Mehr Freude am Leben
Es gibt eine einfache Methode, den Kick des ersten Mals zu erhalten.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie es war, als meine Tochter zum ersten Mal in ihrem Leben Schokolade aß. Das Kind aß mit gerunzelter Stirn. Irgendwie konzentriert. Und dann? Griff sie mit beiden Händen in die Schüssel und stopfte. Ich kann es nicht anders beschreiben. Ich hätte es filmen sollen. Aber auch so hat sich die Situation bis heute in meine Netzhaut eingebrannt. Und heute? Lockt sie eher eine Tüte Nachos mit Käsesauce. Woran liegt es, dass wir die Begeisterung für etwas verlieren, das uns früher regelrecht umgehauen hat?
Damit meine ich nicht nur Schokolade, das Lieblingsessen oder den Lieblingsfilm. Denn seien wir ehrlich: Auch die Begeisterung für den Partner lässt schnell nach, sobald der erste Rausch verflogen ist. Warum ist das so? Warum ist das erste Mal immer WOW – und alles, was danach kommt, eher grau? Und kann ich dieses Gefühl behalten? Mit dieser Frage bist du nicht allein. Viele Menschen sehnen sich nach dem Gefühl des ersten Mals. Die Begeisterung, die einen überwältigt. Und sie sind enttäuscht, wenn sich dieses Erlebnis nicht wiederholt. Manche ziehen dann rastlos weiter, lassen sich von einem Extrem ins nächste treiben. Was aber, wenn es eine ganz einfache Lösung gäbe, diese Freude wieder aufleben zu lassen? Die gibt es, wissen Ed O’Brien von der University of Chicago und Robert W. Smith von der Ohio State University. Wir steigern unser Glück, indem wir Vertrautes auf ungewohnte Weise erleben. Das Geheimnis: kleine Veränderungen im Alltag.
Die Kraft einer neuen Perspektive
Eine Reihe von Experimenten hat gezeigt, dass wir die Freude an vertrauten Dingen neu entfachen können, indem wir sie auf unkonventionelle Weise konsumieren. Ist das wirklich so einfach? Im ersten Experiment wurden Popcorn-Liebhaber gebeten, ihr Popcorn nicht mit den Händen, sondern mit Stäbchen zu essen. Der Genuss schoss in die Höhe. „Wenn man Popcorn mit Stäbchen isst, achtet man mehr darauf und ist mehr in das Erlebnis vertieft“, sagt Robert Smith, Mitautor der Studie und Assistenzprofessor für Marketing am Fisher College of Business der Ohio State University. „Es ist, als ob man zum ersten Mal Popcorn isst.“ Das zweite Experiment gab ihm recht. 300 Teilnehmer tranken Wasser – aber auf ungewöhnliche Weise. Ein Teil bekam es in einem Martini-Glas serviert, andere, ganz ungewöhnlich, in einem Briefumschlag. Alle genossen das Wasser intensiver als beim normalen Trinken. Und auch das Anschauen eines Films konnte wieder spannend werden, wenn er auf einem anderen Gerät abgespielt wurde.
Der Schlüssel zum intensiven Erlebnis
Warum funktioniert das? Wir überlisten die Routinen unseres Gehirns! Wenn wir Dinge auf ungewohnte Weise erleben, fühlen wir uns wieder wie beim ersten Mal. Diese Methode lädt uns ein, den Moment bewusst und intensiv zu erleben. Der Genuss steigt, weil wir uns mehr auf das Erlebnis konzentrieren und weniger in Routinen gefangen sind. Dieses Phänomen könnte auch die Beliebtheit von „Dinner in the dark“-Restaurants erklären, in denen die Gäste im Dunkeln speisen. „Es ist nicht unbedingt die Dunkelheit, die die Menschen das Essen mehr genießen lässt, sondern die Tatsache, dass es ungewöhnlich ist, im Dunkeln zu essen“, sagt Smith. Versuch doch mal, dein nächstes Abendessen mit Stäbchen zu essen, auch wenn es nicht asiatisch ist. Du wirst merken, dass du langsamer isst und mehr auf den Geschmack und die Textur der Speisen achtest. Diese kleine Änderung kann den Genuss des Essens erheblich steigern.
