Leben

Wenn Gesellschaft nicht willkommen ist

Lauras Katze war ihr Ein und Alles, doch in letzter Zeit hatte sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Jedes Mal, wenn Laura nach einem langen Arbeitstag nach Hause kam, saß ihre Katze bereits am Fenster, wartete sehnsüchtig auf sie und lief ihr maunzend hinterher. Sie war anhänglicher als sonst, wich ihr nicht von der Seite und schlief sogar auf ihrem Kopfkissen. Jedes Mal, wenn Laura wieder ging, hinterließ sie ein schlechtes Gewissen. Ihre Katze wirkte einsam.

„Ich wollte ihr nur helfen“, erzählte sie mir später. „Ich dachte, ein kleiner Freund wäre die perfekte Lösung. Dann hätte sie jemanden, wenn ich nicht da bin.“

Also zog Milo ein.

Ein winziger, quirliger Kater mit großen, neugierigen Augen und unendlicher Energie. Er war ein kleiner Wirbelwind, spielte unaufhörlich, rannte durchs Wohnzimmer und kletterte mit Vorliebe auf Möbel, die eigentlich nicht als Klettergerüst gedacht waren. Laura war sofort verliebt. Ihre Katze allerdings nicht. Statt neugierig auf den kleinen Kater zuzugehen, zog sie sich zurück. Anfangs beobachtete sie ihn noch aus sicherer Entfernung, doch als Milo begann, die Wohnung für sich zu erobern, wurde es ihr zu viel. Sie verzog sich unter das Sofa, lag nur noch in versteckten Ecken oder auf dem Schrank, weit weg vom Neuankömmling. Die einst verschmuste Katze, die Laura überallhin folgte, war verschwunden.

„Ich verstehe das nicht“, sagte Laura ratlos. „Ich dachte, sie fühlt sich einsam. Und jetzt ist sie noch zurückgezogener als vorher!“

Das Problem war klar.

Viele Menschen denken, dass Katzen sich automatisch über einen Artgenossen freuen. Doch das ist ein großer Irrtum. Katzen sind keine Rudeltiere wie Hunde. Sie bilden zwar soziale Bindungen – aber nur, wenn die Bedingungen stimmen. Ein neuer Mitbewohner kann für eine Katze genauso gut ein Eindringling sein, der ihr Revier streitig macht. Und genau so sah Lauras Katze Milo: als unerwünschten Eindringling.

„Wir müssen sie langsam aneinander gewöhnen“, erklärte ich ihr. „So, dass deine Katze sich nicht bedrängt fühlt.“

Die erste Regel bei einer Vergesellschaftung: Geduld. Die zweite Regel: Territoriumssicherung.

Lauras Katze musste sich sicher fühlen, und das bedeutete, dass sie weiterhin Zugang zu ihren Lieblingsplätzen haben musste.

„Du solltest Milo erst mal in einem separaten Raum lassen“, empfahl ich. „Lass sie sich erst über Gerüche kennenlernen. Streichel erst den einen, dann den anderen, damit sie sich über deine Hand aneinander gewöhnen. Tausch Decken oder Kissen zwischen ihnen aus. Sie müssen lernen, dass der andere kein Feind ist.“

Laura sah mich skeptisch an. „Und dann?“

„Dann fütterst du sie auf Abstand – erst an getrennten Räumen mit einer Tür dazwischen, dann langsam im gleichen Raum mit etwas Abstand. Sie sollen den anderen mit etwas Positivem verknüpfen.“


Weitere Themen:

Nach ein paar Tagen der Trennung öffnete Laura die Tür einen Spalt. Ihre Katze schnüffelte vorsichtig, drehte dann aber sofort um und verschwand auf ihren Kratzbaum. Kein gutes Zeichen – aber auch kein Desaster. Es war ein langsamer Prozess.

„Erwarte keine Wunder über Nacht“, warnte ich sie. „Das kann Wochen dauern. Vielleicht sogar Monate.“

Nach zwei Wochen hatte sich etwas verändert.

Ihre Katze kam langsam wieder aus ihrem Versteck. Sie ignorierte Milo zwar noch größtenteils, aber sie fraß wieder normal und nahm ihre gewohnten Plätze in der Wohnung ein. Ein gutes Zeichen.

„Ich glaube, sie akzeptiert ihn langsam“, sagte Laura erleichtert.

„Das ist das Wichtigste“, bestätigte ich. „Sie müssen keine besten Freunde werden. Aber wenn sie sich tolerieren, ist das schon ein großer Erfolg.“

Ein paar Wochen später bekam ich eine Nachricht von Laura. Ein Foto von Milo und ihrer Katze – mit etwas Abstand, aber beide lagen im gleichen Raum. Kein Fauchen, kein Rückzug, nur ruhiges Nebeneinander.

