Freizeit

Der ist toll, der lässt sich alles gefallen…

Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.


Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.




„Gino ist ein toller Hund, mit dem können die Kinder alles anstellen. Am Fell ziehen, den Schwanz festhalten, Ohren zupfen, sich auf ihn draufschmeißen und DER MACHT GAR NICHTS“, sagte meine Nachbarin Cornelia. Irritiert, mit einem Stirnrunzeln betrachtete ich die Szene.

Während Cornelia seelenruhig ihren Kinderwagen vor sich herschob, ritt ihr Sohn, der vierjährige Torben, auf dem Rücken des armen Rüden. Da Torben aufgrund seines Alters noch nicht sattelfest war, schlang er seine kurzen Ärmchen um Ginos Hals und nahm den Familienhund kurzerhand in den Schwitzkasten.

In seiner sechsjährigen Schwester Freya, hatte sich wohl der Geist einer verstorbenen Domina eingenistet. Sie simulierte stakkatoartig Peitschenhiebe mit der am Halsband befestigten Leine. Begleitend rief sie: „Hühaaaa, schneller Gino“. Magnus, der Älteste, dribbelte mit seinem Fußball nebenher. Wiederholt versuchte er den Ball unter Ginos Bauch durchzuschießen, traf dabei aber leider nur abwechselnd seinen Bruder oder Ginos Hinterteil.

Mein Mitgefühl gehörte Gino, der ununterbrochen beschwichtigte. Weitaufgerissene Augen, Lefzenlecken, eingeklemmter Schwanz, niemand reagierte auf seine Signale. Ohnehin gehörte für mich das Attribut „Der-lässt-sich-alles-gefallen“ in die Kategorie Glücksache und nicht in die Abteilung heroischer Erziehungserfolge.


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Gino gab mir wohl recht. Er sah aus, als würde er in Gedanken einen Asylantrag für ein X-beliebiges Tierheim ausarbeiten.

Cornelia interpretierte die Situation augenscheinlich anders. Sie schlug vor, Finley solle doch auch mitspielen.

Mein Dicker schnaubte laut auf und warf mir einen Seitenblick zu: „Du wirst doch nicht … Danke für das Angebot, aber nein danke!“

Eigentlich umgänglich, ließ ich jegliche Diplomatie beiseite und antwortete: „Das würde ich Finley niemals zumuten.“ Es entstand eine peinliche Pause. Dann sah mich Cornelia an und fragte: „Wie meinst du das?“

Ich atmete ein und sagte: „Gino muss da eine ganze Menge aushalten. Er ist ein toller Hund, weil er sich dieses distanzlose Verhalten deiner Kinder gefallen lässt, ohne sich zur Wehr zu setzen. Das wird nicht ewig gut gehen, irgendjemand wird verletzt werden.“ Cornelia blieb still, also sprach ich einfach weiter.

„Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich mag deine Kinder sehr und finde es toll, wenn sie sich frei entfalten können. Ein Hund in der Familie bedeutet aber nicht nur die Möglichkeit, dass die Menschen sich ausleben. Er möchte respektvoll behandelt werden. Gino sieht strapaziert aus, findest du nicht?“

Cornelia sah versonnen auf ihre Rasselbande. „Vielleicht hast du recht“, sagte sie. Und weiter: „Torben, Schatz, komm da mal runter, das tut dem Gino weh. Nicht so an der Leine reißen, Freya. Magnus, schieß nicht auf unseren Hund!“

Ich war ein wenig erleichtert, denn Cornelia hatte mir meinen Einspruch nicht übelgenommen. Im Gegenteil, nachfolgend hatte sie ihre Kinder quasi an mich abgegeben, natürlich nur wenn es um den Hund ging. Irgendwann wollte sogar Finley mit den Knirpsen spielen. Geht doch!

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.

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