
Über den inneren Schweinehund siegen: So überwindest du die Schwimmbad-Hemmschwelle
Von Julia Klimt
Du weißt genau, dass Schwimmen gut für dich wäre. Du hast schon hundertmal gehört, wie entspannend und gesund es ist. Und trotzdem bleibst du zu Hause, anstatt ins Schwimmbad zu gehen. Falls du dich jetzt ertappt fühlst – keine Sorge, du bist nicht allein. Die meisten von uns kämpfen mit genau diesem Problem. Aber warum tun wir uns so schwer mit etwas, das uns so guttut?
Der wahre Grund, warum du nicht schwimmen gehst
Seien wir ehrlich: Schwimmen ist nicht wie Yoga im Wohnzimmer oder Joggen vor der Haustür. Es ist immer mit einem gewissen Aufwand verbunden. Du musst ins Schwimmbad fahren, dich aus- und umziehen, duschen, wieder anziehen – und das alles macht es deinem inneren Schweinehund leicht, dich von diesem Vorhaben abzubringen.
Aber da steckt noch mehr dahinter. Für viele von uns ist das Schwimmbad eine echte Prüfung für unser Selbstvertrauen und unser Schamgefühl. Wer hat schon Lust, sich in Badekleidung vor anderen zu zeigen, wenn man sich nicht hundertprozentig wohlfühlt in seiner Haut?
Das fremde Element als psychologische Hürde
Es gibt noch einen tieferen Grund für deine Zurückhaltung: Beim Schwimmen verlassen wir unsere gewohnten Elemente Luft und Erde und begeben uns in eines, das evolutionär gesehen für unsere Psyche eine Hemmschwelle bedeutet. Denn zu viel Wasser kann uns gefährlich werden, und Schwimmen ist nicht unsere natürliche Fortbewegung – wir müssen es lernen und immer wieder üben.
Diese unbewusste Angst sitzt tief in uns. Unser Gehirn warnt uns vor dem fremden Element, auch wenn wir rational wissen, dass im Schwimmbad nichts passieren kann. Das ist völlig normal und menschlich.
Warum es sich lohnt, diese Hürden zu überwinden
Gerade weil Schwimmen diese Herausforderungen mit sich bringt, ist es so wertvoll für dein Selbstvertrauen. Du überschreitest deine eigenen Grenzen und musst dir selbst vertrauen, auch wenn dir das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals steht. Diese Erfahrung macht dich stärker – nicht nur körperlich, sondern auch mental.
Schwimmen schenkt dir Kraft für Körper, Geist und Seele. Es verlangt von dir intensiven Körpereinsatz und Aufmerksamkeit – gibst du sie nicht, gehst du unter. Dafür bekommst du aber etwas Wertvolles zurück: Du kommst bewusst bei dir selbst an.
So besiegst du deinen inneren Schweinehund
Der erste Schritt ist, zu akzeptieren, dass diese Widerstände normal sind. Du bist nicht faul oder schwach, wenn du dich vor dem Schwimmbad drückst. Du bist einfach menschlich.
Jetzt geht es darum, diese Hürden strategisch anzugehen. Pack deine Schwimmtasche schon am Vorabend. Leg dir die Badesachen bereit. Such dir ein Schwimmbad aus, in dem du dich wohlfühlst – vielleicht eines, das nicht so überfüllt ist oder zu Zeiten, wo weniger los ist.
Erinnere dich daran, was Schwimmen mit dir macht: Im Wasser spürst und bewegst du deinen ganzen Körper. Fast alle Muskeln werden beansprucht, meist sogar gleichzeitig. Der Wasserdruck bringt deinen Kreislauf in Schwung, und die Bewegung im kalten Wasser fördert den Ausstoß von Adrenalin, was deine Abwehrzellen aktiviert.
Die Wirkung auf deine Seele
Das Wasser hat eine beruhigende und stärkende Wirkung auf deine Psyche. Es hilft dir abzuschalten und dich zu konzentrieren. Du tauchst im wahrsten Sinne des Wortes ab in ein anderes Element und lässt los. Die Schwerkraft und meist auch die Schwere des Lebens verliert ihren Einfluss auf dich.
