Beauty

Selfies, Filter & Co: Wie soziale Medien mein Körperbild verändert haben – und was ich heute anders mache

Von Katharina Wagener

Es begann alles so harmlos. Ein Account hier, ein Account da. Instagram, Facebook, TikTok – ich wollte doch nur mit Freunden in Kontakt bleiben und ein paar schöne Momente teilen. Was könnte schon schiefgehen?

Heute weiß ich: Alles. Absolut alles kann schiefgehen, wenn du nicht aufpasst.

Der erste Selfie-Schock

Ich erinnere mich noch genau an mein erstes Instagram-Selfie vor ein paar Jahren. Ich war 38, dachte, ich sähe ganz okay aus, und knipste fröhlich drauflos. Dann scrollte ich durch meinen Feed und sah die anderen Frauen. Makellose Haut, perfekte Wangenknochen, keine Falte, kein Pickel, keine Pore.

“Was stimmt mit mir nicht?”, fragte ich mich und starrte mein eigenes Foto an. Plötzlich sah ich nur noch Fehler. Die Nasolabialfalte, die sich langsam abzeichnete. Die Poren auf der Nase. Das Doppelkinn, wenn ich falsch in die Kamera schaute.

Ich löschte das Foto wieder.

Die Filter-Falle

Eine Freundin zeigte mir die ersten Beauty-Filter. “Schau mal, ist das nicht toll? Du siehst aus wie vor zehn Jahren!” Und tatsächlich: Der Filter glättete meine Haut, vergrößerte meine Augen, schmälerte meine Nase. Ich sah aus wie eine Photoshop-Version meiner selbst. Eine bessere Version, dachte ich damals.

Was ich nicht bedachte: Jedes Mal, wenn ich diesen Filter benutzte, trainierte ich mein Gehirn darauf, dass mein echtes Gesicht nicht gut genug war. Ohne Filter fühlte ich mich hässlich. Mit Filter fühlte ich mich fake.

Lose-lose-Situation.

Der Vergleichs-Teufelskreis

Ich begann zu vergleichen. Ständig. Scrollte durch Instagram und verglich meine Falten mit den glatten Gesichtern der Influencerinnen. Meine Figur mit den perfekt geformten Körpern in den Bikini-Posts. Mein unordentliches Zuhause mit den aufgeräumten Designer-Wohnungen.

Was ich nicht wusste: Die meisten dieser “perfekten” Bilder waren bearbeitet. Professionell geschossen, mit Profi-Beleuchtung, stundenlang retuschiert. Die Realität hatte ich nie zu sehen bekommen.

Ich verglich mein echtes Leben mit der inszenierten Perfektion anderer. Kein Wunder, dass ich immer schlechter abschnitt.


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Der Moment der Wahrheit

Der Wendepunkt kam an einem völlig normalen Mittwochmorgen. Ich stand vor dem Badezimmerspiegel und dachte: “Ugh, ich sehe schrecklich aus.” Dann öffnete ich Instagram, machte ein Selfie mit Filter und dachte: “So sehe ich besser aus.”

Plötzlich wurde mir klar: Ich erkannte mich selbst nicht mehr. Die gefilterte Version fühlte sich echter an als mein Spiegelbild. Das war der Moment, in dem ich wusste: Ich muss etwas ändern.

Der große Aufräum-Tag

Ich beschloss, radikal aufzuräumen. Alle Accounts, die mich schlechter über mich selbst fühlen ließen, mussten weg. Die Size-Zero-Influencerin: entfolgt. Die Fitness-Bloggerin mit den unmöglichen Bauchmuskeln: entfolgt. Der Lifestyle-Account mit den perfekten Familien: entfolgt.

Es tat weh. Ich hatte das Gefühl, Inspiration zu verlieren. Aber was ich wirklich verlor, waren unrealistische Vergleiche und ständige Selbstkritik.

Neue Vorbilder finden

Stattdessen suchte ich nach Accounts, die echte Körper zeigten. Frauen in meinem Alter, mit ähnlichen Lebenssituationen. Mütter mit Dehnungsstreifen, Frauen mit Falten, Menschen, die über ihre Unsicherheiten sprachen.

Plötzlich sah mein Feed anders aus. Echter. Vielfältiger. Und ich fühlte mich weniger allein mit meinen “Makeln”.

