Gesundheit

Polly – Du fehlst mir so sehr!

Mein Leben mit MS:

Hallo und herzlich willkommen bei MS-Voices! Ich bin Irene, und hier dreht sich alles um das Leben mit Multipler Sklerose (MS). Als ich vor einigen Jahren die Diagnose erhielt, hat sich mein Alltag auf den Kopf gestellt – und ich war plötzlich mit unzähligen Fragen, Ängsten und Herausforderungen konfrontiert. In diesem Blog möchte ich meine persönlichen Erfahrungen mit euch teilen und Menschen eine Stimme geben, die unter MS leiden. Wie ist das wirklich, mit MS zu leben? Wie verändert es den Alltag, die Beziehungen und die Zukunftsplanung? Hier gibt es ehrliche Einblicke, praktische Tipps und die ein oder andere Anekdote aus meinem Leben – direkt aus dem Herzen einer Betroffenen.

Frust über MS-Spastiken: Eine persönliche Erfahrung

Eigentlich wollte ich mir meinen Frust über die vielen schmerzhaften Spastiken in der letzten Woche von der Seele schreiben. Besonders diese richtig fiesen „MS-Hugs im Bereich meines Brustkorbs und gegen die man eigentlich nicht wirklich was tun kann, außer abzuwarten, dass sie später wieder von alleine verschwinden. Aber diesen Frust schiebe ich jetzt erstmal zur Seite.

Einrichtungsdetails für das Schreiben: Mein Balkon als Rückzugsort

Ich habe mich gerade auf meinem Balkon eingerichtet: Sonnenschirm aufgespannt, die Beine auf dem Höckerchen abgelegt; auf meinem Schoß mein Laptopkissen (also eher mein Tablet-Halter) samt Tablet, eine externe Tastatur und eine kleine Maus. Irgendwie geht es mit der externen Tastatur leichter.

Der Kampf mit der Feinmotorik: Herausforderungen nach dem Schub

Theoretisch schreibe ich eigentlich lieber mit der Hand. Durch meine Schrift bekommt der jeweilige Text ein eigenes Gesicht, er zeigt dann ein bisschen was von meinem Charakter; von mir. Aber seit dem ersten, wirklich heftigen Schub, bei dem sich mein Körper komplett gegen mich verschworen hat, habe ich Schwierigkeiten mit der Feinmotorik meiner rechten Hand. Das wirkt sich natürlich auch auf mein Schriftbild aus und auch auf die Dauer, in die ich einen Stift führen kann. Vor kurzem bin ich aber regelrecht „eskaliert“ 😉.

Briefe an Jens: Die Bedeutung schriftlicher Kommunikation

Jens war aufgrund seiner PTBS in einer Reha-Maßnahme. Und wir haben uns tatsächlich Briefe geschrieben. Und ehrlich gesagt kann eine WhatsApp-Nachricht niemals das Gefühl widerspiegeln, das man hat, wenn man einen Brief des geliebten Menschen im Briefkasten vorfindet, ihn stilgemäß mit einem Brieföffner öffnet, das Papier glatt streicht, die geliebte Handschrift sieht und dann, mit einem Lächeln im Gesicht, anfängt zu lesen. Naja, immerhin habe ich es irgendwie geschafft, seitenlange Briefe an Jens zu schreiben. Feinstes Büttenpapier, das ich noch von meinem Papa habe.

Die Herausforderungen des Schreibens: Schmerzen und Lösungen

Ich hatte so viele Gedanken im Kopf und wollte Jens auch immer so viel erzählen, dass es tatsächlich durchschnittlich vier eng beschriebene Seiten geworden sind, die ich dann, stilvoll verschlossen mit einem entsprechenden Wachssiegel, auf den Weg zu ihm in die Klinik geschickt habe. Und ebenso habe ich seine Briefe an mich aus dem Briefkasten geholt; mit stilechtem Wachssiegel.
Aber ich will auch nicht verhehlen, dass meine rechte Hand dieses viele Schreiben gar nicht gut fand. Wenn die Finger sich nicht während des Schreibens verkrampft hatten, dann haben sie das spätestens anschließend getan; oder abends, wenn mein Körper zur Ruhe gekommen ist. Und das tat wirklich weh.

