Liebe

Beziehungskrise? Warum wir alle falsch streiten – und wie es richtig geht

Wenn aus Gesprächen Schlachtfelder werden

Oder: Wie aus „Bringst du den Müll raus?“ ein Beziehungskrimi wird

von Friederike Sommer

Letzte Woche saß ich mit meiner Freundin Lisa beim Kaffee. Cappuccino, Zimtschnecke, Sonne – eigentlich der perfekte Rahmen für eine kleine Eskapade ins Reich der Urlaubspläne. Sardinien oder Sylt, Boutique-Hotel oder Biwakieren – wir wollten träumen. Stattdessen landeten wir – wie so oft – mitten im Abgrund unseres Alltags. Und der sieht nun mal weniger nach Postkartenidylle aus und mehr nach Paartherapie light.

„Wir reden ständig aneinander vorbei“, seufzte Lisa und rührte ihr Hafermilchschaumherzchen in Grund und Boden. „Und am Ende sind wir beide beleidigt. Aber keiner weiß mehr so genau, warum.“

Ich nickte. Natürlich nickte ich. Ich bin nämlich auch so eine. Eine von denen, die mit der Stimme nach oben gehen, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Eine, die „Könntest du bitte den Müll rausbringen?“ sagt – und innerlich denkt: Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du wissen, dass ich das nicht zum ersten Mal sage!

Kennst du das?

Niemand hat uns beigebracht, wie man ordentlich streitet

Und zwar so, dass nicht jedes Mal das emotionale Porzellan zerdeppert wird. Stattdessen benehmen wir uns wie in einem schlechten Krimi: laut, dramatisch, mit Rückblenden und absurden Dialogen.

Dabei ist Streit eigentlich nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Er zeigt, dass uns etwas wichtig ist. Nur leider benehmen wir uns im Streit nicht wie kluge Erwachsene, sondern wie Kinder auf einem zuckrigen Geburtstagshoch.


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Fehler Nummer eins: Du suchst einen Schuldigen, keine Lösung

Ich erinnere mich an einen Streit mit meinem Freund. Es ging um den Geschirrspüler. Mal wieder. Der war nicht leer, aber auch nicht voll genug, um ihn anzustellen. Klassischer Schwebezustand der Beziehungspflege. Ich sagte: „Warum lässt du das alles einfach so stehen?“ Er sagte: „Du tust ja gerade so, als würde ich nie was machen!“ Und zack – Tür zu. Streit an. Vorhang auf.

Was da passiert, ist gar nicht so rätselhaft. Unser Gehirn denkt: Angriff! Und schickt uns Adrenalin, Cortisol und das Gefühl, dass wir dringend sofort Recht haben müssen.

Die Lösung: Ich statt Du

Seitdem versuche ich (mit wechselndem Erfolg), meine Vorwürfe in Wünsche zu verwandeln. Statt: „Du hilfst nie“ sage ich: „Ich fühle mich alleingelassen mit dem ganzen Kram.“ Klingt lahm? Vielleicht. Aber es funktioniert. Denn „Ich“-Botschaften sagen: Ich zeige dir, wie ich mich fühle – statt dir zu sagen, was mit dir nicht stimmt. Und das ist nicht nur Beziehungspflege, sondern emotionale Selbstverteidigung mit Stil.

Emotional intelligent? Oder nur zu müde zum Streiten?

Ich übe also. Mich selbst zu beobachten, nicht gleich auszurasten, und den Satz „Ich habe das Gefühl, nicht gehört zu werden“ so oft zu sagen, bis er sich nicht mehr nach Therapeutenbroschüre anhört, sondern nach mir. Denn das ist das Ziel: nicht, Konflikte zu vermeiden. Sondern sie zu überleben. Und ohne dass danach einer auf dem Sofa schlafen muss.

Der Selbstversuch: Kleiner Satz, große Wirkung

Probiere es mal. Beim nächsten Streit. Statt: „Du bist immer so chaotisch!“ sag: „Ich brauche Ordnung, damit ich mich entspannen kann.“ Ja, klingt nach Wochenendseminar. Aber weißt du was? Es ist besser, ein bisschen albern zu klingen, als wieder drei Tage Funkstille und passiv-aggressives Spülmaschinenschach zu spielen.

Morgen in Teil 2: Warum wir alle zu schnell persönlich werden – und wie du sachlich bleibst, auch wenn die Emotionen hochkochen.

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