde Projekte – das erfüllte ihn. Er liebte die Abwechslung und glühte vor Energie. Kein Wunder, dass er an den Wochenenden auftanken musste. Irgendwann kam er samstags und sonntags kaum noch aus dem Bett. Und eines Montags blieb er einfach liegen. Keine Kraft mehr, aufzustehen. Als er Hunger hatte, musste er zum Kühlschrank kriechen. Erst dann wurde ihm bewusst, dass er ein Problem hatte. 

Es fühlt sich oft so an, als ob man nichts mehr zu geben hat. Ein Burnout ist mehr als nur Stress – es ist ein Zustand der vollkommenen emotionalen, physischen und mentalen Erschöpfung. Oft verursacht durch langanhaltenden oder intensiven Stress, der nicht gut bewältigt wurde. 

Verstehen, was Burnout ist

Burnout entsteht nicht über Nacht. Er schleicht sich allmählich in dein Leben. Wie ein Schatten, der allmählich dunkler wird, ohne dass du es bemerkst. Anfangs fühlt es sich wie eine gewöhnliche Müdigkeit an. Du bist erschöpft, brauchst Ruhe. Irgendwann aber ist dir die Müdigkeit vertraut, oder die Migräneattacken am Wochenende. Diese Gefühle haben dich übernommen, du hast sie nicht mehr unter Kontrolle. Und dein Unterbewusstsein räumt ihnen gerne reichlich Platz ein, weil du auf seine Wünsche nach Spiel, Spaß, Pause und Erfüllung nicht mehr eingehst. 

Was sonst soll es tun? Du spürst dich ja gar nicht mehr. Gefühle wie Freude, Lust oder Wohlgefühl sind schön, aber eben leider auch sehr, sehr leise. Kein Wunder, dass sie ihren „großen Bruder“ vorschicken, der ihnen Geltung verschaffen soll. Dieser Prozess schlägt aber nicht wie ein Blitz ein, er entsteht so langsam, als Folge vieler Kleinigkeiten. Und deshalb ist er für alle unverständlich, für den Betreffenden auch. Jens liebte seinen Job, und er konnte sich nicht erklären, dass das, was ihn so begeistert, ihn auf der anderen Seite ausbrennen ließ. Aber als er später mit einem Therapeuten sprach, bemerkte er, dass er bereits Monate vorher die typischen Symptome zeigte. 

Er war zunehmend gereizt. Konnten andere sein Tempo nicht mithalten, würde er zynisch und sarkastisch. Beim Autofahren regte er sich darüber auf, wenn andere „ineffizient“ fuhren. Und in letzter Zeit waren seine Ergebnisse auch nicht mehr so gut, viele Projekte waren gescheitert. Er hatte das Gefühl, einfach noch mehr Energie hineinstecken zu müssen. In Wahrheit hätte ihm genau das Gegenteil geholfen. 

Ursachen von Burnout

Menschen, die besonders begeisterungsfähig oder sehr gewissenhaft sind, sind besonders betroffen. Und manchmal ist es eben fatal, wenn der Beruf gleichzeitig auch das größte Hobby ist. Dann stürzt man sich mit Leib und Seele in die Projekte. Erfolge löse dann einen unvergleichlichen Rausch aus, Misserfolge stürzen dich ins Nichts. 

„Am Anfang war der Job in der Agentur wie ein Traum. Alles, was ich mir gewünscht habe. Vielfalt, Kreativität, spannende Tage.“ Jens war in seinem ersten Leben Bankkaufmann und hat später ein Design-Studium absolviert. In der Bank fühlte er sich unterfordert und gelangweilt. „Dort war ich auf dem Weg in einen Bore-Out“, fasst er rückblickend zusammen. Ein Zustand, der durch Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz entsteht. Ganz im Gegensatz zum „Burnout“, der durch Überforderung gekennzeichnet ist. Aber die Symptome sind sich ähnlich. Man ist chronisch gelangweilt, die Arbeit wird als sinnlos empfunden und das kann zu lähmender Frustration führen, zu permanenter Müdigkeit und Trägheit. Man erstarrt in ewiger Routine, verblasst. 

Wer kennt noch das Buch „Momo“ von Michael Ende? Die grauen Männer, die die Welt übernehmen und jeden Funken von Phantasie und Lebendigkeit ersticken, sind die personifizierten „Bore-Outer“. Die meisten Menschen, die sich selbst nicht mehr spüren, geraten aus dem Gleichgewicht und landen entweder im Burn- oder im Bore-Out. Die Arbeit ist zu viel oder zu wenig, zu fordernd oder zu langweilig, man hat zu wenig Selbstbestimmung oder zu viel. Mütter können darunter genauso leiden wie Manager. Aber warum schaffen es denn andere? 

