Spirit

Schluss mit dem ewigen Vergleichen – so findest du deinen eigenen Blick

Von Julia Klimt

Du kennst das bestimmt: Du scrollst durch Social Media und plötzlich fühlst du dich wie die schlechteste Mutter, Partnerin oder Freundin der Welt. Die anderen haben scheinbar alles im Griff – perfekte Frisuren, erfolgreiche Karrieren, harmonische Beziehungen. Und du? Du stehst mal wieder da und fragst dich: “Was mache ich eigentlich falsch?”

Die gute Nachricht: Du machst nichts falsch. Dein Gehirn spielt dir nur einen Streich. Denn was du da erlebst, nennen Psychologen “selektive Wahrnehmung” – und die haben wir alle.

Dein Gehirn ist ein Meister im Filtern

Stell dir vor, dein Gehirn wäre wie ein übereifriger Assistent, der dir ständig das zeigt, womit du dich gerade beschäftigst. In jeder Sekunde prasseln 11 Millionen Eindrücke auf dich ein. Davon nimmst du aber nur 40 bewusst wahr – der Rest wird automatisch aussortiert.

Das Problem: Deine aktuellen Gefühle, Sorgen und Wünsche bestimmen, was durchkommt. Hast du gerade Selbstzweifel, wirst du wie magisch von allem angezogen, was diese bestätigt. Anderen geht es besser, andere sind erfolgreicher, andere haben ihr Leben besser im Griff.

Wenn das Gehirn Geschichten erfindet

Eine meiner Bekannten erzählte mir neulich von ihrem “Wohnungs-Radar”. Sie suchte verzweifelt eine neue Bleibe und hörte plötzlich überall Gespräche über Wohnungen und Vermieter. In einem Café wurde sie hellhörig, als sie am Nebentisch das Wort “Nachmieter” aufschnappte. Voller Hoffnung sprach sie die Leute an – nur um zu erfahren, dass es um eine Garage ging.

So funktioniert unser Gehirn: Es filtert Information so, dass sie zu dem passt, was uns gerade beschäftigt. Und leider ist es bei negativen Gedanken genauso geschickt wie bei der Wohnungssuche.

Die Vergleichsfalle verstehen

Hier wird es richtig spannend: Wenn wir uns schlecht fühlen, sucht unser Gehirn automatisch nach “Beweisen” dafür, dass es uns zu Recht schlecht geht. Du siehst die perfekte Instagram-Story deiner Kollegin und denkst: “Siehste, alle anderen haben ihr Leben besser im Griff als ich.”

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in dem Moment, wo du dich traurig oder unzulänglich fühlst, nimmst du besonders intensiv alle Informationen wahr, die das bestätigen. Die Kollegin, die gerade Stress mit ihren Kindern hat, übersiehst du komplett. Die Freundin, die mit ihrer Beziehung kämpft, fällt dir nicht auf.


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Deine Einzigartigkeit ist kein Zufall

Jetzt kommt der Teil, der dich vielleicht überraschen wird: Du kannst gar nicht so sein wie andere – selbst wenn du wolltest. Dein genetischer Code ist absolut einzigartig. Es gab noch nie jemanden wie dich und wird auch nie wieder jemanden geben, der genau so ist wie du.

Das ist keine Platitüde, sondern eine wissenschaftliche Tatsache. Alle anderen können besser, schneller, klüger oder erfolgreicher sein – aber eines können sie garantiert nicht: Sie können nicht du sein.

So drehst du den Spieß um

Die gute Nachricht: Du kannst deinem Gehirn neue Aufträge geben. Statt automatisch nach allem zu suchen, was dich runterziehen könnte, kannst du bewusst nach dem Ausschau halten, was gut läuft.

Kennst du das Spiel, bei dem du bewusst auf rote Autos achtest? Plötzlich siehst du überall rote Autos, obwohl sie schon vorher da waren. Genauso funktioniert es mit positiven Aspekten in deinem Leben.

Der Blick für das Gute trainieren

Hier eine kleine Übung, die wirklich funktioniert: Frag dich jeden Abend: “Was ist heute gut gelaufen?” Am Anfang fällt dir vielleicht nur ein kleines Detail ein. Das reicht völlig. Dein Gehirn lernt mit der Zeit, automatisch nach solchen Momenten Ausschau zu halten.

Du kannst auch den umgekehrten Weg gehen: Wenn du das nächste Mal in die Vergleichsfalle tappst, stell dir diese zwei Fragen:

  • “Ist das wirklich immer so?”
  • “Gibt es nicht auch Gegenbeispiele?”

Diese Fragen haben schon vor über 2000 Jahren funktioniert. Ein kluger Grieche stellte sie Menschen, die sich in negativen Gedanken verfangen hatten. Sie helfen dabei, aus dem Tunnel-Blick herauszufinden.

Dein neuer Blick auf die Welt

Du hast mehr Einfluss auf deine Wahrnehmung, als du denkst. Natürlich kannst du nicht einfach alle Probleme wegdenken. Aber du kannst entscheiden, worauf du deine Aufmerksamkeit richtest.

Statt dich darauf zu konzentrieren, was anderen scheinbar besser gelingt, kannst du anfangen, deine eigenen Stärken und Erfolge wahrzunehmen. Denn die sind da – dein Gehirn hat sie nur bisher übersehen.

Mach dich zur Detektivin deines eigenen Lebens

Ab heute bist du Detektivin. Aber nicht für das, was schiefläuft, sondern für das, was funktioniert. Halte Ausschau nach den kleinen und großen Momenten, in denen du gut für dich sorgst, andere zum Lächeln bringst oder Herausforderungen meisterst.

Es geht nicht darum, rosarote Brille zu tragen oder Probleme zu ignorieren. Es geht darum, ein vollständigeres Bild zu bekommen – eines, das auch deine Stärken und positiven Seiten enthält.

Denn jeder Tag bietet dir neue Gelegenheiten, dich selbst neu zu entdecken. Du musst nur wissen, wo du hinschauen sollst.


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