Leben

Der Beginn einer wundervollen Feindschaft

Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.


Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.

Finleys Verhältnis zu seinem Nachbarn Caruso gleicht dem Ablauf einer italienischen Oper.

Es treffen zwei stimmgewaltige Tenöre aufeinander. Jeder der beiden hält sich für den Star auf der Bühne. Sie hauen sich gegenseitig ein paar Koloraturen um die Ohren, so dass es rauscht im Blätterwald. Dann gibt es, auf unübersichtlichem Gelände, ein paar undurchsichtige, dramatische Verwicklungen und am Ende stirbt jemand. Naja, also fast.

Caruso wohnt, juhuuu, wie überaus praktisch, bei uns in der Straße und ist ein Großer Schweizer Sennenhund. Das bedeutet, stramme 70 Zentimeter Widerrist, gefühlte 60 Kilogramm Muskelmasse und sein Schädel hat das Ausmaß einer mittelgroßen Abrissbirne. 

Schon als die Zwei sich zum ersten Mal sahen, war es Feindschaft auf den ersten Blick, leidenschaftlich und kompromisslos. Die Ouvertüre, bitte Applaus, es fängt an. Caruso, wie immer unangeleint,  geht drohend in gebückter Haltung auf Finley zu. Er beginnt mit der Eröffnungsarie, sie heißt: „Verzieheee Dich, du Wihihiicht…“

Die Baumwipfel spielen derweil Finleys Intro. Der baut sich kastig auf, so ein Resonanzboden braucht schließlich etwas mehr Volumen. Dann intoniert mein Bariton seinen Solopart. Die Arie heißt, „Komm herrrrr, Du Spinnerrr“.  Carusos Frauchen haucht ein freundliches „Caaaruuusooo“ durch den Mantelkragen in den Orbit. Caruso denkt, „Ruhe im Souffleusenkasten“ und geht weiterhin drohend in gebückter Haltung auf Finley zu.


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Auftritt für die Komparserie. Ich schreite ein, mein Herz klopft wild in meiner Brust. „Geh weiter“, flöte ich meinem Bariton entgegen, er trottet widerwillig los. Dann stelle ich mich Caruso in den Weg. Das Herz rutscht mir in die Hose. Trotzdem schmettere ich ein, „NEIN. DU. BLEIBST.“, in den Wald. Caruso channelt seine Abneigung und improvisiert. Er trottet nun in gebückter Haltung drohend auf mich zu und begleitet L´Opera mit einem tiefen Grollen. Ich bewundere still seine tadellos gepflegten Reißzähne.

Carusos Frauchen erwacht aus dem künstlichen Koma und schmeißt sich todesmutig auf ihren 60-Kilo-Brocken, tüddelt irgendwie die Leine um seinen baumstammdicken Hals und zerrt, den geifernden, sich sträubenden Caruso, den Chorus „Der wollte doch nur spielen“ singend, hinter sich her. Dieser Satz wird später aus dem Skript gestrichen.

Ich atme tief durch. Finley guckt etwas enttäuscht, das Finale hätte aus seiner Sicht gern etwas mehr Schmiss haben können, und wenn ich ehrlich bin, ich hätte Carusos Frauchen auch gerne mal die Flötentöne beigebracht. Aber ein Blick auf seine Schaufelbagger ähnlichen Kiefer, erstickten solche Impulse im Ansatz. Ende erster Akt, Vorhang.

In zehn Jahren Ensemble-Zugehörigkeit, haben die zwei Hauptakteure ihre Star-Rollen verteidigt. Es gab natürlich einen zweiten und dritten Akt und einen vierten, fünften und … man wird noch davon hören.

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.

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