Haut-Sprechstunde
“Welche Pflegeprodukte sind am besten für meine Haut geeignet?” Hierbei handelt es sich um eine der am meist gestellten Fragen in meiner Sprechstunde.
Die passende Hautpflege im Dschungel der Skincare Produkte auf dem heutigen Markt zu finden – ist gar nicht so einfach für viele Patientinnen und Patienten. Häufig fühlt man sich bei der riesigen Auswahl überfordert, greift letztlich zu mehr und dem Falschen, als man braucht und wundert sich, warum plötzlich die Haut rebelliert?! Doch wie lässt sich dies vermeiden?
Hierbei ist es zunächst einmal wichtig, zu verstehen, welche Hautbeschaffenheit man hat.
Häufig ist fälschlicherweise auch die Rede von einem bestimmten Hauttypen – wie der unproblematisch normalen, der unreinen, der empfindlichen, der trockenen, der öligen und/ oder der reifen Haut. „Fälschlicherweise“ daher, weil kein Mensch zu 100% einem Hauttypen zuzuordnen ist. Es handelt sich eher um eine Neigung zu einem bestimmten Hauttypen, da der Hauttyp so individuell sein kann wie ein „Fingerabdruck“. Beispielsweise kann die T-Zone (Stirn, Nase und Kinn) fettig/ölig sein und die Wangenregion trocken. Zudem ist die Haut im Winter häufig trockener und empfindlicher als im Sommer und benötigt dementsprechend in der kälteren Jahreszeit eine reichhaltigere Pflege.
Generell sollte die Haut nach ihrem Zustand und Bedarf gepflegt werden.
Um in etwa den eigenen Hauttypen selber beurteilen zu können, gibt es von mir folgenden Tipp: Einfach das Gesicht mit Wasser waschen, anschließend 30 Min abwarten und hiernach bewerten, wie sich die Haut anfühlt.
Hat man keine Beschwerden, so hat man eine normale, problemlose Haut. Sie erscheint zart rosig, hat einen matten Glanz, zudem sind die Poren insgesamt weniger sichtbar. Normale Haut benötigt tatsächlich keine besondere Pflege. Wichtig ist hier die Reinigung am Abend, morgens reicht es sogar häufig, die Haut mit Wasser abzuwaschen. Tagsüber sollte man auf jeden Fall an Sonnenschutz denken.
Empfehlenswert ist die Anwendung von Retinal. Hierbei handelt es sich um den Wirkstoff mit dem am besten nachgewiesenen Well-Aging Effekt. Im Vergleich zu anderen Vitamin A-Formen weist es eine höhere Wirksamkeit auf, erneuert die Hautzellen und stimuliert die Kollagenproduktion, sodass Alterserscheinungen minimiert und die Hautstruktur verbessert wird. Ebenfalls hat es einen positiven Effekt auf Poren und Pigmentflecken. Zusätzlich wirkt es auch gegen Unreinheiten und Pickelmale. Die Anwendung sollte stets einschleichend und stets am Abend, d.h. 2-3x/Woche erfolgen. Tagsüber ist auf den Sonnenschutz zu achten, zumal Retinal unsere Haut lichtempfindlich macht. In der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Retinal nicht angewendet werden.
Ebenfalls kann Vitamin C – als Antioxidant – für die Anwendung am Tag in Betracht gezogen werden. Es schützt uns nicht nur vor freien Radikalen, sondern verleiht der Haut auch einen schönen Glow.
Ölige Haut zeichnet sich durch vergrößerte Poren und Glanz aus. Sie neigt zu Hautunreinheiten wie Mitessern (Komedone) und Pickeln.
Bei unreiner Haut ist eine gründliche, aber nicht übermäßige und zu aggressive Hautreinigung essenziell, da es sonst zu einer kompensatorisch vermehrten Talgproduktion kommen kann d.h. die Haut reagiert auf Austrocknung, in dem sie noch mehr Talg produziert (Rebound-Effekt). Empfehlenswerte sind milde Tenside ohne Alkohole. Zudem sollten Peelings nicht häufiger als 2x/ Woche am Abend durchgeführt werden.
Anschliessend kann ein talgregulierendes Serum, z.B. mit BHA (beta-Hydroxysäure, besser bekannt als Salicylsäure) auftragen werden. Alternativ weist Azelainsäure ebenfalls antientzündliche und talgregulierende Eigenschaften auf. Zudem verfügt es über eine antioxidative Wirkung.
Niacinamide eignen sich sehr gut bei unreiner Haut, bei welcher zugleich die Hautschutzbarriere gestört ist. Sie haben nicht nur talgregulierende Eigenschaften, sondern tragen auch zur Wiederherstellung der natürlichen Hautschutzbarriere bei. Zudem reduzieren sie Pigmentstörungen.
