Die unglaublichen Fähigkeiten der Hundenase
Wie erkennen Hunde selbst minimalste Geruchsspuren? Was war der beeindruckendste Einsatz einer seiner Hunde? Und warum bleibt die Hundenase trotz aller Technik das beste Detektionsinstrument? Martin Weitkamp teilt faszinierende Geschichten aus dem echten Leben und erklärt, warum Vertrauen in den Hund oft Leben rettet.
Martin, kannst du ein Beispiel nennen, was das Beeindruckendste war, das ein von dir ausgebildeter Hund je geleistet hat?
Martin Weitkamp: Da gibt es mehrere Beispiele – wo fange ich an? Eine Geschichte, die mir besonders im Kopf geblieben ist, handelt von einer Hollandse Herder-Hündin, die für die US Army arbeitete. Während ihrer Prüfung musste sie unter anderem einen Parkplatz mit mehreren Autos absuchen. Ihr Hundeführer war sichtlich nervös, lief immer wieder um dasselbe Auto herum und verrannte sich total.
Der Hund hat das eine Weile mitgemacht, dann aber entschieden: Jetzt reicht’s. Er zog seinen Hundeführer an der Leine weiter, ging direkt zu einem anderen Auto, setzte sich davor – und das war die richtige Stelle. Der Hund hatte also nicht nur hervorragend gearbeitet, sondern auch die Situation selbst gelöst, als der Mensch nicht weiterkam.
Wahnsinn!
Martin Weitkamp: Ja. Ein anderes Beispiel war in Bosnien. Dort hatten wir manchmal das Problem, dass Anwohner nachts wieder Sachen auf die freigeräumten Flächen geworfen haben. Ein Hundeführer ging mit seinem Hund auf eine solche Fläche – doch anstatt im vorgesehenen Suchbereich zu bleiben, lief der Hund plötzlich seitlich in die Büsche, setzte sich hin und zeigte an. Der Hundeführer war skeptisch, schließlich sollte das Gebiet ja bereits sicher sein.
Er ging trotzdem vorsichtig nachsehen – und tatsächlich lag dort eine scharfe Personalmine. Der Hund hatte also instinktiv richtig gehandelt und das Leben seines Hundeführers geschützt.
Unglaublich.
Martin Weitkamp: Ja, oder ein anderes Beispiel: Wir haben einmal an der Grenze zwischen Bosnien und Kroatien mit Sprengstoffhunden gearbeitet. Ein Hund zeigte ein Auto an, ein zweiter Hund wurde zur Bestätigung hinzugezogen – und auch er zeigte dasselbe Auto an. Die Grenzbeamten zogen das Fahrzeug raus und zerlegten es komplett – fanden aber nichts. Zunächst dachte man, es sei ein Fehlalarm. Doch nach längeren Befragungen stellte sich heraus, dass unter einem der Sitze tatsächlich Handgranaten gelegen hatten, die später entsorgt worden waren.
Obwohl das Fahrzeug leer war, hatte der Hund die verbliebene Geruchsspur zuverlässig erkannt.
Unglaublich, was die Hundenase alles kann!
Martin Weitkamp: Ja, und bis heute wissen wir nicht genau, wie viel Hunde wirklich wahrnehmen können. Ich habe mal einen kleinen Cocker Spaniel aus einem Auslandseinsatz nach Hause geholt und ihn umtrainiert, damit er für die Lebensmittelindustrie bestimmte Stoffe erschnüffelt.
Das Experiment wurde wissenschaftlich begleitet: Man gab ihm Proben, die nach Orange, Walnuss oder Himbeere rochen – aber mit winzigen Mengen eines bestimmten Zielstoffs verunreinigt waren. Der Hund war in der Lage, diesen Stoff in einer Konzentration von nur 75 ppt (Parts per Trillion) herauszufiltern!
Das zeigt, wie unfassbar präzise Hunde Gerüche separieren können. Während wir z. B. nur Erbsensuppe riechen, kann ein Hund jeden einzelnen Bestandteil darin wahrnehmen.
Wahnsinn! Und trotz aller technischen Entwicklungen bleibt die Hundenase das zuverlässigste Suchinstrument?
Martin Weitkamp: Ja, tatsächlich. Es gibt immer wieder Versuche, Detektionsgeräte zu entwickeln, aber am Ende ist die Hundenase unschlagbar.
Ich erinnere mich an Fälle, in denen technische Sensoren nichts angezeigt haben, aber der Hund darauf bestanden hat, dass etwas da ist – und er hatte recht. Die Hundeausbildung ist zwar aufwendig, aber wenn alles stimmt, sind sie unverzichtbar.
Das, was du machst, ist ja die absolute Königsklasse der Hundeausbildung. Du hast darüber auch ein Buch geschrieben: Im Schatten der Gefahr.
Martin Weitkamp: Ja, genau.