
Aramis – auf dem Weg zum Minenspürhund
Irgendwann vor einigen Monaten ist Aramis, ein junger Deutscher Schäferhund, im Tierheim abgegeben worden. Sein Besitzer kam nicht mit ihm klar, denn Aramis ist ein bisschen … sagen wir mal, extrovertiert. Er will sich bewegen, springen, rennen, suchen und einfach ausgelastet sein.
Zugegeben, Aramis auszulasten, ist eine Aufgabe, die nicht leichtfällt. Auch hat er manchmal eine unangenehme Art, seinem Hundeführer mit vollem Körpereinsatz ins Gesicht zu springen. Ach ja, wenn man nicht aufpasst und man möchte den am Boden liegenden Ball mit dem Fuß anstupsen, könnte er schon mal ins Bein schnappen. Alles in allem, für seinen ehemaligen Besitzer eine Katastrophe, für mich ein toller Hund. Es liegt halt immer im Auge des Betrachters …
Eine neue Chance für Aramis
Zum Glück für Aramis war ich auf der Suche nach einem neuen Lehrling für die Ausbildung zum Minenspürhund und über Bekannte erfuhr ich von ihm. Also machte ich mich auf den Weg, ihn zu überprüfen. Ich muss gestehen, zunächst war ich nicht so hundertprozentig überzeugt. Zwar erfüllte er die Aufgaben, aber er war doch immer ein wenig unkonzentriert und nicht so zielstrebig, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber ich beschloss, ihm eine Chance zu geben und nahm ihn nach zwei Besuchen mit. Wir kamen hervorragend miteinander klar, wenn man von den paar Blessuren absieht, die ich durch seine Sympathiebezeugungen davontrug. Die ersten Tage stand, wie gewöhnlich, einfach nur Bindung herstellen und intensives Spielen, direkt mit Geruchskonditionierung, auf dem Programm. Zwischenzeitlich trainierten wir beide schon mal das „Geradeauslaufen“ an der Linie. Diese Linie ist sehr wichtig im Bereich der Minensuchhunde. Zum einen gibt sie Hund und Hundeführer Orientierung, zum anderen dient sie der Sicherheit des Teams und hilft bei der koordinierten Absuche der Fläche.
Aramis kommt ins Fernsehen
Nach wenigen Tagen kam ein Anruf des Tierheims. Man fragte, ob ich Lust hätte, mit Aramis bei Filmaufnahmen mitzuwirken. Ich sagte zu und fuhr ein paar Tage später zum vereinbarten Termin ins Heim. Dort sollten nun die ersten Kontaktversuche meinerseits mit Aramis nochmals nachgestellt werden. Der Hund sollte bis dahin im Freilauf des Heims auf mich warten und sich in der Zwischenzeit mit einer Tierpflegerin beschäftigen. So weit, so gut. Nur Aramis dachte gar nicht daran mitzuspielen. Die Pflegerin, die sich sehr anstrengte, die Aufmerksamkeit des Hundes zu erregen, war ihm völlig egal. Er stand nur am Tor, versuchte irgendwie darüber zu springen und schrie wie am Spieß. Ich bin also wieder zurück und hätte beim Betreten der Anlage fast meine Vorderzähne eingebüßt, so intensiv wurde ich von ihm begrüßt. Wir fanden also irgendwie einen anderen Weg, die entsprechenden Szenen zu drehen. Die Aufnahmen waren dann des Abends im Kasten und am Ende wurde daraus ein sehr schöner Beitrag. Nach diesem kleinen Zwischenintermezzo ging also das Training weiter. Um ihm das Lernpensum so einfach wie möglich zu machen, teilte ich das Ganze in einzelne kleine Schritte auf.
Aller Anfang ist schwer
Die Liniensuche wurde mit Futter durchgeführt, die Geruchskonditionierung dann nach einer Pause an anderer Stelle. Nach und nach übernahm er die Zielgerüche, sodass daran gedacht werden konnte, die einzelnen Trainingsschritte zusammenzuführen. Eine Trainingsanlage wurde entsprechend präpariert und ich war einigermaßen gespannt, wie er denn das Erlernte umsetzen würde.
Ganz wie es seine Art ist, stürmte der Kollege nach vorn, als gäbe es kein Morgen und überlief dabei natürlich die Präparate. Die Geruchsentwicklung ist, wie im späteren Einsatzgebiet auch, natürlich sehr spärlich, daher ist absolute Konzentration vom Hund gefordert. Also, nochmal von vorn das Ganze. Es bringt überhaupt nichts, den Hund zu strafen oder sonst in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen. Daraus könnten, gerade im Minenspürbereich, fatale Fehlverknüpfungen entstehen, die am Ende nur das Leben des Teams gefährden. Er muss schon irgendwie von selbst darauf kommen, wie er´s richtig machen kann, um an sein Ziel zu kommen. Wir gingen also nochmals ein paar Ausbildungsschritte zurück und ganz allmählich wurde es besser. Auf der Linie lagen kleine Wurststückchen, die er im Vorbeilaufen inhalieren konnte. Ich bremste ihn an der Leine durch kleine Hilfen ein wenig ab, sodass er die Möglichkeit hatte, die Präparate zu finden und anzuzeigen.
Erste Fortschritte auf dem Weg zum Erfolg
Mittlerweile klappt das sehr gut. Er hat auch gelernt, sich gut an den Linien zu orientieren und wechselt selbstständig nach einer abgesuchten Reihe in die nächste. Bald ist sein Training hier bei mir abgeschlossen und wir werden gemeinsam in das Einsatzland gehen. Dort werde ich ihn an einen neuen Hundeführer übergeben und mit beiden gemeinsam über einen gewissen Zeitraum ein intensives Training durchführen. Zum Abschluss wird sich das Team dann gemeinsam vor der UN akkreditieren und erst dann beginnt die eigentliche Arbeit. Beide, Hund und Hundeführer, sind dann stets aufeinander angewiesen. Die beiden dürfen nur arbeiten, wenn sie zusammen die halbjährlichen Tests bestehen. Der Test ist das eine, die Grundvoraussetzung eben, aber im Feld bei der Arbeit müssen sich beide gegenseitig blind vertrauen, sich sehr gut kennen und auch verständigen können. Nur so werden beide lange Jahre erfolgreich und sicher arbeiten können.

Ein MUSS für jeden, der sich auch nur ansatzweise mit Hundeausbildung beschäftigt.
Martin Weitkamp
Im Schatten der Gefahr
Hardcover, 128 Seiten, s/w
ISBN: 978-3-9815634-2-9