Darüber hinaus kann unreine Haut Feuchtigkeit, aber kein Fett, benötigen. Hierbei ist auf eine leichte Feuchtigkeitspflege auf Wasserbasis, beispielsweise in Form von Emulsionen, Seren, Gele und Gel-Cremes, die u.a. Hyaluronsäure enthalten können, zu achten. Zudem sollte sie ölfrei und nicht komedogen (porenverstopfend) sein. Gleiches gilt auch für den Sonnenschutz und das Make-up für tagsüber.
Ölige Haut hat gegenüber trockener Haut den großen Vorteil, erst später Falten zu bilden.
Trockene Haut ist feucht- bzw. fettarm, spannt und erscheint glanzlos. Teilweise weist sie sogar schuppige und rissige Stellen auf und kann gelegentlich jucken. Häufig ist sie feinporig.
Wichtig ist hier auf rückfettende Produkte, die beispielsweise Urea (Harnstoff) und Glycerin enthalten, zu achten, damit die Hautbarriere wiederhergestellt werden kann. Lange, heiße Bäder, die zusätzlich die Haut austrocknen können, sollten vermieden werden.
Mischhaut ist in der T-Zone (d.h. Stirn, Nase, Kinn) fettig/glänzend und seitlich – im Bereich der Wangenregion – trocken. Häufig spannt die Haut im Bereich der Wangen. Hier muss man die Haut den unterschiedlichen Zonen auch speziell pflegen.
Sensible Haut ist sehr empfindlich. Sie reagiert schnell gereizt mit Rötungen, Spannungsgefühl und Juckreiz auf bestimmte Inhaltsstoffe wie Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe. Darüber hinaus machen ihr Klima- und Umwelteinflüsse wie Sonne, Wind, Hitze, Kälte sowie eine geringe Luftfeuchtigkeit zu schaffen.
Die Reinigung sollte mild, pH-neutral und seifenfrei erfolgen.
Bei sensibler Haut ist v.a. auf hautberuhigende Wirkstoffe wie Ceramide, Allantoin, Panthenol (Provitamin B5) zur Hautdurchfeuchtung und Wiederherstellung der Hautbarriere zu achten. Ebenfalls eignen sich Niacinamide (Vit. B3), Vitamin E sowie weitere Antioxidantien, Aloe vera und Hyaluronsäure.
Eine konsequente feuchtigkeitsspendende Pflege zur Aufrechterhaltung der Hautschutzbarriere ist unabdingbar.
Die Hautpflege sollte wenig Reizstoffe wie Alkohole enthalten. Ätherische Öle sollten unbedingt vermieden werden.
Reife Haut entsteht häufig infolge hormoneller Schwankungen mit den Wechseljahren. Sie verliert an Feuchtigkeit, was zu trockenen, rauen und juckenden Stellen führen kann. Sie benötigt mehr Pflege nach einer feuchtigkeitsspendenden Reinigung. So kann beispielsweise in einem ersten Schritt ein Toner angewendet werden, gefolgt von einem Serum mit einem Well-Aging Wirkstoffen wie Retinal sowie im Anschluss eine reichhaltigere Feuchtigkeitscreme mit Dexpanthenol und/oder Ceramiden. Ebenfalls ist für die reife Haut Vitamin C als Antioxidant geeignet, zumal es auch Pigmentstörungen reduziert. Hyaluronsäure spendet zudem Feuchtigkeit.
Generell empfehle ich, eher wenige als zu viele Produkte anzuwenden, da man ansonsten Gefahr läuft, die Haut zu irritieren und es zu einer Überpflege der Haut, der sog. perioralen Dermatitis kommen kann. Hierbei treten plötzlich Pickelchen, v.a. in der Mund-, Nasen- und Augenregion auf. Ein Phänomen, das ich tatsächlich sehr häufig in meiner Sprechstunde sehe, dabei hat man sich doch so teure und gute Produkte geleistet?! Was meist dann nur hilft, ist eine „Nulldiät“ der Haut, d.h. so gut wie gar nichts auf die Haut aufzutragen und geduldig zu sein … Falls dies nicht hilft, dann ist ein Besuch beim Hautarzt angebracht.
Bei der Produktauswahl sollte man zudem auf wenige Wirkstoffe pro Produkt, dafür aber in ausreichend hoher Konzentration achten. Zudem sollte auf Parabene, Duftstoffe und Silikone verzichtet werden.
Bei allen Hauttypen ist tagsüber der Sonnenschutz unverzichtbar. Er schützt uns nicht nur vor Hautkrebs, sondern auch vor Zeichen der Hautalterung wie Faltenbildung und braunen Flecken.
Dr. med. Sabine Kurzidem
FACHÄRZTIN FMH FÜR DERMATOLOGIE UND VENEROLOGIE bei Skinmed