Psychologie

„Ich liebe mein Kind und trotzdem könnte ich manchmal schreien!“

Es war das übliche Drama an diesem Morgen. „Ich will nicht in die Schule!“ und schon gingen sie wieder los, diese endlosen Diskussionen, die sich wie ein Kaugummi ziehen. Ich fühlte mich müde, leer, genervt. Ich hörte mich selbst Sätze sagen, die ich nie sagen wollte. Irgendwann habe ich die Nerven verloren. Ich schimpfte, schob ihn mit dem Tornister und der Jacke aus der Haustür. „Du gehst jetzt los!“ Er sah mich an, sein Blick voller Wut, ja, fast Hass. Und dann dieser Satz, „Dann tu ich mir was an!“

Dieser Satz saß. Nach 10 Minuten griff zum Handy, rief die Schule an. Die ist bei uns um die Ecke. „Ist er angekommen?“, fragte ich mit bebender Stimme. „Nein, bisher noch nicht.“, sagte die Schulsekretärin. Mein Herz blieb stehen, und dann sagte sie: „Oh, Moment, da kommt er ja“.


Wenn die Wut uns überkommt

Wut in der Erziehung ist ein Tabuthema. Wir sollen geduldig, sanft, verständnisvoll sein. Und ja, wir wollen das auch. Aber dann gibt es eben diese Momente, in denen alles zu viel wird: der Druck, die Verantwortung, die endlosen kleinen Kämpfe, die scheinbar keiner sieht. Die eigene Wut fühlt sich dann wie ein Monster an, das uns überrollt. Ein Monster, das in Wahrheit nur ein Bote ist: ein Schrei nach Entlastung, nach Verständnis, nach Raum und nach der eigenen Macht.


Ich habe mich so geschämt

In Grund und Boden habe ich mich geschämt. „Was stimmt eigentlich nicht mit mir?“„Ich bin eine schlechte Mutter.“ Diese Sätze formte sich in meinem Kopf. Dabei sind diese Gefühle so menschlich. Nur leider sind sie in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabu. Die liebevolle, sanfte Mutter, die immer Geduld hat, dieses Bild hängt wie ein unsichtbarer Maßstab über unseren Köpfen. Doch die Realität sieht oft anders aus.


Warum Mütter wütend werden

Mütter tragen eine immense emotionale und mentale Last: Sie sind für die Bedürfnisse der Kinder zuständig, organisieren den Alltag, kümmern sich oft nebenbei noch um den Haushalt und die Partnerschaft. Viele Frauen stellen ihre eigenen Wünsche jahrelang zurück. Dazu kommt der ständige Druck, alles „richtig“ zu machen. Wir wollen fördern, begleiten, stärken und gleichzeitig keine Fehler machen. Doch Überforderung ist menschlich. Und Wut ist ein Signal: Hier ist ein Limit erreicht.


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Die Wut hinter der Wut

Hinter Aggression steckt oft mehr als nur Ärger über das verschüttete Glas Saft oder das ewige Trödeln am Morgen. Die Wut erzählt von Erschöpfung, nicht gesehenen Bedürfnissen, übergangenen Grenzen. Von nicht genug Raum für uns selbst: Mütter haben selten Pausen, in denen sie nur sie selbst sein dürfen. Viele Frauen fühlen sich in ihrer Rolle alleingelassen.


Was tun, wenn die Wut kommt?

Wut nicht sofort wegdrücken oder sich dafür verurteilen. Denn je mehr wir sie ignorieren, desto explosiver wird sie.

  • Bewusst atmen: Ein tiefer Atemzug kann helfen, den Impuls zu unterbrechen.
  • Raum schaffen: Kurz den Raum verlassen, sich sammeln, einen kühlen Waschlappen ins Gesicht legen.
  • Darüber sprechen: Mit Freundinnen, dem Partner, einer Vertrauensperson. Geteilte Emotionen verlieren oft ihre Macht.
  • Präventiv Pausen einplanen: Auch kleine Auszeiten laden das innere Akku auf.

Macht euch nicht fertig, denkt lieber nach vorne

Viele Mütter fühlen sich nach einem Wutanfall schuldig. Doch Schuldgefühle lähmen und machen es schwerer, liebevoll mit sich selbst umzugehen. Stattdessen können wir lernen, die Wut als Botschaft zu sehen: Was brauche ich gerade? Wo übersehe ich meine eigenen Bedürfnisse?


Du bist nicht allein

Die meisten Mütter kennen diese Gefühle, auch wenn kaum jemand offen darüber spricht. Wir brauchen keine Superheldinnen, die alles ertragen. Wir brauchen Mütter, die menschlich sind, die sich trauen, ihre Emotionen wahrzunehmen, und die sich selbst mit derselben Fürsorge begegnen, die sie ihren Kindern schenken.


„Ich habe gelernt, mich zu entschuldigen.“

„Ich bin früher oft laut geworden, wenn meine Tochter getrödelt hat. Heute übe ich, mich bei ihr zu entschuldigen und ihr zu sagen, dass auch Mamas mal Fehler machen dürfen. Das hat uns beide unglaublich gestärkt.“
Anne, 39


„Ich dachte, ich darf keine Pause haben.“

„Ich war überzeugt, dass eine gute Mutter immer da ist und nie genervt sein darf. Ich habe mir Pausen verboten, bis ich irgendwann selbst krank wurde. Jetzt plane ich mir ganz bewusst Zeit ohne Kinder ein. Schon ein Kaffee in Ruhe verändert meinen ganzen Tag.“
Lina, 36


„Atmen, atmen, atmen.“

„Wenn ich merke, dass die Wut aufsteigt, gehe ich in ein anderes Zimmer und atme zehnmal tief ein und aus. Klingt simpel, aber es rettet mich wirklich. Danach kann ich wieder klarer sehen und bin nicht mehr dieses brüllende Ungeheuer.“
Kathi, 42


„Ich wollte immer die perfekte Mutter sein.“

„In meinem Kopf gab es nur ein Bild: die fröhliche, geduldige Mutter mit selbst gebackenem Kuchen. Aber das bin ich nicht. Heute weiß ich: Das zerstört mich. Meine Kinder brauchen keinen Kuchen, sondern mich, so, wie ich bin.
Monika, 45


„Ich musste erst lernen, mich selbst zu sehen.“

„Früher habe ich immer gedacht, die Kinder seien schuld, wenn ich ausflippe. Erst eine Freundin hat mir erklärt: Die Wut gehört zu mir, nicht zu ihnen. Heute versuche ich, meine Bedürfnisse früher wahrzunehmen. Gar nicht so einfach, aber es fühlt sich wie ein Neuanfang an.“
Julia, 33


„Mein Mann war mein Spiegel.“

„Nach einem schlimmen Wutanfall hat mein Mann mich ganz ruhig gefragt: ‚Geht es dir gut?‘ Diese Frage hat mich so berührt, dass ich erkannt habe, wie sehr ich auf mich selbst vergessen hatte. Jetzt reden wir viel mehr über den Familienalltag und teilen Aufgaben gerechter.“
Elisabeth, 38


Und du?

Wie gehst du mit deiner Wut um? Kennst du diese Momente, in denen alles zu viel wird? Schreib uns deine Geschichte auf www.minervavision.de oder diskutiere mit uns in der Community. Zusammen finden wir Wege, liebevoller mit uns selbst umzugehen.

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