Gesundheit

Die Wahrheit über Kortisol

„Bauchfett? Schuld ist dein Kortisol!“ Stimmt das wirklich?

In sozialen Netzwerken kursieren gerade reihenweise Posts, die uns Angst machen sollen: Kortisol, das „Stresshormon“, sei der heimliche Dickmacher Nummer eins. Angeblich verursacht es Bauchfett, Mondgesichter, sogar Haarausfall. Dazu werden Selbsttests mit Speichelproben angeboten, die bequem nach Hause geliefert werden. Aber was ist wirklich dran? Wir haben uns die Fakten angeschaut und dass, was die Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) dazu sagen.

Was ist Kortisol überhaupt?

Kortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird. Es hilft dem Körper, in Stresssituationen Energie bereitzustellen, den Blutdruck zu regulieren und Entzündungen zu hemmen. In Notfallsituationen (zum Beispiel wenn wir fliehen oder uns verteidigen müssen) ist Kortisol überlebenswichtig. Aber auch im Alltag spielt es eine wichtige Rolle, zum Beispiel morgens beim Aufstehen, wenn es uns hilft, in Schwung zu kommen.

Dauerstress = Dauer-Kortisol? Nicht ganz!

Ja, bei akutem Stress steigt der Kortisolspiegel an, das ist ganz normal. Allerdings reguliert sich der Körper danach wieder selbstständig. Wer also eine stressige Woche im Büro oder eine turbulente Phase mit kleinen Kindern erlebt, muss keine bleibenden Schäden befürchten.


Weitere Themen:

Nur in seltenen Fällen, bei schwerwiegenden Erkrankungen wie dem Cushing-Syndrom, kann es tatsächlich zu langfristig erhöhten Kortisolspiegeln kommen. Dabei treten typische Merkmale auf, wie ein sogenanntes „Vollmondgesicht“, Stammfettsucht (vermehrtes Fett am Rumpf) oder Muskelschwäche. Diese Erkrankung ist jedoch sehr selten und immer behandlungsbedürftig.

Sind Speicheltests sinnvoll?

Die Antwort der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie ist eindeutig: Nein. Diese Selbsttests sind oft ungenau und liefern keine zuverlässigen Ergebnisse. Kortisol unterliegt natürlichen Schwankungen im Tagesverlauf, und ein einzelner Speichelwert sagt nichts über eine chronische Belastung aus. Hinzu kommt: Nur Fachärzte können durch gezielte, wiederholte Tests (meist auch über den Urin oder im Blut) eine echte Über- oder Unterproduktion sicher feststellen.

Und was ist mit dem Bauchfett?

Es stimmt: In sehr seltenen Fällen, bei tatsächlich krankhaft erhöhtem Kortisolspiegel, kann es zur sogenannten „Stammfettsucht“ kommen. Das hat aber nichts mit alltäglichem Stress zu tun.

Die viel häufigeren Ursachen für Bauchfett sind: Ungünstige Ernährung (zu viel Zucker und Fett), Bewegungsmangel, Veranlagung und Hormone (z. B. in den Wechseljahren).

Keine Panik vor Kortisol

Kortisol ist kein Feind, sondern ein wichtiges Hormon, dass uns hilft, in stressigen Situationen zu reagieren. Nach Stressphasen reguliert sich der Kortisolspiegel wieder von allein.

Lasst euch nicht von reißerischen Botschaften in den sozialen Medien verunsichern. Vertraut auf euren Körper, gönnt euch ausreichend Pausen, Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogene Ernährung.

Und falls ihr wirklich den Verdacht haben, dass mit euren Hormonen etwas nicht stimmt: Sprecht mit eurer Hausärztin oder eurem Hausarzt.

Kortisol: die wichtigsten Fragen kurz beantwortet

  1. Was ist Kortisol? Kortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird. Es hilft, Energie bereitzustellen, Entzündungen zu hemmen und den Blutdruck zu regulieren.
  2. Macht Kortisol wirklich dick? Nur bei einer sehr seltenen Erkrankung (Cushing-Syndrom) kann Kortisol zu vermehrtem Fett am Rumpf führen. Alltagsstress allein reicht dafür nicht aus.
  3. Sind Selbsttests aus dem Internet zuverlässig? Nein. Diese Tests sind oft ungenau und können nicht aussagekräftig den Kortisolspiegel beurteilen. Für eine sichere Diagnose braucht es wiederholte Messungen unter ärztlicher Aufsicht.
  4. Warum schwankt Kortisol im Körper? Der Kortisolspiegel folgt einem natürlichen Tagesrhythmus: Morgens ist er am höchsten, abends am niedrigsten. Einzelne Momentaufnahmen (z. B. aus dem Speichel) geben daher kaum ein vollständiges Bild.
  5. Kann ich meinen Kortisolspiegel selbst beeinflussen? Ja, durch ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und bewusste Entspannung kann man den Körper im Gleichgewicht halten.

Der Kommentar von Jonas, unserem Experten für Neurobiologie:

Ach, Kortisol! Kaum ein Hormon hat so ein Imageproblem. Früher dachten wir, der Feind sitzt im Schokoriegel oder in der Torte vom Kollegen. Heute soll es angeblich das eigene Stresshormon sein, das uns Bauchfett, schlechte Laune und ein Mondgesicht beschert.

Ich sage immer: Der Körper ist nicht unser Feind, sondern ein ziemlich schlauer Verbündeter. Kortisol ist nicht da, um uns das Leben schwer zu machen, sondern um uns das Leben zu retten! Es hilft uns morgens aus dem Bett, bringt Energie in unsere Zellen und sorgt dafür, dass wir im Notfall auch mal vor dem Löwen davonlaufen könnten.

Und mal ehrlich: Wenn wir jeden Abend denken, dass wir schon wieder zu spät gegessen haben, nicht genug Schritte gemacht haben oder zu viel Netflix geschaut haben, dann ist nicht Kortisol das Problem. Sondern unsere ständige Selbstoptimierung.

Statt fragwürdige Speicheltests zu kaufen (die übrigens teurer sind als ein gutes Abendessen mit Freunden), sollten wir öfter mal tief durchatmen, über uns selbst lachen und uns fragen: Wann habe ich zuletzt einfach mal Pause gemacht?

Also: Keine Panik vor Kortisol. Das Hormon darf bleiben. Die Panik darf gehen.

Teilen