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Hunde in der Pubertät – Die kritische Phase meistern

Warum verhält sich dein Hund plötzlich anders? Wie kannst du ihn in dieser Zeit richtig erziehen, ohne Fehler zu manifestieren? Erfahre, welche typischen Probleme auftreten und wie du sie mit Ruhe und Konsequenz meisterst. In dieser Folge von Tierisch gut sprechen wir mit Hundetrainer Martin Weitkamp über die kritische Phase im Leben eines Hundes.

Willkommen bei Tierisch gut, dem Podcast für Hundehalter und Trainer. Ich bin Irene Teubner und spreche mit den besten Hundetrainern Deutschlands. Heute geht es um die Pubertät bei Hunden – eine Phase, die viele Halter an ihre Grenzen bringt. Martin Weitkamp ist wieder an meiner Seite. Hallo Martin!

Martin Weitkamp: Guten Morgen.

Die sogenannten Pubertiere! Du gibst uns heute hoffentlich Tipps, wie wir diese schwierige Phase überstehen. Meine Polly hat in dieser Zeit Kühlschränke ausgeräumt, Limonadenflaschen verteilt und die Küche verwüstet. Gehört das zur Pubertät dazu?

Martin Weitkamp: Ja, das gehört tatsächlich dazu. Die Pubertät beginnt nach dem Zahnwechsel, meist zwischen dem vierten und siebten Monat, und kann bei großen Hunden bis zum dritten oder vierten Lebensjahr andauern. Der Hund bereitet sich darauf vor, ohne Rudel zurechtzukommen, was zu vielen Verhaltensänderungen führt.

Polly konnte eigentlich gut allein bleiben, aber hat innerhalb kürzester Zeit die Küche verwüstet.

Martin Weitkamp: Das passiert oft. Die Umwelt wird plötzlich interessanter, und Hunde probieren Neues aus. Manche entwickeln Ängstlichkeit, andere Aggressionen. Ich hatte Hunde, die plötzlich Angst vor Gegenständen hatten, an denen sie zuvor täglich vorbeigelaufen sind. Diese Phase ist geprägt von Unsicherheit, Stress und hormonellen Veränderungen.

Hat das etwas mit Unterforderung zu tun?

Martin Weitkamp: Nein, eher mit Überforderung. Es finden massive Umbauarbeiten im Gehirn statt. Der Hund prägt sich vieles neu, stellt Hörzeichen infrage und zeigt verstärkt rassetypisches Verhalten.

Was sind die häufigsten Probleme in dieser Phase?

Martin Weitkamp: Plötzlich auftretende Angst oder Aggression, unerwartetes Rückzugsverhalten oder übermäßige Selbstüberschätzung. Rüden neigen dazu, andere Rüden infrage zu stellen. Mein junger Malinois hält sich aktuell für den Herrscher der Welt, bellt alles an und testet seine Grenzen. Unsere erfahrenen Hunde helfen dabei, ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen.

Aber wenn mein Hund gerade das Sofa zerlegt, fällt es mir schwer, ruhig zu bleiben. Trotzdem ist Konsequenz wichtig, oder?

Martin Weitkamp: Absolut. Wer neue Möbel oder Schuhe anschaffen will, sollte damit warten, bis diese Phase vorbei ist. Es bringt nichts, sich aufzuregen – der Hund weiß nicht, was er falsch gemacht hat. Am besten von vornherein alles Gefährliche oder Wertvolle außer Reichweite bringen.

Kann man die Pubertät irgendwie verkürzen?

Martin Weitkamp: Nein.

Klare Antwort! Aber wie gehe ich mit meinem Hund in dieser Zeit um?

Martin Weitkamp: Konsequenz ist das A und O. Hörzeichen weiter festigen, Ruhephasen beachten und dem Hund Zeit geben, neue Eindrücke zu verarbeiten. Er stellt ständig Dinge infrage, und man muss ihm ruhig, aber bestimmt zeigen, wo seine Grenzen sind.

Sollte man den Hund ablenken, damit er gar nicht erst auf dumme Ideen kommt?

Martin Weitkamp: Das kann problematisch sein, weil Ablenkung oft als Belohnung wahrgenommen wird. Stattdessen lieber konsequent Grenzen setzen. Jeder Hund ist anders, da muss man individuell reagieren.

Wie gehst du mit deinem Malinois um?

Martin Weitkamp: Wir lassen ihn in seiner Welt agieren, greifen aber ein, wenn er es übertreibt. Die anderen Hunde helfen dabei, ihn zu erziehen. Man sollte nicht auf jede Eigenart überreagieren, um unerwünschtes Verhalten nicht unbewusst zu verstärken.

Aber kann man in dieser Phase nicht auch falsche Verhaltensweisen manifestieren?

Martin Weitkamp: Ja, das ist möglich. Wenn der Hund draußen fremde Hunde anbellt oder aggressiv wird, muss man ihm klare Grenzen setzen. Er testet aus, wie weit er gehen kann, aber es ist unsere Aufgabe, ihm ruhig und bestimmt zu zeigen, dass dieses Verhalten nicht erwünscht ist.

Also muss ich auch an mir selbst arbeiten?

Martin Weitkamp: Das ist die wichtigste Voraussetzung. Der Mensch ist für den Hund verantwortlich.

Also erstmal tief durchatmen, bevor ich reagiere. Ich gebe zu, ich habe vieles falsch gemacht.

Martin Weitkamp: Fehler passieren. Wichtig ist, sich nicht von Wut leiten zu lassen. Das führt zu Meideverhalten beim Hund und macht alles nur schlimmer. Jeder verliert in dieser Phase Schuhe oder Möbel – das gehört dazu.

Sollte man Türen schließen, um Schäden zu verhindern?

Martin Weitkamp: Ja, das hilft, aber der Hund findet immer etwas Neues. Es ist besser, ihm gezielt erlaubte Beschäftigungen anzubieten.

Manche glauben, eine Kastration würde alle Probleme lösen. Stimmt das?

Martin Weitkamp: Nein. Eine Kastration verändert das Verhalten nicht grundlegend. Sie sollte nur aus medizinischen Gründen erfolgen. Besonders bei Rüden führt sie oft zu Problemen, da sie von anderen Hunden nicht mehr akzeptiert werden und körperliche Veränderungen auftreten.

Danke für die ehrlichen und praxisnahen Tipps, Martin. Ich denke, viele Hörer werden sich jetzt besser auf die Pubertätsphase ihres Hundes einstellen können.

Martin Weitkamp: Das freut mich.

Das war’s für diese Folge von Tierisch gut. Vielen Dank fürs Zuhören und danke an Martin Weitkamp für seine wertvollen Ratschläge. In der nächsten Folge sprechen wir über Angst- und Meideverhalten – Trainingstipps für ängstliche Hunde. Bis dahin, bleibt geduldig und genießt die Zeit mit eurem Hund!

Mehr Informationen zum Thema Ausbildung von Minenspürhunden bekommt ihr in Martin Weitkamps Buch “Im Schatten der Gefahr”. Bis zum nächsten Mal bei Tierisch Gut, dem Podcast von good4pets.

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