Psychologie

Wenn Liebe zur Pflege wird – wer kümmert sich dann um dich?


Warum pflegende Angehörige mehr verdienen als Applaus – und wie ein neues Projekt helfen will

Kennst du das?
Du willst einfach nur da sein für jemanden, den du liebst.
Du willst helfen, Halt geben, durchhalten.
Und irgendwann merkst du: Du bist selbst am Limit.

So geht es vielen Menschen, die zu Hause jemanden mit Demenz pflegen. Sie machen das aus Liebe, Verantwortung – und oft ganz ohne Pause. Ohne Ausbildung, ohne Entlastung, ohne Anerkennung. Und dabei tragen sie einen Rucksack, der oft schwerer ist, als man ihnen ansieht.


84 Prozent der Menschen mit Demenz leben zu Hause.

Und wer kümmert sich um die, die sich kümmern?

Ein neues Projekt mit dem Namen iDEM-Support will genau hier ansetzen: Es wurde von der Ruhr-Universität Bochum gestartet, unter der Leitung von Prof. Dr. Ina Otte.
Die Idee: Pflegende Angehörige stärken. Wissen vermitteln. Belastung verringern. Und das ganz konkret.

Amelie Meibeck aus dem Projektteam bringt es auf den Punkt:

„Unser Ziel ist es, pflegende Zugehörige zu empowern – damit sie nicht nur durchhalten, sondern auch wieder durchatmen können.“


Zwischen Liebe, Überforderung – und der Steuererklärung

Wenn du schon mal jemanden gepflegt hast, weißt du:
Es ist nicht nur das Waschen, Erinnern, Trösten.
Es ist auch das Organisieren, Dokumentieren, Diskutieren mit der Krankenkasse.
Und all das oft mit zu wenig Zeit, zu wenig Geld – und zu wenig Schlaf.

Pflegende Angehörige haben ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angstzustände, Bluthochdruck oder Verdauungsprobleme. Nicht, weil sie schwach sind. Sondern weil sie zu lange stark sein müssen.


Digitale Hilfe, die wirklich hilft

iDEM-Support greift auf ein digitales Programm zurück, das von der Weltgesundheitsorganisation WHO entwickelt wurde: iSupport.
Es bietet praktische Schulungen, Wissen zur Demenz, Selbstfürsorge und Austausch. Das Besondere: Das Projektteam passt das Programm jetzt erstmals auf den deutschen Pflegealltag an – mit allem, was dazugehört.

Und es kommt noch besser:

„Wir erweitern die Plattform um einen digitalen Treffpunkt“, sagt Ina Otte, „damit pflegende Angehörige miteinander sprechen können – direkt, ehrlich, ohne Tabus.“

Denn manchmal hilft kein Ratgeber so sehr wie der Satz:
„Ich kenne das. Mir geht’s genauso.“


Weitere Themen:


Wer mitreden will, ist willkommen

Damit das Angebot wirklich passt, sucht das Team jetzt 25 pflegende Angehörige für Interviews – und später 140 Menschen, die das Programm testen. Wenn du also jemanden pflegst oder jemanden kennst, der das tut: Sag’s weiter.

Du kannst dich ganz unkompliziert bei Amelie Meibeck melden:
📞 +49 234 32 17798
📧 amelie.meibeck@ruhr-uni-bochum.de


Und das Wichtigste zum Schluss:

Wenn du pflegst, bist du nicht „nur“ Angehöriger.
Du bist Krisenmanager
in, Seelsorgerin, Gedächtnisstütze, Mutmacherin.
Aber du bist auch: ein Mensch mit eigenen Grenzen.

Du hast nicht nur ein großes Herz – du brauchst auch selbst Fürsorge.
Und genau deshalb ist es Zeit, dass wir die stillen Held*innen im Hintergrund sichtbarer machen, stärken und entlasten.

Denn wer andere trägt, darf selbst nicht fallen.

Oder wie ich’s sagen würde:
Pflege ist Liebe. Aber Liebe braucht Luft.


Hier schreibt Jonas Weber vom Minerva-Vision-Team. Mit einer Mischung aus fundierter Forschung und einer Portion Humor vermittelt er komplexe Themen verständlich und unterhaltsam.Wenn er nicht gerade über die neuesten Erkenntnisse aus der Gehirnforschung schreibt, findet man ihn bei einem guten Espresso, auf der Suche nach dem perfekten Wortspiel oder beim Diskutieren über die großen Fragen des Lebens – zum Beispiel, warum man sich an peinliche Momente von vor zehn Jahren noch glasklar erinnert, aber nicht daran, wo man den Autoschlüssel hingelegt hat.


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