Der Schlüssel ist Selbsterkenntnis

Die brutale Antwort ist: weil andere sich selbst besser kennen. Und besser spüren. Und dann ehrlich zu sich sind. Sie gestehen sich ein, dass der Akku leer wird und dass sie Hilfe brauchen. Und genau das funktioniert bei Menschen nicht, die ausbrennen. Es sind die Superfrauen und Supermänner, die glauben, alles schaffen zu müssen. Denn das Besondere an Burnout ist, dass die Betroffenen oft lange Zeit in einem Zustand der Verleugnung verharren. Sie schieben die Symptome auf die Umstände oder erhöhten Stress und nehmen an, dass sich alles von selbst normalisieren wird, sobald ein Projekt abgeschlossen ist oder ein beruflicher Meilenstein erreicht wurde. 

Genau das ist der wunde Punkt: Selbstverleugnung. Oft stellt sich heraus, dass Menschen, die unter einem Burnout leiden, von ihren Eltern sehr für ihre Leistung gelobt wurden. Aber wenig dafür geschätzt wurden, dass sie einfach da sind. 

Auch bei Jens war das der Fall. 

„Im Grunde genommen interessierte mein Vater sich nur für meine Noten. Oder für mein Fußballspiel. Auch dort zählte nur der Sieg, bei einer Niederlage sind wir schweigend im Auto gesessen und nach Hause gefahren. Für meine Mutter war es wichtig, was die Nachbarn sagten. Ich musste immer ordentlich gekleidet sein, höflich grüßen, korrekt sein. Sie selbst war auch so. Und man musste immer etwas tun. Sie konnte es nicht ertragen, wenn ich einfach mal in meinem Zimmer lag und Musik hörte. Fand dann immer einen neuen Vorwand, um hineinzukommen und mir eine Arbeit aufzutragen. Ich bin sehr früh ausgezogen, weil mich das so genervt hat. Ich hatte da einfach keine Ruhe“. 

Aber als er auszog, konnte Jens sich keine Ruhe gönnen. 

Die Schatten seiner Kindheit trieben ihn weiter durchs Leben. Dabei wollten seine Eltern nur das beste für ihn. Der Vater, KFZ_Handwerker, investierte alles, was er hatte in Jens Ausbildung. „Damit du es mal besser hast, als wir“, sagte er, als er mit kaputten Knien nicht mehr unter die Hebebühne konnte und umschulen musste. 

Dass die Fixierung auf Leistung das Innenleben seines Sohnes so verändert, dass er chronisch krank wurde, war für den mittlerweile alten Mann nur schwer zu verstehen. „Es ist das Gefühl, dass es niemals reicht“, bringt Jens es auf den Punkt. „Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich komme nie ans Ziel.“ Das ist in vielen modernen Berufen der Fall. 

Nehmen wir doch einmal ein Gegenbeispiel. 

Wenn du als Landwirt die Felder bestellst, wirst du irgendwann die Ernte einfahren und hast so den sichtbaren und fühlbaren Teil deiner Arbeit vor Augen. Das ist erfüllend, das ist geschafft. Es macht zufrieden. In der heutigen Zeit gibt es keine endgültigen Ziele. Hat man das eine erreicht, erscheint schon das Nächste am Horizont. Das nächste Ziel, die nächste Herausforderung und der nächste Wunsch. Und auch der nächste Mitbewerber. Pausen darfst du dir nicht leisten, glaubst du, weil du riskierst, sonst alles zu verlieren. 

Es ist die existenzielle Angst, die uns antreibt, mit dem Fortschritt nicht mithalten zu können und alles zu verlieren. Wir glauben, wir wären glücklich oder sicher, wenn wir das nächste Ziel erreichen. Und wer sich von seiner Angst kontrollieren lässt, treibt durchs Leben und verliert das, was ihn ausmacht: sich selbst. Übrigens ist Angst auch ein Mittel, mit dem wir kontrollierbar werden. Angst ist ein mächtiges Gefühl, das tief in unserem Überlebensinstinkt verwurzelt ist. In der Politik, im Marketing und in der Führung wird Angst häufig als Mittel eingesetzt, um Menschen zu beeinflussen und zu kontrollieren.

Mach ihnen Angst, dann folgen sie dir. 

Wir werden gezielt geängstigt. Denn Angst kann dazu führen, dass Menschen leichter zu lenken sind. Unter Angst sind Menschen eher bereit, risikoärmere Entscheidungen zu treffen und Autoritäten zu folgen, die Sicherheit versprechen. Dies kann in verschiedenen Bereichen genutzt werden, in der Politik oder der Werbung. Zum Beispiel dann, wenn suggeriert wird, dass dein Kind unbedingt dieses Spielzeug haben muss, um später intelligent zu sein und die Schule gut zu schaffen. Medien spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von Angst. Einer meiner Professoren für Heilpädagogik hat deshalb empfohlen, keinerlei Zeitungen oder Nachrichten zu schauen, sondern bewusst auszuwählen, welchen Input wir uns geben. Ein wertvoller Rat, der mir in meinem Leben schon oft geholfen hat. Wann brauchst du es? Sobald du die ersten Symptome zeigst. 

