
Finley der Grasfresser, ein Ökosystem auf vier Beinen
Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.

Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.
In den letzten Wochen waren Spaziergänge mit Finley schon ziemlich speziell.
Meine Überzeugung, dass Hunde Fleischfresser sind, war durch sein Verhalten gewaltig ins Schwanken geraten. Zwischenzeitlich glaubte ich, dass sie Vegetarier sind.
Finley hat wahrscheinlich einen Herbivoren in der Ahnenreihe gehabt. Sobald wir unser Haus verließen und mein Hund etwas Gras erspähte, stürzte er sich gierig darauf, wie eine Truppe angehender Supermodels auf die Salatbar. Und dann wurde gegrast, da mussten Bauer Stüffels Kühe zusehen, dass etwas für sie übrigblieb.
Und hey, ich kann hören, was Sie jetzt denken: Lass‘ ihn doch. So ein Retriever-Magen verdaut doch alles. Also Finleys Magen ist, wie sein Charakter, etwas anders geartet, als es beim Durchschnitts-Retriever zu erwarten wäre. Sein Magen ist ein Sensibelchen, ein in sich geschlossenes Ökosystem.
Entweder verweigerte sein Stoffwechsel die Aufnahme der Nahrung und er gab nach etwa 20 Minuten, unter Abgabe dramatischer Wuuumpp-Geräusche, die gesamte Portion wieder ab, was ich nur so semifein fand. Oder sein Ökosystem arbeitete nachts, hinter geschlossenen Magenwänden auf Hochtouren. Man hörte es poltern und grummeln in meinem schlafenden Hund.
Wenn der Magen anfing zu blubbern, war es besser, das Weite zu suchen, vertrauen Sie mir. Denn das Endprodukt dieses Entgasungsvorgangs in meinem Herbivoren hatte sedierende Wirkung auf Humanoide. Ersatzweise empfahl sich der Einsatz einer Gasmaske. Nach zwei solchen Napalm-Nächten musste sich etwas ändern. Ich habe dann das Futter und den Futterrhythmus umgestellt. Mein Schatz bekam nun vor dem ersten Spaziergang eine kleine Portion extra. Der Appetit auf Grünes schwand.
Schnell hatten sich die ersten Besserungen eingestellt, aber ab und zu ging Finley immer noch mit Bauer Stüffels Kühen grasen. Also musste ich noch ein bisschen „Antigras-Training“ als unterstützende Maßnahme zufügen. Ich ließ Finley schnüffeln und versteckte währenddessen ein paar Leckerchen auf Baumstümpfen, auf gestapelten Baumstämmen, auf dem Weg und schließlich auch in Grasbüscheln, die am Wegesrand standen. Dann konnte er sich die Leckerbissen suchen.
Wenn Finley mit der Nase arbeiten konnte, war er glücklich. Deshalb setzte ich die Nasenarbeit auch gerne ein, wenn ich etwas an seinem Verhalten ändern wollte. In diesem Fall ist der Plan super aufgegangen. Die Kombination von Futter und der Tätigkeit, die er so sehr liebte, hat ihn das Gras und das andere Grünzeug vergessen lassen.
Pssst und ja, natürlich hat er mich auch ein ganz kleines Bisschen konditioniert. Finley wird es so sehen: Grasbüschel untersuchen – Frauchen lässt mich suchen – LÄUFT!!!
Aber hey, wenn wir beide Spaß daran haben …

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.