“Ich habe mir die Brüste vergrößern lassen und würde es immer wieder tun.”
Erzähl mir dein Leben:
„Erzähl mir dein Leben“ ist der Ort, an dem Menschen ihre ganz persönliche Geschichte teilen. Ob große Herausforderungen, kleine Freuden, unerwartete Wendungen oder mutige Entscheidungen – hier findet jede Lebensgeschichte ihren Raum. Durch das Erzählen entdecken wir uns selbst und können auch anderen helfen.
„Es ging nicht um Eitelkeit, sondern um mich selbst“
Schönheitsoperationen sind in unserer Gesellschaft längst kein Tabu mehr, aber dennoch haftet ihnen oft ein Stigma an.
Kara (31) hat sich vor einem Jahr für eine Brustvergrößerung entschieden. In unserem Interview spricht sie offen über ihre Beweggründe, ihre Ängste vor dem Eingriff und wie sich ihr Leben nach der Operation verändert hat – für sich selbst, nicht für andere.
Kara, Schönheitsoperationen sind nach wie vor ein sensibles Thema. Was hat dich dazu bewogen, dich für eine Brustvergrößerung zu entscheiden?
Kara:
Es war eine Entscheidung, die ich lange mit mir selbst ausgemacht habe. Ich wollte diese OP nicht, weil ich den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen wollte oder um jemanden zu beeindrucken – es ging allein um mich. Schon als Teenager hatte ich das Gefühl, dass mein Körper nicht richtig „zu mir passt“. Meine Brüste waren immer sehr klein, und ich habe mich damit einfach unwohl gefühlt. Es war nichts, was andere unbedingt bemerkt hätten, aber für mich selbst war es belastend. Diese Entscheidung war nicht über Nacht getroffen, sondern etwas, das ich mir über Jahre überlegt habe.
Gab es einen besonderen Moment, in dem du wusstest: Jetzt möchte ich es wirklich machen?
Kara:
Ja, tatsächlich. Es war letztes Jahr im Sommer, als ich in den Spiegel schaute und mich fragte: „Wie lange willst du dich noch so fühlen?“ Ich habe immer wieder diese inneren Dialoge geführt, in denen ich versuchte, mich selbst zu überzeugen, dass ich meinen Körper so akzeptieren muss, wie er ist. Aber dann kam der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass es nicht um Selbstakzeptanz im klassischen Sinne geht – sondern um die Möglichkeit, meinem Körper die Form zu geben, in der ich mich wohler fühle. Dieser Gedanke hat mir eine neue Perspektive gegeben. Ich habe lange mit Freunden und meiner Familie darüber gesprochen und mich schließlich dafür entschieden, den Schritt zu gehen.
Wie hast du dich auf die OP vorbereitet? Gab es Ängste oder Zweifel?
Kara:
Oh, absolut. Es war ein sehr emotionaler Prozess, und natürlich hatte ich Ängste. Ich glaube, jede Frau, die sich für eine Schönheitsoperation entscheidet, hat diese Momente des Zweifelns. Was, wenn etwas schiefgeht? Was, wenn das Ergebnis nicht meinen Erwartungen entspricht? Aber ich habe mich sehr intensiv vorbereitet. Ich habe mehrere Beratungsgespräche geführt, mich über Risiken informiert und verschiedene Ärzte aufgesucht, um den richtigen für mich zu finden.
Am Ende war es die Unterstützung meiner Freunde und Familie, die mir den Mut gegeben hat. Sie haben mich nie verurteilt, sondern immer gesagt: „Wenn es dich glücklich macht, dann ist es die richtige Entscheidung.“ Das hat mir unglaublich geholfen, weil ich wusste, dass ich es für mich selbst tue und nicht, um irgendjemandem zu gefallen.
Wie hast du die Zeit nach der OP erlebt? War alles so, wie du es dir vorgestellt hast?
Kara:
Die ersten Wochen nach der OP waren eine Achterbahnfahrt. Körperlich hatte ich natürlich Schmerzen und war erschöpft. Aber emotional war es noch intensiver. Als ich das erste Mal in den Spiegel schaute, hatte ich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite war da Erleichterung – ich fühlte mich endlich „vollständig“. Auf der anderen Seite war da auch ein Gefühl der Unsicherheit: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen?