Erste Hilfe bei Spastiken: Kühlendes Gel und Medikamente

In diesen Fällen habe ich ein spezielles, kühlendes „Freeze“-Gel von meinem ehemaligen Physiotherapeuten empfohlen bekommen. Ich massiere es ein, aber je nach Schwere der Verkrampfung, komme ich nicht umhin, eine zusätzliche Baclofen-Tablette zu nehmen. Vor einigen Jahren hatte ich Sativex, ein Cannabis-Spray, für solche Fälle. Und ehrlich gesagt hat das auch immer zuverlässig geholfen. Allerdings haben sich nach einiger Zeit schwere nächtliche Albträume entwickelt, weswegen ich es abgesetzt habe.

Ein Aha-Erlebnis: Vergessen des Frusts durch positive Gedanken

Und jetzt gerade, in diesem Moment, habe ich ein „Aha“-Erlebnis. Ich habe nämlich, über das Schreiben gerade, vergessen, dass ich eigentlich Frust schiebe über meine ganzen Spastiken. Aber um die will ich mich auch gerade gar nicht kümmern. Ich will mich viel lieber mit dem oder den schönen Gedanken beschäftigen, die ich seit heute morgen im Kopf habe: Meine Polly…

Polly: Die treue Begleiterin in schwierigen Zeiten

Polly war mein „Mädchen“. Eine Deutsche Langhaarschäferhündin, die genauso viele Flausen im Kopf hatte, wie ihr Fell lang war. Und sie hatte wirklich langes und vor allem sehr viel Fell! Wir hatten eine ganz besondere Beziehung zueinander, die enger nicht sein konnte.

Die emotionale Verbindung: Polly und meine Diagnose

Sie hat es damals wohl gespürt, dass etwas nicht in Ordnung war, als ich, vollgepumpt mit Kortison, direkt nach der Diagnose aus dem Krankenhaus kam. Ab diesem Zeitpunkt war sie total auf mich fixiert und mein Ex-Mann hat keinen Fuß mehr zwischen uns beide bekommen. Heute kann ich ja zugeben, dass ich das richtig gut fand, dass sie nicht mehr auf ihn gehört hat, sondern nur noch auf mich.

Lustige Erinnerungen: Polly bringt Freude in den Alltag

Polly hat mich ja immer schon zum Lachen gebracht; auch vor der Diagnose. Sei es, wenn sie sich wieder mal Futterkarotten aus den großen Säcken für die Pferde geklaut hat; Pferdeäpfel gegen Tennisbälle ausgetauscht und mal wieder eine Schlammpfütze mit einem Wassernapf verwechselt hat, in den sie sich unbedingt reinlegen musste (okay, das war dann nicht so ganz lustig), wenn sie mal wieder meine Schuhe in der ganzen Bude verteilt hatte (sie hat sie nie kaputt gemacht – nur angesabbert), wenn sie verbotenerweise in mein Bett gesprungen ist und sich ganz klein gemacht und so getan hat, als würde sie schlafen (nach dem Motto „Seh ich dich nicht, siehst du mich nicht.“); ach es war so viel, mit dem sie mir so irre viel Freude gemacht hat.

Gemeinsame Anfänge: Umzug nach Mönchengladbach

Und als wir beide dann nach Mönchengladbach gezogen sind und hier gemeinsam neu angefangen haben, war sie das Lebewesen, das am engsten an mir dran war. Nicht nur physisch. Ich habe ihr alles anvertraut; meine tiefsten Gedanken, meine Freude über schöne Dinge, die passiert sind, aber auch meine schwärzesten Gedanken. Sie wusste oft schon vor mir, wie es mir wirklich geht.

Kuschelmomente: Pollys besondere Fürsorge

Sie hat mir dann, nacheinander, ihre ganzen Kuscheltiere aus ihrem Korb geholt, mir gezeigt. Ich musste die dann bewundern und sie ist dann angetrabt und hat das nächste Kuscheltier geholt. Das ging manchmal 15 Minuten lang, bis ich dann gesagt habe: „Es ist gut, Polly, dein Frauchen ist wieder okay. Dann ist sie abgezogen und hat sich auf Beobachtungsposten in ihren Korb gelegt.

Erinnerungen und Dankbarkeit: Pollys positive Wirkung

An all das musste ich heute früh denken. Wie gut sie mir getan hat, welche Stütze sie mir in gut sieben Jahren meiner Diagnose war. Welche Freude sie mir gemacht und welch schöne Erinnerungen sie mir hinterlassen hat.
Polly ist zehn Jahre und drei Monate alt geworden. Sie macht jetzt anderswo Unfug. Sie ist schon seit sieben Jahren nicht mehr an meiner Seite. Und, für einige mag das unfassbar sein, sie fehlt mir immer noch sehr!