Deshalb ist es wichtig, die ersten Anzeichen zu erkennen. 

  • Emotionale Erschöpfung: Das Gefühl, emotional völlig entleert und ausgebrannt zu sein. Man fühlt sich oft müde, selbst nach einer guten Nacht Schlaf.
  • Depersonalisation: Dies führt dazu, dass man beginnt, sich zynisch und distanziert gegenüber der Arbeit und den Menschen am Arbeitsplatz zu verhalten. Die Arbeit und deren Anforderungen erscheinen einem immer sinnloser.
  • Reduzierte Leistungsfähigkeit: Ein Gefühl von Ineffizienz und Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung; Aufgaben, die einst leicht fielen, erscheinen nun überwältigend.
  • Häufig wird dieser Zustand von anderen physischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden oder einem geschwächten Immunsystem begleitet, was zu häufigeren Krankheiten führen kann.

Strategien zur Bewältigung von Burnout

Sei mutig

Angst isst deine Seele auf. Lass dich also nicht länger von ihr kontrollieren. Bleib stehen und sei mutig und stell dich ihr und denke über die Barriere hinaus, die die Angst in dir errichtet. Hast du Angst, deinen Job zu verlieren? Was könntest du denn stattdessen machen? Welche Optionen hast du? Aber Achtung: Es gibt auch Ängste, die unaussprechlich sind. Zum Beispiel die Angst, ein Kind durch eine schwere Krankheit zu verlieren. Wenn das der Fall ist, hol dir professionelle Hilfe. Spiel hier nicht den Helden. 

Pausen einlegen

Regelmäßige Pausen können helfen, Energie zurückzugewinnen. Am Anfang wirst du wahrscheinlich einfach nur verkrampft dasitzen und die Zimmerwand anstarren. Egal. Halt das durch. Irgendwann wächst in dir eine Idee, was dir Spaß macht. Einen Kuchen backen, spazieren gehen, ein Bad genießen … Langfristig können auch längere Auszeiten notwendig sein, um vollständig zu regenerieren.

Grenzen setzen

Das Setzen von klaren Grenzen, sowohl im Beruf als auch im Privatleben, ist entscheidend. Lerne „Nein“ zu sagen, ohne Schuldgefühle zu haben, um deine Zeit und Energie zu schützen. Was hilft, ist der Satz: „Ich muss erst darüber nachdenken, ich sage es dir morgen.“ Wer sich angewöhnt, immer erst eine Nacht über eine Entscheidung zu schlafen, nimmt das Tempo und den Druck aus der Situation raus und kann am nächsten Tag höflich und mit Begründung absagen. 

Unterstützung suchen

Es kann sehr hilfreich sein, sich mit Freunden, Familie oder professionellen Beratern über die eigenen Gefühle und Erfahrungen auszutauschen. Manchmal kann allein das Teilen von Sorgen eine große Entlastung sein.

Selbstfürsorge praktizieren

Investiere Zeit in Aktivitäten, die dir Freude bereiten und dir guttun. Dazu gehören Hobbys, Sport, kreative Betätigungen oder einfach Zeit in der Natur. Selbstfürsorge ist ein wesentlicher Bestandteil der Erholung.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Wenn sich die Symptome trotz aller Bemühungen nicht bessern, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Schließlich sind die verschiedenen Ansätze nicht bei jedem gleich hilfreich – jeder Mensch ist anders. Psychologen und Therapeuten können dir dabei helfen, die Strategien zu finden, die bei dir wirksam ist, um Burnout zu bewältigen und zu überwinden.

Burnout ist eine ernsthafte Herausforderung, aber mit den richtigen Strategien und Unterstützung ist es möglich, den Weg zurück zu finden. Jens arbeitet übrigens wieder in der Bank. Aber nur in Teilzeit. Mit Genehmigung seines Arbeitgebers betreibt er in der restlichen Zeit eine kleine Werbeagentur. Seitdem ist sein Wunsch nach Sicherheit und nach Abwechslung in guter Balance. Die Lösung klingt zwar einfach, erarbeitet hat er sie aber in mehreren Monaten, gemeinsam mit einem Psychologen. „Ich musste erst einmal herausfinden, was ich will. Und das war gar nicht so leicht“, fasst er den Prozess zusammen. 

Erinnere dich daran, dass es okay ist, Hilfe zu suchen und dass die Sorge um die eigene Gesundheit immer Priorität haben sollte. Du packst das! 

Quelle: D. Korczak, M. Wastian, M. Schneider (2012): Therapie des Burnout-Syndroms. Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) In der Bundesrepublik Deutschland. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Hrsg.), 1. Auflage, Köln.

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