Psychologie

Ich bin doch nicht kompliziert! – Warum wir manchmal einfach nur verstanden werden wollen

Lenas Welt

Hier schreibt Lena Martens – 38 Jahre alt, Mutter, ganz gut im Job und Liebhaberin von extra starkem Kaffee, guter Musik und tiefgehenden, aber unterhaltsamen Gesprächen über das Leben.

Neulich saß ich mit einer Freundin im Café, als sie plötzlich seufzte: „Warum denken Männer eigentlich immer, wir wären kompliziert?“ Ich nahm einen Schluck meines Cappuccinos und dachte nach. Kompliziert? Oder einfach nur vielschichtig? Denn mal ehrlich – wollen wir wirklich, dass alles immer simpel ist? Oder geht es vielleicht eher darum, dass wir uns einfach verstanden fühlen möchten, ohne alles dreimal erklären zu müssen?

Das Missverständnis mit dem „Sag doch einfach, was du willst!“

„Was hast du?“ – „Nichts.“ Oh, dieser Klassiker. Und ja, wir wissen, dass es manchmal nicht ganz fair ist. Aber sind wir wirklich kompliziert, wenn wir erwarten, dass jemand unsere Gefühle versteht, ohne dass wir alles haargenau erklären müssen? Wir sprechen nicht nur mit Worten – sondern auch mit Blicken, Gesten und manchmal mit dem stillen Seufzer nach einem langen Tag. Ist es zu viel verlangt, dass das Gegenüber mal ein bisschen zwischen den Zeilen liest?

Oder nehmen wir die Situation, die mir kürzlich passiert ist. Ich hatte einen anstrengenden Tag, war völlig erledigt und kam nach Hause. Mein Partner fragte: „Wie war dein Tag?“ Und ich murmelte: „Geht so.“ Er nickte, nahm sein Handy in die Hand und scrollte weiter. Kein Nachhaken, kein „Was ist los?“, kein „Komm her, ich mach dir einen Tee“. Einfach… nichts. Und genau da liegt das Problem: Es geht nicht darum, dass wir rätselhafte Wesen sind – sondern darum, dass wir einfach gehört werden wollen.


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Kommunikation ist nicht kompliziert – sie ist nuanciert

Es geht nicht darum, absichtlich geheimnisvoll zu sein oder jemanden in eine Falle zu locken. Es geht darum, dass Kommunikation mehr ist, als nur Sprache. Man kann nicht alles in ein „Ja oder Nein“-Schema pressen, wenn unsere Antwort eigentlich ein „Es kommt darauf an“ ist. Denn manchmal sind die Dinge eben nicht schwarz oder weiß, sondern kunterbunt und voller Zwischentöne. Ist es nicht genau das, was uns menschlich macht?

Warum einfache Antworten uns nicht reichen

„Was willst du essen?“ – „Weiß nicht, such du aus.“ Klingt nach einem Mysterium, das Männer regelmäßig zur Verzweiflung bringt. Vielleicht haben wir aber nicht immer Lust, die Entscheidung zu treffen. Vielleicht geht es uns mehr darum, gemeinsam einen Moment zu gestalten, statt stumpf eine Wahl zu treffen. Und vielleicht wollen wir, dass der andere einen Vorschlag macht, um dann gemeinsam zu überlegen und die richtige Wahl für beide zu treffen. Und dann sagen wir „Egal, entscheide du“ – und dann passt uns die Wahl doch nicht. Das ist kein böser Wille, das ist ein Moderationsprozess, um gemeinsam die perfekte Wahl zu treffen. Gelebte Demokratie, sozusagen.

Gefühlstiefe statt Oberflächlichkeit

Frauen wird oft nachgesagt, dass sie alles „zerdenken“. Aber ist es nicht vielmehr ein Zeichen von emotionaler Intelligenz? Wir nehmen Dinge wahr, die unausgesprochen bleiben, analysieren Gesten und Zwischentöne. Das ist keine Überkompliziertheit – das ist Empathie. Ein einfaches Beispiel: Eine Freundin erzählt mir, dass ihr Partner ihr morgens keinen Kuss mehr gibt, bevor er zur Arbeit geht. „Ist ja nichts Schlimmes“, sagt sie. Doch ihr Unterbewusstsein schlägt Alarm. Sie fragt sich, ob sich etwas verändert hat. Ob da etwas nicht stimmt. Und das ist genau der Punkt: Wir registrieren Kleinigkeiten, die eine tiefere Bedeutung haben. Das hat nichts mit Kompliziertheit zu tun – sondern mit Achtsamkeit. Und sie hatte übrigens Recht: der Mann hatte eine Affäre am Arbeitsplatz, für die er die Familie einige Wochen später sogar verließ.

Also, sind wir kompliziert?

Nein. Wir sind vielschichtig. Wir sind tiefgründig. Vielleicht geht es gar nicht darum, weniger kompliziert zu sein – sondern darum, dass die Welt lernt, genauer hinzuhören. Und falls das nächste Mal jemand sagt: „Boah, ihr Frauen seid aber kompliziert!“, dann lächeln wir, nippen an unserem Cappuccino und sagen: „Wir können nichts dafür, dass ihr nicht mithalten könnt!”

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