Kleinkinder und Moral: Sind wir wirklich als Gute geboren?
Für alle Eltern, die nur das Beste für ihre Kinder wollen
Sind wir eigentlich von Natur aus gut? Oder doch eher die geborenen Raubtiere? Das ist eine Frage, die Philosophen, Psychologen und Eltern gleichermaßen fasziniert, weil sie den Ursprung unseres Seins berührt. Im Grunde genommen geht es darum, ob wir einen angeborenen Sinn für Moral haben oder ob wir erst lernen müssen, was gut ist und was nicht. Bislang streiten sich Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen nämlich heftig darüber. Ihr glaubt, dass ist nicht wichtig? Oh doch! Wären wir von Natur aus gut, wäre jede Art von Erziehung überflüssig. Ja, vielleicht sogar schädlich, weil sie die in uns schlummernden idealen Anlagen korrumpieren und zerstören könnte. Und wenn wir von Natur aus kein Gefühl für das haben, was moralisch richtig ist? Dann brauchen wir Erziehung, um unsere friedliche Gesellschaft zu erhalten. Die Antwort scheint jetzt gefunden – und sie ist überraschend eindeutig. Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zeigen, dass Kleinkinder überhaupt kein angeborenes Verständnis von Moral haben.
Gut oder Böse? Für Babys nur Nebensache
In der bisher größten Studie mit über 1000 Säuglingen weltweit wurde untersucht, ob Kinder unter zehn Monaten eine Vorliebe für „gute“ Figuren zeigen – etwa solche, die helfen statt zu schubsen. Das war den kleinen Kindern vollkommen egal.
„Die Hälfte der Kinder entschied sich für die helfende Figur, die andere für die, die schubste. Das zeigt klar, dass Säuglinge in diesem Alter noch keine moralischen Urteile fällen können“, erklärt Professor Markus Paulus, Leiter der Studie und Experte für Entwicklungspsychologie an der LMU.
Die ganze Welt schaut hin
Was diese Studie so außergewöhnlich macht, ist ihre internationale Zusammenarbeit. Von der LMU in München bis zu Teams in den USA und Asien schlossen sich 40 Forschungsgruppen zusammen, um ein jahrzehntealtes Rätsel zu lösen. An der Studie beteiligt waren auch Institutionen wie das Max-Planck-Institut in Leipzig und Berlin sowie die TUM School of Social Sciences and Technology.
Der globale Ansatz sorgt nicht nur für wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch für eine besondere Relevanz: Moral, so zeigt diese Studie, ist weniger eine angeborene Eigenschaft als vielmehr das Produkt von Kultur, Erfahrung und Erziehung. Das rückt die Bedeutung von Prägung, Erziehung und frühkindlichen Erfahrungen stärker in den Fokus.
Was das für uns bedeutet
Diese Erkenntnisse rücken die Bedeutung von Erziehung in den Vordergrund. Niemand von uns wird gut geboren. Der Mensch scheint als unbeschriebenes Blatt auf die Welt zu kommen. Was ihn in seinem Leben prägen wird, welche Ziele ihn leiten und zu welchen Methoden er greift, um diese zu erreichen, das entscheiden seine Eltern, die Lehrer und die Gemeinschaft, in der er aufwächst. Denn unsere sozialen und moralischen Werte werden in erster Linie erlernt – so dass die Verantwortung dafür bei uns als Gesellschaft liegt. Es ist eine Perspektive, die zeigt, wie wichtig es ist, Kindern ein Umfeld zu bieten, das Werte wie Empathie, Hilfsbereitschaft und Respekt aktiv vermittelt.
Ob Babys also kleine „Engel“ oder „Teufelchen“ sind, ist daher keine Frage. Niemand wird gut oder böse geboren. Aber er kann sich in die eine oder andere Richtung entwickeln. Es liegt in unseren Händen, welche Richtung wir fördern. Denn wie wir jetzt wissen: Niemand wird als Held geboren – aber jeder kann einer werden.