
Die Parklücke – Ein Test meiner Geduld
Die Alltagsphilosophie-Kolumne exklusiv bei Minerva VISION:
Denken hilft auch nicht – Alltagsbeobachtungen mit Tiefgang
Es ist Mittwoch. Natürlich. Ich will nur schnell zum Supermarkt. Milch holen. Und dann: Diese Lücke. Zwischen einem SUV mit Allmachtsfantasien und einem Kleinwagen, der aussieht, als hätte er Platzangst.
Ich bleibe stehen. Warnblinker an. Ich schaue. Messe mit den Augen. Es ist eng. Aber nicht unmöglich. Also fahre ich ran. Rückwärts. Lenke. Vor. Zurück. Es ist wie Schach mit mir selbst. Und das Schachbrett ist eine verbeulte Karosserie.
Dann kommt das Publikum. Immer. Zwei Spaziergänger mit Hund bleiben stehen. Der Hund setzt sich. Einer filmt vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich will es auch nicht wissen. Ich konzentriere mich. Ganz. Und dann passiert es. Ich streife fast den Bordstein. Bremse. Fluche. Der Typ hinter mir hupt. Natürlich.
Und da frag ich mich: Warum eigentlich? Warum dieser Stress? Diese Bewertung? Ich parke ein, ich ziehe nicht in den Bundestag! Aber trotzdem – ich fühl mich beobachtet. Und irgendwie auch bewertet. Parkverhalten als Persönlichkeitsdiagnose. Wer rangiert, hat Selbstzweifel. Wer’s in einem Zug schafft, glaubt wahrscheinlich auch an Disziplin als Lebenskonzept.
Ich schaff’s. Nach fünf Korrekturen. Ich steige aus, sehe nochmal nach. Alles gerade. Fast schon symmetrisch. Und trotzdem bleib ich noch kurz stehen. Als müsste ich mir selbst beweisen, dass ich das war. Dass ich es geschafft habe. Trotz allem.
Und weißt du, was das zeigt?
Manchmal reicht ein korrekt geparktes Auto, um kurz das Gefühl zu haben, man hätte alles im Griff.

Unser Kolumnist: Karl von Nebenan
Beruf: Irgendwas mit Verwaltung, aber keiner weiß, was er genau verwaltet, Kolumnist | Wohnt: Im Erdgeschoss – seit 1983 | Besonderheiten: Besitzt sieben verschiedene Thermoskannen | Hält Schweigen für eine Form von Respekt – oder Überlegenheit