
KI-trainierter Ultraschall gegen Endometriose
Forscherinnen wollen die Diagnose und Behandlung des „Chamäleons“ unter den Frauenkrankheiten verbessern
Endometriose ist eine gynäkologische Erkrankung, die weitgehend unbekannt ist, obwohl unter ihr deutschlandweit geschätzt jede 10. bis 15. Frau im gebärfähigen Alter leidet, aufgrund ihrer unterschiedlichen Erscheinung wird sie auch als Chamäleon-Krankheit bezeichnet. Sie macht sich meistens durch starke Schmerzen im Unterbauch während der Periode bemerkbar. Bei Endometriose wächst Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, an Stellen außerhalb der Gebärmutterschleimhaut an verschiedenen Stellen im Körper, bevorzugt im kleinen Becken und kann zu funktionellen Störungen beim Stuhlgang und Wasserlassen führen. Mit der Krankheit einher gehen etwa auch Unfruchtbarkeit sowie Angststörungen und Depressionen. Die Dunkelziffer der Endometriose-Fälle ist aufgrund der vielen verschiedenen Symptome hoch.

Ein 3-D-Patientinnenmodell schaffen
Ziel ist die Verbesserung der Diagnostik und eine bessere Behandlung von Patientinnen mit Endometriose. Dazu sollen verschiedene bildgebende Verfahren wie Ultraschall und MRT durch Methoden der KI in ein ganzheitliches 3D-Patientinnenmodell integriert werden. Fünf Wissenschaftlerinnen der FAU und des Universitätsklinikums Erlangen sowie zwei Partnerinnen der Universität Würzburg und der Technischen Universität München haben sich in dem Projekt EndoKI (Endometriose und künstliche Intelligenz) zusammengeschlossen, um „von Frauen für Frauen“ die Krankheit interdisziplinär zu erforschen. Das auf drei Jahre angelegte Projekt wird im Rahmen der digitalen und innovativen Gesundheits- und Pflegeprojekte (BayDiGuP) und des Themenfeldes Frauengesundheit und künstliche Intelligenz gefördert.
Bisher im Durchschnitt acht Jahre bis zur Diagnose
Für Prof. Dr. Franziska Mathis-Ullrich, Professorin für Chirurgische Robotik am Department Artificial Intelligence in Biomedical Engineering und Sprecherin des Projekts, ist es wichtig, „bei Frauen, aber auch in der Gesellschaft ein Bewusstsein für diese unbekannte und oft unerkannte Krankheit zu schaffen, von der so viele betroffen sind.“ Die sieben Wissenschaftlerinnen kommen aus den Bereichen KI, Medizintechnik, Informatik, Frauenheilkunde und den Gender Studies. „Wir wollen gezielt Daten von mindestens 300 Patientinnen sammeln und herausfinden, wie die Diagnose früher und standardisierter mittels Bildgebung gestellt werden kann, um so Schmerzchronifizierungen zu vermeiden“, sagt Mathis-Ullrich. Denn aufgrund des nicht einheitlichen Krankheitsbildes dauert es Studien zufolge im Durchschnitt acht Jahre, bis eine Endometriose überhaupt diagnostiziert wird. Oftmals wird die Krankheit erst bei einem endoskopischen Eingriff entdeckt. Behandelt wird sie durch die Gabe von Schmerzmitteln, Hormontherapien oder Operationen.
Ziel: Weniger Operationen
„Die gesammelten Daten sollen auch dazu dienen, die Anzahl von Operationen zu reduzieren,“ erklärt Mathis-Ullrich. „Ideal wäre es für Patientinnen, wenn endoskopische Eingriffe nicht nur zur Diagnostik eingesetzt würden, sondern im selben Schritt auch zur kompletten Entfernung des erkrankten Gewebes“, erklärt Mathis-Ullrich. Bislang sind manchmal mehrere Eingriffe nötig. „Durch eine genauere präoperative Erkennung von Endometriose-Herden könnten erneute Eingriffe vermieden werden. Davon profitieren vor allem die Patientinnen, denn jeder Eingriff ist mit einem gewissen Risiko verbunden“, weiß die Wissenschaftlerin.
Von Frauen, für Frauen
„Wir wollen durch unsere Studie auch den Blick der Mediziner/-innen für die Krankheit schärfen.“ Überhaupt sei das Anliegen des Projektes, dass auch eine Öffentlichkeit für Frauengesundheit geschaffen werde. „Ich habe selten erlebt, dass ein Projekt, an dem Wissenschaftlerinnen so unterschiedlicher Fachbereiche beteiligt sind, so hochmotiviert begonnen wurde. Unser Forscherinnenherz hängt daran“, sagt Mathis-Ullrich.
Der Kommentar von Jonas, unserem Experten für Neurobiologie:
Endometriose ist kein „bisschen Bauchweh“. Es ist eine ernsthafte, schmerzhafte Krankheit, die nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche angreift. Viele Frauen rennen jahrelang von Arzt zu Arzt, werden belächelt oder nicht ernst genommen. Acht Jahre dauert es im Schnitt, bis die Diagnose endlich gestellt wird, das ist länger als manche Ehen halten!
Jetzt kommen Forscherinnen an der Uni Erlangen-Nürnberg mit einer großartigen Idee: Sie kombinieren Ultraschall, MRT und künstliche Intelligenz, um Endometriose früher, besser und schonender zu erkennen. Da sage ich: Bravo! Endlich mal ein Einsatz von KI, der nicht nur Katzenvideos sortiert oder uns Shopping-Vorschläge macht, sondern wirklich Leben verbessert.
Wir müssen weg von diesem uralten Denken, dass Frauengesundheit ein Randthema ist. Jede zehnte Frau ist betroffe, das ist keine kleine Nische, das ist ein Riesenthema!
Ich finde es großartig, dass hier Frauen für Frauen forschen. Und dass sie sagen: Wir wollen keine Ergebnisse, die in einer Schublade verstauben, sondern wir wollen eine echte Veränderung, eine bessere Versorgung, weniger OPs und vor allem: weniger Leid.
Mein Rat an alle Männer: Hört hin, wenn eure Partnerin sagt, dass sie starke Schmerzen hat. Und an alle Frauen: Lasst euch nicht abspeisen. Ihr kennt euren Körper am besten.
In diesem Sinne: Mehr Forschung, mehr Verständnis, mehr Herz für die Hälfte der Menschheit. Denn die Hälfte der Menschheit ist nicht „die andere“, sondern unsere Mütter, Schwestern, Töchter, Freundinnen, und die haben endlich mehr als ein Pflaster verdient.