Der Wunsch nach einem neuen Hund: Ein Dackel als Begleiter

Nach all den Jahren hätte ich gerne wieder einen Hund. Keinen Schäferhund mehr. Einen Dackel. So ein kleiner, sturer Dickkopf. Rauhhaar. Die sehen so rotzig frech aus. Aber ich kann es mir schlicht und ergreifend, mit meiner Erwerbsminderungsrente, nicht leisten, für andere Tierarztkosten aufzukommen, als für die üblichen Impfungen und Kontrollen.

Betreuung und Verantwortung: Überlegungen zu einem neuen Haustier

Die Betreuung wäre sicher kein Thema. „Julchen“, so würde sie heißen, dürfte sicher mit in den Verlag kommen, wenn ich Dienst habe und sie müsste nicht alleine sein. Aber was, wenn ich wieder einen Schub bekomme? Anschlussheilbehandlung? Reha? Da kommen schnell ein paar Wochen zusammen. Wo oder bei wem könnte ich sie unterbringen?

Körperliche Einschränkungen: Die Herausforderungen für Hundebesitzer mit MS

Werde ich körperlich in der Lage sein, mich um sie zu kümmern? Lange Spaziergänge? Treffen mit vierbeinigen Kumpels auf irgendeiner Spielwiese? Könnte ich ihr das zumuten, sie mit in Bus und Zug zu nehmen, auf die ich nun mal angewiesen bin? Das wäre ihr gegenüber doch nicht fair! Ja, ich hätte gerne wieder eine vierbeinige Freundin. Und Achtung, jetzt kommt das große Aber.

Verantwortung für das Tierwohl: Ethische Überlegungen

Ich darf hier nicht nur an mich denken! Und auch, wenn Tiere eine durchaus therapeutische „Funktion“ haben und Menschen mit den verschiedensten Erkrankungen gut tun. Der „Eigennutz“, einem Tier ein Zuhause zu geben, weil es einem gut tut, darf NIEMALS über dem Wohl des Tieres stehen. Die Versorgung des Tieres, das Beschäftigen mit dem Tier und die finanziellen Mittel müssen immer gegeben sein!

Ehrenamtliches Engagement im Tierschutz: Eine Möglichkeit für MS-Betroffene

Vielleicht erkundige ich mich mal, wo hier in Mönchengladbach das Tierheim ist, und ob ich es gut mit dem Bus erreichen kann. Vielleicht gehe ich einfach mal hin.  Nein, nicht um einen Vierbeiner zu adoptieren. Aber vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, die ein oder andere Gassi-Runde zu drehen. Ich weiß, dass man, aus Versicherungsgründen, dazu Mitglied des jeweiligen Tierschutzvereins werden muss. Aber dieses Geld gebe ich gerne aus. Allerdings glaube ich, dass es ein großes Problem für mich werden wird, keine Bindung zu dem entsprechenden Gassi-Partner aufzubauen. Naja, mal sehen. Ich muss mir das alles gut durch den Kopf gehen lassen.

Und wer weiß? Wenn mein Jens auch in ein paar Jahren in Rente ist. Vielleicht ja dann?

Wie ist es mit euch? Welcher tierische Freund ist an eurer Seite? Und wie schafft er es, euch zu unterstützen?

Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, diesen Beitrag zu lesen! Ich hoffe, dass meine Erfahrungen dir ein Stück Klarheit oder Ermutigung schenken konnten. Als ich die Diagnose MS bekam, fühlte ich mich oft allein und überfordert. Genau deshalb habe ich ein Buch geschrieben, das ich selbst damals so dringend gebraucht hätte. „Spring, damit du fliegen kannst.: Ein Selbsthilfe-Ratgeber für MS-Erkrankte und ihre Angehörigen.“ Es ist bei Minerva-Vision erschienen. Wenn du Interesse hast, schau es dir gerne an – vielleicht ist es genau das, was auch dir weiterhelfen kann. Oder hör dir meinen Podcast „MS-Voices“ an. Bis zum nächsten Mal!

Du hast auch MS und möchtest mit mir in meinem Podcast darüber sprechen? Dann schreib mir eine Mail an: redaktion@minerva-vision.de.


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