„Kleiner Fortschritt, aber ein großer Sieg“, schrieb sie.

Ich grinste. Manchmal braucht es einfach nur Zeit – und die Bereitschaft, die Dinge aus Katzensicht zu sehen.

Ein ungeahntes Happy End?

Einige Wochen später klingelte mein Telefon. Laura klang aufgeregt. „Du wirst es nicht glauben – ich habe sie heute Morgen zusammen auf dem Sofa erwischt! Ganz entspannt, sie hat ihn sogar abgeleckt! Ich dachte, das wird nie passieren!“

Ich musste schmunzeln. „Geduld zahlt sich aus. Vielleicht hat sie gemerkt, dass er doch gar nicht so schlimm ist.“

„Oder sie hat sich einfach mit ihrem Schicksal abgefunden“, lachte Laura. „Egal wie – ich bin erleichtert. Es hat funktioniert!“

Es dauerte manchmal länger, als man erwartete, aber oft fanden Katzen doch ihren eigenen Weg, sich zu arrangieren. Manche blieben auf Abstand, manche wurden mit der Zeit ein Herz und eine Seele. Wichtig war nur, dass man ihnen die Zeit gab, die sie brauchten. Und vor allem: dass man nicht erwartete, dass eine Katze auf Knopfdruck Freundschaften schloss.

„Was ich gelernt habe?“, fragte Laura. „Dass meine Katze vielleicht nicht einsam war, sondern einfach mich vermisst hat. Und dass ein neuer Kater nicht immer die Lösung ist – aber manchmal eine unerwartet gute Ergänzung.“

Ich lächelte. „Und? Hast du ein schlechtes Gewissen, dass du sie durch die Vergesellschaftung gestresst hast?“

„Ja, ein bisschen“, gab sie zu. „Aber ich bereue es nicht. Und ich glaube, sie auch nicht.“

Manchmal fügten sich die Dinge eben doch auf ihre eigene Weise.

Einsamkeit bei Katzen – Was wirklich hilft

Nicht jede Katze leidet unter Einsamkeit auf die gleiche Weise, aber es gibt einige bewährte Methoden, um ihr zu helfen, sich wohler zu fühlen:

• Struktur und Rituale schaffen – auch bei viel Abwesenheit

-Falls du morgens wenig Zeit hast, plane eine kurze Kuschel- oder Spieleinheit ein, bevor du gehst.

-Ein automatischer Futterspender sorgt für eine verlässliche Fütterungsroutine, selbst wenn du nicht zu Hause bist.

-Ein getragener Pullover oder eine Decke mit deinem Geruch kann deiner Katze Sicherheit geben.

-Abends eine feste Interaktion: eine Jagdspiel-Session, Bürsten oder einfach ruhiges Zusammensein.• Eine anregende Umgebung bieten

-Hohe Kratzbäume, Fensterplätze zum Beobachten, Höhlen und Kletterstrukturen helfen, Langeweile zu vermeiden.

-Eine Fensterbank mit Aussicht oder ein Vogelhäuschen draußen kann zusätzlich spannend sein.

• Technische Unterstützung nutzen

-Interaktive Kameras mit Leckerli-Auswurf ermöglichen Kontakt aus der Ferne.

-Automatische Spielzeuge oder batteriebetriebene Mäuse, die sich in Bewegung setzen, bieten Abwechslung.

-Ein leiser Fernseher oder ein Katzenradio mit beruhigenden Geräuschen kann helfen.

• Soziale Interaktion – wenn nötig mit Unterstützung

-Falls du oft länger unterwegs bist, kann ein Catsitter helfen, regelmäßig für Gesellschaft zu sorgen.

-Ein zweites Haustier kann eine Lösung sein, wenn die Vergesellschaftung behutsam erfolgt.

Jede Katze ist anders, aber mit diesen Methoden lässt sich Einsamkeit oft verhindern oder zumindest lindern.rspektive zu verstehen. Und wenn man das tat, bekam man eine zufriedene Katze. Und eine heile Wohnung.

Hier schreibt das Redaktionsteam des Katzenmagazin Our Cats. Unser Motto: Sei glücklich, lebe flauschig – und bei dem Rest helfen wir dir gerne. Wenn du uns magst, kauf uns am Kiosk. Alle 4 Wochen gibt es eine brandneue Our Cats. Und wenn du mehr über aktuelle Fälle lesen willst: dieser Beitrag stammt aus unserem Buch. “Ich wohn hier nur” kannst du dir bei Amazon bestellen, oder im www.minervastore kaufen. Letzteres wäre uns lieber, dann verdienen wir nämlich mehr.

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