Beim Schwimmen werden Endorphine ausgeschüttet – die körpereigenen Glückshormone. Auch deine Denkfähigkeit und deine kognitiven Fähigkeiten werden gefördert, weil du die komplexen Bewegungsabläufe koordinieren musst.
Schwimmen ist bewegte Meditation
Wenn du regelmäßig schwimmst, kannst du darin sogar einen Weg der Meditation finden, der dir hilft, durch schwierige Zeiten zu kommen. Zwischen den regelmäßigen Atemzügen liegt dein Fokus auf der Arm- und Beinarbeit. Dadurch werden alle Sorgen zur Seite gedrängt, und irgendwann löst sich dein Denken von den Schwimmbewegungen – du bist einfach nur noch im Moment.
Dabei ist es völlig gleichgültig, wie gut du schwimmst, welche Technik du beherrschst, ob du jung oder alt bist, wie langsam oder schnell du bist. Ob du nur fünf Minuten lang eine kleine Runde in Ufernähe drehst oder eine Stunde lang Bahnen ziehst – die Wirkung entfaltet sich trotzdem.
Dein erster Schritt ins Wasser ist der Anfang
Starte klein. Du musst nicht gleich eine Stunde Bahnen schwimmen. Geh einfach ins Wasser, bewege dich, spüre das Element. Freu dich darüber, dass du in diesem Moment etwas nur für dich tust und deinen Körper und deine Seele Zug um Zug befreist.
Das macht dich zufrieden und gibt dir Kraft, den Herausforderungen im Leben positiv zu begegnen. Du wirst merken: Jedes Mal, wenn du diese Hemmschwelle überwindest, wird es ein bisschen leichter. Dein Selbstvertrauen wächst mit jedem Sprung ins Wasser.
Mach es zur Gewohnheit
Der Trick ist, aus der Überwindung eine Routine zu machen. Wenn du es schaffst, regelmäßig zu gehen – auch wenn es anfangs schwerfällt – wird das Schwimmen irgendwann zu einer Gewohnheit. Und Gewohnheiten müssen wir nicht mehr überwinden, sie laufen automatisch ab.
Du hast die Kraft in dir, diese Hemmschwelle zu überwinden. Das Wasser wartet schon auf dich – und mit ihm ein stärkeres, entspannteres und selbstbewussteres Ich.
Der Kommentar von Florian, unserem Fitness-Coach: In mir wohnt ein innerer Schweinehund in Badelatschen
Ich hab ja in meinem Leben schon einiges überwunden. Aber wisst ihr, was mich immer noch Überwindung kostet? Der Gang ins Schwimmbad. Ja, wirklich. Ich. Mann mit bewegter Vergangenheit und bewegten Knien, zögere manchmal minutenlang vor dem Schwimmbad, nur weil ich weiß: Gleich stehe ich da. In Badehose. Mit Chlorgeruch in der Nase und dem Gefühl, dass es kälter ist, als ich dachte.
Aber wisst ihr was? Ich mach’s trotzdem. Weil ich mittlerweile begriffen hab: Sobald du im Wasser bist, hörst du auf zu frieren. Man muss ja kein Olympiasieger werden. Kein Delfin durch die Bahn. Es reicht, wenn man es einfach macht. Wenn man reingeht. Wenn man atmet, zieht, gleitet – und dabei merkt: „Hey, ich leb noch. Ich kann das. Ich bin hier.“
Klar, der innere Schweinehund schreit. Aber der Trick ist: Man hört einfach nicht mehr so genau hin. Man zieht sich um, steigt ins Wasser – und macht einfach. Und danach fühlt man sich besser. Nicht, weil man perfekt war. Sondern, weil man mutig war.
Also: Runter vom Sofa, rein ins Wasser.
Und keine Angst vorm Wasser. Ich hab’s auch überlebt