Aber mit der Zeit legte sich das. Je mehr mein Körper heilte und ich mich an mein neues Aussehen gewöhnte, desto wohler fühlte ich mich. Es war, als ob ich endlich in meinem eigenen Körper angekommen war. Nach ein paar Monaten hatte ich dieses Gefühl der inneren Ruhe, das ich vorher nie hatte. Heute kann ich sagen: Ja, es war die richtige Entscheidung.
Hat sich dein Leben nach der OP verändert? Nicht nur äußerlich, sondern auch emotional?
Kara:
Definitiv. Es klingt vielleicht seltsam, aber die größte Veränderung fand nicht äußerlich, sondern innerlich statt. Vor der OP war ich oft unsicher und habe mich in meinem eigenen Körper nicht wirklich wohlgefühlt. Das hatte Auswirkungen auf viele Bereiche meines Lebens – von meinem Selbstbewusstsein bis hin zu meinen sozialen Kontakten. Ich war oft gehemmt, habe mich in bestimmten Outfits unwohl gefühlt oder vermieden, in Situationen zu sein, in denen ich mich zeigen musste.
Nach der OP war es, als ob dieser Druck wegfiel. Ich fühle mich jetzt viel freier und selbstbewusster. Das bedeutet nicht, dass ich plötzlich perfekt bin oder alle Unsicherheiten verschwunden sind – so einfach ist es nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass ich mehr im Einklang mit mir selbst bin. Das ist ein Gefühl, das ich vorher nicht kannte.
Gab es Reaktionen aus deinem Umfeld, die dich überrascht haben?
Kara:
Ja, und das sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Viele Menschen in meinem engeren Kreis haben meine Entscheidung unterstützt, und ich hatte wirklich das Glück, dass meine Freunde und Familie immer hinter mir standen. Aber es gab auch skeptische Kommentare – vor allem von Menschen, die nicht so eng mit mir sind. Manche fragten mich, warum ich das nötig habe, oder äußerten sogar Zweifel an meiner Entscheidung. Eine konnte überhaupt nicht mehr mit mir umgehen. Sie ist so der natürliche Typ. Kein Make-up, Brille, Reitermädel. Ich habe bei ihr so etwas wie Verachtung gespürt – und das steht ihr nicht zu. Sie kann ihre Entscheidungen treffen, ich treffe meine und gut ist. Ich lasse sie ja auch so sein, wie sie ist. Das passt dann eben nicht mehr.
Einige Menschen verbinden Schönheitsoperationen sofort mit Oberflächlichkeit oder der Vorstellung, dass man versucht, jemandem zu gefallen. Das war aber nie der Fall. Es ging um mich und mein persönliches Wohlbefinden. Diese Vorurteile können manchmal verletzend sein, aber ich habe gelernt, das nicht an mich heranzulassen. Am Ende des Tages war es meine Entscheidung, und das Wichtigste ist, dass ich glücklich damit bin.
Was würdest du anderen Frauen raten, die über eine Schönheitsoperation nachdenken?
Kara:
Mein Rat wäre: Macht es für euch selbst und nicht für andere. Wenn ihr das Gefühl habt, dass eine Veränderung euer Wohlbefinden verbessert und ihr euch dadurch wohler in eurer Haut fühlt, dann ist das in Ordnung. Aber es ist wichtig, dass ihr es nicht tut, weil ihr glaubt, dass andere Menschen es von euch erwarten oder ihr in irgendeine Form passen müsst.
Und noch etwas: Nehmt euch Zeit für die Entscheidung. Es ist keine Entscheidung, die man leichtfertig treffen sollte. Sprecht mit mehreren Ärzten, informiert euch über Risiken und seid euch bewusst, dass es keine „magische Lösung“ für alle Unsicherheiten im Leben ist. Eine Schönheits-OP kann viel verändern, aber sie sollte immer Teil eines größeren Prozesses sein, in dem es darum geht, sich selbst zu akzeptieren – mit oder ohne Operation.
