Asche auf deiner Seele
Warum du dich schämst – obwohl du verletzt wurdest
Caro war 36, gelernte Grafikdesignerin, kreativ, sensibel, leise stark. Als sie zu mir kam, sagte sie: „Ich weiß, dass ich gehen müsste. Aber ich schäme mich, dass ich so lange geblieben bin.“ Dann sah sie mich an und flüsterte: „Manchmal glaube ich, ich bin selber schuld.“ Sie erzählte von den Jahren mit Ben. Von all den Situationen, in denen er sie ignoriert hatte. Von seinen verletzenden Kommentaren. Von seinen Seitensprüngen, die er als „Reaktion auf ihre Kälte“ darstellte. Und sie? Entschuldigte sich. Sprach es nicht an. Machte sich klein. „Ich dachte, wenn ich nur ruhiger bin, liebevoller, verständnisvoller – dann hört es auf.“
Und jedes Mal, wenn er sich zurückzog, kam dieses Gefühl hoch, das sie nicht einordnen konnte:
„Ich bin zu kompliziert. Ich bin zu viel.“
Wenn du dich schämst – für etwas, das dir angetan wurde
Scham ist eine seltsame Emotion. Sie kommt leise, aber sie legt sich wie ein Mantel auf deine Schultern. Nicht, weil du etwas falsch gemacht hast. Sondern weil du gelernt hast, dich für deine Verletzlichkeit zu schämen. Scham sagt nicht: „Ich habe etwas falsch gemacht.“
Scham sagt: „Mit mir stimmt etwas nicht.“ Warum das so wirksam – und so zerstörerisch ist? Weil Scham nicht schreit. Sie frisst. Sie zieht dich zurück. Sie macht dich still, angepasst, abhängig. Und irgendwann glaubst du: „Ich bin wirklich nicht gut genug.“ Und genau das ist das Ziel emotionaler Manipulation: Dich so lange zu verdrehen, bis du dich selbst nicht mehr spürst.
Warum dich Scham so lange festhält
- Weil du dir nicht eingestehen willst, wie tief du verletzt wurdest.
- Weil du nicht als „die, die es nicht geschafft hat“ dastehen willst.
- Weil du gelernt hast: „Wenn du leidest, hast du versagt.“
- Weil du dich mehr mit dem Täter identifizierst als mit dir selbst.
- Weil du glaubst, dass Liebe immer Opfer braucht.
Warum du keine Schuld trägst
Niemand hat das Recht, dich zu entwerten. Dich zu ignorieren, kleinzumachen, zu kontrollieren.
Nicht mit Worten, nicht mit Schweigen, nicht mit Andeutungen. Du trägst keine Schuld,
wenn jemand seine Unsicherheit auf dich projiziert. Du trägst keine Schuld, wenn du geglaubt hast, dass Liebe so sein muss. Was du getragen hast, war nicht dein Gewicht. Was du geglaubt hast, war nicht deine Wahrheit. Was du jetzt loslassen darfst, ist nicht dein Versagen –
sondern dein falsches Verantwortungsgefühl.
Werde ich beschämt?
13 ehrliche Fragen, die dir Klarheit schenken
Manche Beschämung klingt wie ein Scherz. Manche wie Fürsorge. Und manche wie Liebe.
Aber dein Körper weiß längst, wenn etwas nicht stimmt. Dieser Test hilft dir, dem wieder zu vertrauen. Beantworte die folgenden Fragen intuitiv mit Ja oder Nein. Wenn du ins Grübeln kommst – ist das schon ein Hinweis.
- Hast du manchmal das Gefühl, dich für deine Gefühle rechtfertigen zu müssen?
- Wurdest du schon als „überempfindlich“, „zu sensibel“ oder „dramatisch“ bezeichnet?
- Zögert dein Partner, dir Komplimente zu machen – ist aber schnell mit Kritik?
- Hast du erlebt, dass private Schwächen von dir vor anderen Menschen ins Lächerliche gezogen wurden?
- Lässt dein Partner dich „stehen“, wenn du verletzt oder traurig bist?
- Hast du das Gefühl, dich optisch oder charakterlich anpassen zu müssen, um „liebenswert“ zu bleiben?
- Musst du deine Meinung häufig zurückhalten, weil du Angst hast, „schräg“ oder „anstrengend“ zu wirken?
- Wirst du nach Konflikten nicht getröstet, sondern mit Vorwürfen oder Rückzug bestraft?
- Sagst du oft Dinge wie: „Ich weiß selbst nicht, warum mich das jetzt so trifft…“?
- Hast du das Gefühl, dein Partner analysiert oder „erklärt“ dich ständig – statt dich einfach anzunehmen?
- Wurdest du schon mit deiner Vergangenheit, deinen Schwächen oder deinen Emotionen bloßgestellt?
- Spürst du nach Gesprächen mit ihm oft ein diffuses Schuld- oder Minderwertigkeitsgefühl?
- Hast du das Gefühl, nicht du selbst sein zu dürfen – ohne dich zu „blamieren“?
Auswertung:
- 0–3 Mal „Ja“:
Du scheinst in deinen Gefühlen meist gesehen zu werden. Achte dennoch auf kleine Momente, die sich „nicht gut“ anfühlen – dein Körper erinnert sich oft früher als dein Kopf. - 4–7 Mal „Ja“:
Du erlebst vermutlich immer wieder kleine, aber schmerzhafte Formen der Beschämung. Sie untergraben still deinen Selbstwert. Du darfst dich ernst nehmen – und dich innerlich zu dir zurückdrehen. - 8–13 Mal „Ja“:
Du bist sehr wahrscheinlich in einer Beziehung, in der du regelmäßig emotional beschämt wirst – und das kann tiefgreifende Folgen haben. Du verdienst Respekt, Würde und ein Gegenüber, das dich hebt – nicht kleinmacht.
Eine kleine Erinnerung zum Schluss:
Liebe macht nicht klein. Sie macht ganz. Wenn du regelmäßig das Gefühl hast, dich verstecken oder verbiegen zu müssen – bist nicht du das Problem. Sondern das System, das dich beschämt, damit du still bleibst..

Zum Weiterlesen: “Feuerfrau” von Livia Brand.
Warum man bleibt – obwohl es brennt! Sie war leidenschaftlich, intensiv, atemlos – diese Beziehung. Und irgendwann war sie nicht mehr schön. Nur noch laut. Leise. Verletzend. Aber nie eindeutig. „Feuerfrau“ ist das Buch für alle Frauen, die zu lange geblieben sind. Die geliebt haben, gehofft haben, geschwiegen haben.
Die sich angepasst, entschuldigt, gerechtfertigt haben und dabei Stück für Stück sich selbst aus den Augen verloren haben. Erfahre, wie du eine toxische Beziehung erkennst und dich daraus befreist.