Zum Beispiel: Neue Perspektive beim Fernsehen Statt deinen Lieblingsfilm auf dem gewohnten Fernseher zu sehen, probiere ihn doch einmal auf einem Tablet oder sogar mit einem Projektor an der Wand aus. Diese neue Perspektive kann das Seherlebnis auffrischen und dir das Gefühl geben, den Film zum ersten Mal zu sehen. Und frischen Wind in deine Beziehung bringst du, indem du Routinen durchbrichst und Gewohntes anders machst.
Die Wirkung der Zeit
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Effekte besonders stark sind, wenn du die unkonventionellen Methoden zum ersten Mal anwendest. Mit der Zeit kann auch hier eine Gewöhnung eintreten, aber die Möglichkeit, den Spaß durch neue Wege immer wieder neu zu entfachen, bleibt bestehen.
Unkonventionelle Methoden, die nicht funktionieren
Es ist auch wichtig zu wissen, dass nicht jede unkonventionelle Methode funktioniert. Wenn die neue Methode zu sehr vom eigentlichen Erlebnis ablenkt, kann der gewünschte Effekt ausbleiben. Zum Beispiel kann das Essen mit einer Gabel, die viel zu groß oder viel zu klein ist, eher stören als den Genuss steigern. Wir brauchen also Veränderung – aber auch nicht zu viel. Das hat das letzte Experiment gezeigt. Die Teilnehmer sahen sich einen Film an. Beim dritten Mal sahen einige den Film auf dem Kopf, andere wurden gebeten, ihre Finger zu Kreisen zu formen und durch diese „Handbrille“ zu schauen. Letzteren gefiel der Film besser, weil sie dadurch aufmerksamer waren und tiefer in den Film eintauchten. Anders war es bei denen, die den Film auf dem Kopf stehend sahen. Sie waren einfach genervt, weil die Veränderung zu groß war.
Fazit: Kleine Veränderungen, große Wirkung
Bevor du also das nächste Mal merkst, dass dir die Lust vergeht, denk daran: Oft reicht es schon, Vertrautes auf eine etwas andere Art und Weise zu erleben, um das alte Glücksgefühl wiederzuerlangen. Mit kleinen Veränderungen kannst du deine alltäglichen Erlebnisse auffrischen und wieder mehr Freude daran finden. Probiere es aus und entdecke, wie einfach es sein kann, glücklich zu sein!
Du siehst, es braucht nicht viel, um das Glück im Alltag wiederzufinden. Manchmal braucht es nur einen neuen Blickwinkel, um alte Freuden wieder aufleben zu lassen. Und: man kann diese Erkenntnis auch nutzen, um Laster weniger attraktiv werden zu lassen. Wie Süßigkeiten. Meiner Tochter konnte ich seit diesem Kindergeburtstag die Süßigkeiten nicht mehr verwehren. Ich tat etwas, was die wenigsten verstanden. Auf dem Wohnzimmertisch stand ein Tablett voller Süßigkeiten und sie konnte sich frei bedienen. Das Kind aß fast nur noch Nougatcreme, Schokolade und Bonbons. Das dauerte ungefähr zwei Wochen lang. Ich wurde schon unruhig und mein Mann wollte den Kinderarzt konsultieren. Heute bin ich froh, dass wir das nicht gemacht haben. Denn ihr Süßhunger war tatsächlich irgendwann derart gestillt und regulierte sich auf ein normales Maß. Dadurch, dass etwas ständig verfügbar ist, ist es einfach nicht mehr so spannend. Wenn andere Kinder zu Besuch kamen, musste ich das Tablett allerdings wegräumen – es war zu verlockend. Also: nutzt die Möglichkeiten, Dinge für euch attraktiv zu machen – oder unattraktiv. Zu eurem Wohl!