Gesundheit

“Ich stehe auch nicht für den Notfall zur Verfügung”

Arthrose durch Sport oder Sport gegen Arthrose?

Gibt es Aktivitäten, die das Risiko erhöhen, oder kann Bewegung sogar helfen, die Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen? Diese Fragen beschäftigen nicht nur Betroffene, sondern auch Mediziner und Forscher. In diesem Artikel beleuchten wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema und zeigen, welche Art von Bewegung empfehlenswert ist.

“Ich stehe auch nicht für den Notfall zur Verfügung”, sagte Handballnationalspieler Stefan Kretzschmar, als er seinen Rücktritt bekannt gab. „Die Schmerzen im Körper werden größer, sind nicht mehr so gut zu kompensieren.“ Von Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst hört man ähnliche Töne. „Wirklich schmerzfrei bin ich wirklich selten. Es war schon immer eigentlich zu 90 Prozent der Trainingsbegleiter oder Spielbegleiter.“ Was genau ist denn kaputt? „Tatsächlich war es im Laufe der gesamten Karriere so, dass beide Knie kaputt waren und dementsprechend wehtaten, die Hüfte, meine linke Hüfte, geschmerzt hat, ich da auch eine Operation über mich ergehen lassen musste, meine Rippen die letzten Monate meiner aktiven Zeit immer wieder herausgesprungen sind, bei kleinsten Bewegungen schon, da wusste man nicht wirklich, wo die Ursache herkommt.“ Nun, das ist Hochleistungssport. Aber wie ist es denn im normalen Leben?

Schadet Sport mehr, als er nützt?

Bei rund 70-80 % der über 70-Jährigen zeigen sich Zeichen einer Arthrose. Davon spüren rund 10-30 % Symptome wie Anlaufschmerz, Belastungsschmerz und im Spätstadium eine eingeschränkte Beweglichkeit. Da viele heute bis ins hohe Alter Sport treiben und sich – möglichst schmerzfrei – bewegen wollen, stehen die Sportmediziner vor großen Herausforderungen. Ob der Sport das Entstehen einer Arthrose begünstigt und ob man mit oder gerade wegen einer Arthrose Sport treiben sollte, weiß Prof. Stefan Nehrer, Leiter des Zentrums für Regenerative Medizin und des Departments für Gesundheitswissenschaften, Medizin, Forschung.

Der Gelenkknorpel besteht zu etwa 60-80 Prozent aus Wasser, zu 20-40 Prozent aus Kollagen und zu 5 Prozent aus Knorpelzellen. Durch seine viskoelastischen Eigenschaften kann der Knorpel bei Belastung und Druck Flüssigkeit abgeben, die zur Dämpfung, Gleitfähigkeit und den optimalen Schmiereigenschaften der Gelenke beiträgt.


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Arthrose durch Sport?

Durch Unfälle können die empfindlichen Strukturen des Knorpels, zum Beispiel durch feinste Mikro-Risse, geschädigt werden. Dies kann eine der vielen Ursachen einer beginnenden Gelenks-Degeneration sein. Insgesamt führt ein komplexes Zusammenspiel von Alter – Degeneration – und Entzündungen über einen langen Zeitraum zur Arthrose. Der Knorpelabrieb bewirkt einen Reizzustand an der Schleimhaut in den Gelenken, welcher eine Entzündungsreaktion auslöst. Durch die Entzündungen werden Enzyme freigesetzt, die das Kollagengerüst rasch zerstören.

Die Arthrose kann alle Gelenke betreffen.

Für den Sport relevant ist vor allem die Arthrose im Kniegelenk sowie im oberen Sprunggelenk, gefolgt von der Hüfte und dem Schulterbereich. Die Entstehung von solchen Gelenkdefekten wird durch Verletzungen, die im Sport häufig sind, forciert. Im Knie zum Beispiel sind dies meist Meniskus-, Kreuzband- und Knorpelverletzungen.

Der Knorpel muss ernährt werden

Um die Knorpelzelle zu ernähren, sind zyklische Belastungen mit Be- und Entlastungsphasen notwendig. Durch den Pumpmechanismus bei Belastung erfolgt die notwendige Diffusion der Nährstoffe in die Zelle. Da die viskoelastischen Fähigkeiten von Knorpel zeitlich begrenzt sind, sind jedoch Erholungsphasen notwendig. Übermäßige Belastungen wie langes Stehen oder Sitzen sind deshalb kontraproduktiv. Aber auch eine Überlastung im Sport ruft Reizzustände hervor. Diese Überlastung kann sowohl aus zu langen und schnellen Trainingseinheiten bestehen als auch aus sogenannten „high impacts“ – Sportarten mit ständigen abrupten, intensiven Richtungswechseln und Beschleunigungen. So haben beispielsweise Spitzenläufer, Profi-Fußballer und Tennisspieler ein erhöhtes Arthrose-Risiko. Ausdauertraining mit zyklischer Belastung kann den Gelenkknorpel positiv beeinflussen, übertriebene Belastungen wirken meist negativ.

Sport gegen Arthrose

Sport und Bewegung sind aber auch ein wichtiges Mittel gegen Arthrose bzw. in der Vorbeugung (Prävention) von Arthrose. Wichtig ist eine Untersuchung durch den Sportarzt, bevor Beschwerden auftreten, um etwaige Risikofaktoren wie Beinachsen-Deformitäten und falsche Trainingspläne auszuschließen. Auch eine adäquate Anpassung bei bereits bestehenden Beschwerden kann der Arzt vornehmen.

„Die Prävention der Arthrose ist zentrales Anliegen der Sportmedizin. Das Vorhandensein von arthrosebedingten Gelenkveränderungen bedingt die Beratung in der Wahl der richtigen Sportart und vor allem auch das Weglassen von Sportarten, die potenziell eine Überlastung oder Verletzung von Gelenkstrukturen mit sich bringen“, so Prof. Nehrer. Arthrotische Gelenke sind nicht „nicht belastbar“, sondern eingeschränkt belastbar, wobei manche zyklische Belastungsformen sowie der Krafterhalt wissenschaftlich gesichert positive Effekte haben.

„Sporttreiben, aber richtig“ – ist ein berechtigter Ratschlag an Patienten mit Osteoarthrose. Er trägt wesentlich zum Erhalt und der Steigerung der Lebensqualität bei und kann in diesem Kontext auch einen lebensverlängernden Effekt haben.“

Geeignete Sportarten mit Arthrose:

  • Radfahren, E-Bike
  • Wandern
  • Nordic Walking
  • Skilanglauf (klassisch und wandern)
  • Gymnastik (Wasser)
  • Bergwandern (eben & bergauf)

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