Der Filter-Stopp

Ich beschloss, keine Beauty-Filter mehr zu verwenden. Das war schwerer, als ich dachte. Die ersten unretuschierten Selfies fühlten sich an, als würde ich nackt auf die Straße gehen.

“Sehe ich wirklich so alt aus?”, fragte ich mich. Aber nach ein paar Wochen passierte etwas Erstaunliches: Ich gewöhnte mich an mein echtes Gesicht. Die Falten, die mich im Filter gestört hatten, fielen mir im echten Leben gar nicht mehr auf.

Meine neuen Social-Media-Regeln

Heute nutze ich soziale Medien anders:

Regel 1: Keine Beauty-Filter. Nie. Auch nicht “nur mal schnell”.

Regel 2: Wenn mich ein Account schlecht über mich fühlen lässt, entfolge ich sofort. Kein “aber die Tipps sind so gut” oder “aber sie ist so inspirierend”.

Regel 3: Mindestens genauso viele Accounts folgen, die echte Körper zeigen, wie solche mit “perfekten” Bildern.

Regel 4: Regelmäßige Social-Media-Pausen. Manchmal braucht mein Gehirn eine Auszeit vom ständigen visuellen Input.

Was ich über Authentizität gelernt habe

Echte Posts bekommen weniger Likes. Das ist ein Fakt. Meine ungeschminkten Selfies haben weniger Herzchen als die gefilterten früher. Aber die Kommentare sind echter. Frauen schreiben mir: “Danke, dass du zeigst, wie wir wirklich aussehen.”

Das ist mehr wert als tausend oberflächliche Likes.

Der Einfluss auf mein echtes Leben

Seitdem ich bewusster mit sozialen Medien umgehe, hat sich auch meine Beziehung zu meinem Körper verändert. Ich schaue weniger kritisch in den Spiegel. Ich denke seltener an meine “Problemzonen”.

Stattdessen konzentriere ich mich darauf, was mein Körper kann: mich durch den Tag tragen, meine Tochter umarmen, beim Sport Spaß haben.

Was ich anderen Frauen raten würde

Schaut euch euren Instagram-Feed an. Wirklich anschauen. Wie fühlt ihr euch nach dem Scrollen? Besser oder schlechter über euch selbst?

Wenn die Antwort “schlechter” ist, dann ist es Zeit für einen Frühjahrsputz. Folgt Accounts, die euch zeigen: Ihr seid nicht allein. Echte Körper sind schön. Perfektion ist eine Illusion.

Die Realität hinter den Kulissen

Heute weiß ich, was ich damals nicht wusste: Selbst die “natürlichsten” Influencerinnen verwenden Filter. Professionelle Beleuchtung. Nachbearbeitung. Was wir in sozialen Medien sehen, ist selten die Realität.

Über ein Drittel aller Erwachsenen fühlt sich wegen ihres Körperbildes ängstlich oder deprimiert – und das ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis davon, dass wir täglich mit unrealistischen Schönheitsidealen bombardiert werden.

Mein Appell

Soziale Medien sind nicht per se schlecht. Sie können verbinden, inspirieren, informieren. Aber sie können auch zerstören – unser Selbstbild, unser Selbstwertgefühl, unsere Realitätswahrnehmung.

Die Verantwortung liegt bei uns. Wir entscheiden, wem wir folgen. Wir entscheiden, ob wir Filter verwenden. Wir entscheiden, ob wir uns vergleichen oder uns selbst treu bleiben.

Was heute anders ist

Ich bin immer noch auf Instagram. Aber mein Feed sieht völlig anders aus. Ich sehe echte Frauen, echte Körper, echte Leben. Ich poste Bilder von mir, die zeigen, wie ich wirklich aussehe. Mit Falten, mit müden Augen nach einer schlaflosen Nacht, mit unperfekter Haut.

Und weißt du was? Ich fühle mich befreiter denn je. Befreit von dem Druck, perfekt aussehen zu müssen. Befreit von der ständigen Selbstkritik. Befreit von der Illusion, dass alle anderen ein besseres Leben haben als ich.

Das ist die wahre Power der sozialen Medien: Sie können uns zeigen, dass wir alle nur Menschen sind. Unperfekt, echt, wunderbar.

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