Das Erwachen der Macht
Die mit dem Hund geht… Wie das Leben mit Hund wirklich abläuft.

Hier schreibt: Birgit Jaklitsch. Als die Juristin mit ihrem Golden Retriever Rüden Finley einen “vollkommen unerziehbaren Hund” hatte, entschloss sie sich, selbst eine Ausbildung zur Hundetrainerin zu machen. Ihren kritischen Blick als Gerichtsreporterin hat sie sich erhalten und gewinnt dadurch immer wieder humorvolle Erkenntnisse auf das Leben mit dem Hund. Birgit Jaklitsch hat eine Kolumne im Magazin Hundewelt und ist Buch-Autorin.
September, Sie ahnen es sicher … es ist Brunftzeit in der Hundepopulation.
Der Spätsommer fordert mir alles ab, was ich als Sittenwächter meines Jungen zu bieten habe.
Dabei gab es Zeiten, ich nenne es das „Naive Zeitalter“, als ich mir über Hormone keine Gedanken machen musste. Das konnte natürlich auch daran gelegen haben, dass Finley und ich genug andere Baustellen zu beackern hatten.
Mein Finley und ich hatten eine lange und wirklich harte Pubertät zusammen. Er ist keiner Prügeleiaus dem Weg gegangen. Bei Hündinnen allerdings, wurde er butterweich. Da zeigte er seinen Charme. Kein Aufreiten, kein Herumgenerve, wenn die Mädels Schluss sagten, war Schluss!
Ich genoss diese Momente. Zeigten sie mir doch, auch Finley war zu einem sozialen Miteinander fähig. Ich war stolz, dass er den Hündinnen nicht nachstellte. Und zugegeben, das Balzgehabe der anderen Jungen, betrachtete ich mit einer gehörigen Portion Schadenfreude.
Bis alles anders wurde. Wie es sich für Finley und mich gehörte, kam die Änderung nicht langsam und schleichend. Sondern mit einemKnall! Wir gingen spazieren, Finley schnüffelte im Knick, ich las auf meinem Handy (böser Fehler) eine E-Mail. Von hinten radelte ein Hundehalter mit seiner Doodle-Hündin heran. Im Gegensatz zu mir hatte Finley die zwei schon früh bemerkt. Er tat, was wir tagein, tagaus geübt hatten. Er kam zu mir, setzte sich neben mich und schaute mich artig an. Ich war erstaunt, dachte Mensch das läuft ja toll.
Was ich nicht wusste: die Hündin hatte ihre Stehtage. Die Zwei spurteten an uns vorbei und setzten dabei eine riesige Menge Pheromone ab. Finley inhalierte die Wolke. Grunzte zufrieden. Sein Ausdruck wechselte sekundenschnell von „Ich-bin-hin-und-her-gerissen“ zu „Uhuuund-Tschüss“. Kickstart. Mein liebestoller Rüde brachte aus dem Stand gefühlte 80 Kilo Zug auf unsere Schleppleine.
Ich? Tat natürlich das Falsche und hielt die Leine fest. Weil mein linker Fuß auf der Schleppe stand, wurde ich augenblicklich ausgehebelt und in die Luft geschleudert. Als mein Körper die Waagerechte erreicht hatte, endete meinHöhenflug und ich knallte mit Rücken und Kopf auf den Wanderweg. Nicht auf den weichen Teil des Weges, sondern auf den, mit den Kieseln. Ab da erinnere ich nur noch Vogelgezwitscher, Glühwürmchenlicht und Walzerklänge.
Alles Weitere kenne ich aus Erzählungen meiner Freundin Suse, die gerade den Weg entlang joggte. Mein Hund war weg. Ich auch, also geistig. Suse habe sich dann neben mich gehockt und meine Wangen getätschelt. Ich hätte dann die Augen geöffnet und blöd geguckt (danke Suse). Sie habe dann gefragt, ob sie etwas für mich tun könne. Ich hätte geantwortet: „Nee, is schön so.“ Weil das aber verwaschen geklungen hätte, habe sie vorsichtshalber meinen Mann angerufen.
Finleys erstes Liebesabenteuer hatte mir eine Gehirnerschütterung und vier Wochen Bettruhe eingebracht. Oberdrein ein paar Erkenntnisse: Gegen eine läufige Hündin kann ich nicht anstinken, gute Freunde sind unersetzbar, Ehemänner und Kopfschmerztabletten auch.

Lust auf mehr? Dann empfehlen wir “Dickes Fell und langer Atem” – Vom Überleben an der Schleppleine. Die Leserkommentare: “Zum Brüllen komisch”, “Einfach herrlich”, “Habe mich wieder erkannt” und “Wann kommt der nächste Jaklitsch?”. Birgit Jaklitschs Buch erschien im Minerva-Verlag und ist in jedem Buchhandel erhältlich oder direkt im Minervastore. www.Minervastore.de.




