Weizen und Multiple Sklerose
Was deine Ernährung mit Entzündungen zu tun hat
Ernährung ist weit mehr als nur Kalorien und Geschmack – sie kann auch eine entscheidende Rolle bei der Gesundheit spielen. Besonders bei chronischen Krankheiten wie Multiple Sklerose (MS) könnte deine Ernährung den Unterschied machen. Eine neue Studie der Universitätsmedizin Mainz zeigt, dass bestimmte Proteine im Weizen, sogenannte Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), die Schwere der MS-Symptome verstärken können. Doch was bedeutet das für deinen Speiseplan?
Der Feind im Weizen: ATI-Proteine im Fokus
Die Forschenden fanden heraus, dass nicht das oft verteufelte Gluten, sondern die ATI-Proteine für entzündliche Prozesse verantwortlich sind. Diese Proteine kommen in Weizen, Gerste und Roggen vor und können im Darm leichte Entzündungsreaktionen auslösen. Doch sie wirken nicht nur lokal: ATI-Proteine aktivieren Entzündungszellen, die sich über den Blutkreislauf im ganzen Körper ausbreiten und bestehende Entzündungen verstärken können – sogar im zentralen Nervensystem.
„Unsere Studien zeigen, dass diese Proteine die Symptome der MS verschärfen können“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz.
Weizenfreie Ernährung: Ein Hoffnungsschimmer für MS-Betroffene
In einer klinischen Pilotstudie testeten die Forschenden den Einfluss einer weizenreduzierten Ernährung auf Menschen mit MS. Über drei Monate verzichtete eine Gruppe auf Weizen, während die andere ihre normale Ernährung beibehielt. Die Ergebnisse waren vielversprechend:
- Weniger Schmerzen: Die Teilnehmenden berichteten von einer deutlichen Schmerzlinderung während der weizenfreien Phase.
- Weniger Entzündungen: Im Blut wurden weniger entzündliche Immunzellen nachgewiesen.
Besonders beeindruckend: Selbst kleine Mengen an ATI-Proteinen (0,15 Prozent des Futtergewichts in Tiermodellen) reichten aus, um Entzündungsreaktionen auszulösen. Gluten hingegen zeigte keine vergleichbare Wirkung.
Was heißt das für deinen Alltag?
Auch wenn MS eine komplexe Erkrankung ist, zeigt die Studie, dass die richtige Ernährung eine sinnvolle Ergänzung zur Therapie sein kann. Hier sind einige Tipps, wie du ATI-Proteine in deiner Ernährung reduzieren kannst:
- Setze auf glutenfreie Alternativen: Glutenfreie Produkte enthalten oft weniger ATI-Proteine.
- Probiere Pseudogetreide: Quinoa, Amaranth oder Buchweizen sind tolle Alternativen zu Weizen, Gerste und Roggen.
- Achte auf die Zutaten: Auch verarbeitete Lebensmittel wie Fertigprodukte können Weizen enthalten.
- Sprich mit deinem Arzt: Bevor du deine Ernährung grundlegend umstellst, hole dir professionellen Rat.
Ein Schritt in Richtung besserer Lebensqualität
Die Studienergebnisse geben Anlass zur Hoffnung: Eine weizenfreie Ernährung könnte die Symptome von MS-Betroffenen lindern und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, wie stark die Ernährung die Gesundheit beeinflussen kann – vor allem bei entzündlichen Erkrankungen“, so Professor Schuppan. „Eine weizenfreie Ernährung kann die Schwere einer MS, wie auch anderer entzündlicher Erkrankungen mildern. Weitere Studien, die unter anderem eine weizenfreie Ernährung mit anderen medikamentösen Therapien verbinden, sind geplant“.
Professor Schuppan und seine Arbeitsgruppe beschäftigen sich seit vielen Jahren unter anderem mit innovativen Therapien für Zöliakie, Autoimmunerkrankungen, Organfibrosen und Krebserkrankungen in Forschung und Klinik. Seine Kooperationspartner aus dem Institut für Molekulare Medizin der Universitätsmedizin Mainz unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ari Waisman, der Ambulanz der Klinik für Neurologie Mainz sowie des Universitätsklinikums Münster haben ihre Schwerpunkte im Feld der Autoimmunerkrankungen, insbesondere auch der MS. Die Studien wurden durch die Sonderforschungsbereiche SFB/TR 128 „Multiple Sklerose“ und SFB/TR 355 „Regulatorische T-Zellen“ sowie das Projekt Schu 646/17-1 „ATIs in Weizensorten und ihr pro-entzündlicher Effekt“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
Fazit: Dein Teller, deine Gesundheit
Weizen mag ein fester Bestandteil vieler Küchen sein, aber für Menschen mit MS könnte weniger tatsächlich mehr sein. Die Studie der Universitätsmedizin Mainz zeigt, wie wichtig es ist, auf die Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Gesundheit zu achten. Vielleicht ist es Zeit, deinen Speiseplan genauer unter die Lupe zu nehmen – dein Körper wird es dir danken.