Vielen Dank, Kara, dass du so offen über deine Erfahrungen gesprochen hast.
Kara:
Gern. Ich hoffe, dass meine Geschichte anderen Frauen zeigt, dass es in Ordnung ist, Veränderungen zu wollen, und dass man das Recht hat, seinen Körper so zu gestalten, dass man sich selbst darin wohlfühlt.
Der Kommentar von Nina, unserem Selbsthilfe-Coach:
„Wahre Schönheit kommt von innen.“ – Passt dieser Satz heute wirklich noch?
Ein schöner Satz – doch er geht an der Realität vieler Menschen vorbei. Denn was, wenn jemand trotz innerer Stärke und Selbstbewusstsein immer wieder an einer vermeintlichen Unvollkommenheit hängen bleibt? Man sieht in den Spiegel, und der Blick fällt immer auf dasselbe Detail: abstehende Ohren, eine zu große Nase, eine Zahnlücke – was auch immer. Warum stört sich mancher Mensch daran, und ein anderer nicht? Die Antwort liegt oft in der Lebensgeschichte.
Ich sage es ganz klar: Kinder können grausam sein. Eine harmlose, spöttische oder dumme Bemerkung im Kindergarten reicht manchmal schon aus, um den Samen für einen lebenslangen Komplex zu pflanzen. Vielleicht war es ein Satz, der immer wieder fiel. Vielleicht kam er von jemandem, dessen Meinung wichtig war. Und irgendwann wird aus einer flüchtigen Unsicherheit ein fester Gedanke: Da stimmt etwas nicht mit mir.
An diesem Punkt gibt es zwei Wege. Der eine führt nach innen: Therapie, Akzeptanz, der Versuch, mit dem zu leben, was da ist. Der andere führt nach außen: Veränderung. Eine Operation, eine Korrektur – ein Eingriff, der das, was stört, verschwinden lässt. Beides funktioniert. Und wer kann schon sagen, welcher Weg der Bessere ist?
Für die einen ist es ein Zeichen von Selbstliebe, sich der eigenen Unsicherheiten zu stellen und sie bewusst anzunehmen. Für die anderen ist Selbstliebe genau das Gegenteil: sich nicht zu zwingen, mit etwas zu leben, das belastet, wenn es eine Lösung gibt. Ich persönlich muss zugeben, dass ich früher eher in Team 1 war: akzeptiere dich so, wie du bist. Aber ich habe meine Einstellung revidiert, denn ganz ehrlich: Beides ist legitim. Beides kann der richtige Weg sein – je nachdem, was sich für den Einzelnen richtig anfühlt. Psychologen an der Ruhr-Universität Bochum haben Menschen nach einer Schönheitsoperation begleitet und fanden heraus, dass diese langfristig zufriedener mit sich selbst waren. Sie fühlten sich selbstbewusster, glücklicher und freier. Entscheidend war dabei aber nicht der Eingriff selbst, sondern die Motivation dahinter: Wer eine OP aus eigener Überzeugung und nicht für andere macht, profitiert psychisch und emotional. Kara wollte die OP für sich und ist deshalb zufrieden und glücklich mit dem Ergebnis. Ich denke, wir müssen uns dem Thema Schönheitschirurgie öffnen und einen verantwortungsvollen Umgang damit finden: der bedeutet, sich selbst treu zu bleiben, realistische Erwartungen zu haben und sich nur für sich selbst zu entscheiden. Wenn das Ergebnis hilft, sich wohler zu fühlen – warum sollte das weniger wert sein als andere Formen der Selbstfürsorge?
Schönheit beginnt im Inneren, ja. Aber manchmal hilft es, wenn das Äußere sich diesem Gefühl anpasst.
Deine Geschichte ist es wert, erzählt zu werden. Egal, ob du selbst schreibst oder liest – „Erzähl mir dein Leben“ verbindet uns alle durch das, was uns am meisten ausmacht: unsere Erfahrungen. Du möchtest deine Geschichte erzählen? Dann schreib uns eine Mail an: redaktion@minerva-vision.de.